Kategorien
Theaterblog

Der Autor und Regisseur Armin Petras über seine Arbeit an »Antigone« am Saarländischen Staatstheater

Vor der »Antigone«-Premiere am 07. September 2024 im Großen Haus.

Woher kommt Armin Petras Begeisterung für die Theatertexte der Antike, warum hat der die alte Tragödie von Sophokles neu bearbeitet und übertragen, was war ihm dabei wichtig und welche Rolle spielt der Chor in seiner Inszenierung?

Antike Texte

»grundsätzlich stellt die begegnung mit antiken texten einen grossen reiz dar – natürlich ist es ein zutiefst abenteuerlicher vorgang in die gedanken und vermeintlichen realwelten von menschen von vor über 2000 jahren einzutauchen – immer klarer wird dabei aber die spezifische schönheit und klarheit dieser archaischen literatur die radikale konflikte aufgreift sie künstlerisch modelliert und zum ausbruch bringt – heiner müller sagt dramatik ist eingefrorene explosion nirgendwo wird das deutlicher als bei den griechen wo sprache das potential haben musste bis zu 20000 menschen bei einer vorführung im amphitheater zu bannen und zu begeistern / und natürlich sind unsere anhaltenden probleme mit der demokratie dem konflikt zwischen jungen und alten frauen und männern der migration und vielen anderen in diesen texten längst abgebildet und eine blaupause für heutige zeiten.«

Antigone, Kreon, Wächter und der Chor Foto © Foto: Martin Sigmund

Antigone von Sophokles

»grundsätzlich war bei der neufassung der antigone von sophokles mir wichtig die kerndebatte die suche nach einer politischen diskurs- und herrschaftsform einer nachkriegsordnung darzustellen. in einer zeit des tabula rasa wo alle bisher herrschenden getötet sind wird kreon vom volk und durch sich selbst zum neuen herrscher bestellt / kreon ist zuerst aber krieger und der umgang mit zivilen personen ist ihm neu / er will die nationale und religiöse identität seines volkes/staates durch ein grundgesetz absichern – dem dass feinde nicht bestattet werden dürfen. dieses an sich sinnvolle für die staatliche konstituierung sinnvolle gesetz aber verstösst gegen göttergesetz aus heutiger sicht gegen menschenrechte – nämlich das gebot dass jedem unabhängig seiner tätigkeiten zu lebzeiten ein begräbnis zusteht / antigone stellt sich bedingungslos hinter diese regel – damit zerstört sie die bemühungen kreons auf den aufbau eines neuen staates – im endeffekt sterben nicht nur antigone sondern auch ihr bräutigam hämon und seine mutter die königin euridyke…« 

Kreon mit Hämon in seinen Armen, im Hintergrund Ismen, Eurydike, Teiresias, Wächter und der Chor Foto: Martin Sigmund

Die Rolle des Chores

»unsere mitwirkenden aus saarbrücken und umgebung stellen den antiken chor dar / dieser chor wiederum steht für das volk von theben bzw. sind sie die überlebenden thebaner nach einem langen verlustreichen kampf gegen die nachbarstadt argos – in ihnen wiederspiegelt sich die eigenschaften von massen ihre forderungen an die herrschenden ihre immerwährende hoffnung aber auch ihr opportunismus ihre bereitschaft sich durch ideologien überzeugen zu lassen wenn diese mit naheliegenden wünschen übereinstimmen / der chor selbst unterbricht die handlung kommentiert sie aber treibt sie auch voran. er ist quasi ein weiterer hauptdarsteller der unterschiedliche momente der handlung vergrössert ausstellt oder auch verdeutlicht.«

Chor und Kreon Foto: Martin Sigmund