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Onomatopoesie – Logbuch-Einträge im März 2023

Modul 3 – Eine Sprachkonzert beginnt

Luca und Anna sind im dritten Teil des Projekts zu Gast in Malstatt bei der Gemeinschaftsschule Rastbachtal und im Collège Claudie Heigneré in Freyming-Merlebach. Dabei ist wieder der braune Lederkoffer voller Material, aber auch ein besonderer Künstler: Dominik Tremel, Musiker und Komponist. Dominik wird die Musik des Sprachkonzerts neben der Sinfonie von Prokofjew komponieren und ist die ganze Woche mit dabei.

Im Folgenden haben wir die aufregenden fünf Tage logbuchartig zusammengefasst.

+Der Plan für diese Woche+

Montag, Dienstag, Mittwoch, 13. – 15.3.2023: Proben in der Schule Rastbachtal
Donnerstag, Freitag, 16. – 17.3.2023: Proben im Collège Claudie Heigneré in Freyming-Merlebach

Montag, 13. März 2023

9:00 + Warm-Up + Kennenlernen + Wie war der Morgen bis jetzt?

9:30 + Konzentration und Präsenz durch die Übung „Ha-So-Ka“ und „Ninja Destruction“

10:00 + Impulstraining + Gruppendynamik lernen + Improvisation mit Emotionen + Emotionsfelder und Szenen ausprobieren

12:00 + Die Gruppe lernt Prokofjew kennen + Assoziationsarbeit mit der Musik (Wörter, die man mit der Musik verbindet werden aufgeschrieben und gesichert)

14:00 +Feedbackrunde

Dienstag, 14. März 2023

 9:30 + Ha-So-Ka + Aufwachen mit Spielen

10:00 + Erste Aufnahme mit Stimmengewirr – Arbeit mit Sätzen, Emotionen, unterschiedliche Lautstärken, Zungenbrecher: „Im dichten Fichtendickicht nicken dicke Fichten tüchtig“

10:30 + Arbeit mit bestimmten Einsätzen von Musik in einer Szene

11:00 + Aufnahme von Emotionen – Eine besonderer Lachanfall bleibt besonders in Erinnerung

12:00 + Das versetzte Interview und Aufnahme

13:00 Arbeit in kleinen Gruppen:

+ Eine Gruppe arbeitet mit Dominik an Rhythmus und schreibt Raptexte

+ Luca interviewt jede*n Teilnehmende*n zum Thema Sprache

+ Anna macht Improtheater mit dem Rest der Gruppe, sammelt Musik aus dem Alltag der Jugendlichen

14:00 +Feedbackrunde

Mittwoch, 15. März 2023

9:30 +weitere Arbeit in den Gruppen

+ Rap Aufnahme mit Dominik

+ Interviews mit Luca

+ Geschichten erfinden, alternative Geschichte zur Romeo und Julia schreiben mit Anna

13:00 + Präsentation der verschiedene Szenen und Ergebnisse vor der Gruppe

14:00 + Gemeinsames Pizza Essen

+ Feedback

Donnerstag, 16. März 2023

8 Uhr + Warm-Up

+ Zungenbrecher: „Anticonstitutionellement“, „Les chaussettes de l’archi duchesse“ „panier cuit panier cru“, „Eichhörnchen, Eichhörnchen, Eichhörnchen, Eichhörnchen, Eichhörnchen, Eichhörnchen, Eichhörnchen, Eichhörnchen, Eichhörnchen….“.

9:00 + Slowmotion: Rennen voller Emotion mit Romeo und Julia Musik von Prokofjew

9:30 + Emotion Rundgang – wir übersetzen Shakespeare bereiten uns für Sprachaufnahmen vor

10:00 + Aufnahme: Dominik Tremel stellt das Mikrofon in die Mitte des Raumes und dirigiert + Aufnahme von Wörtern, Zitaten, Geräuschen, Streitigkeiten usw.

10:30 + Szenen und kleine Improvisation mit Wörtern und Bewegungen

11:00 + Wir lassen uns von „Romeo und Julia“-Versen inspirieren und verwandeln sie in Rapverse

12:00 + Feedback

Freitag, 17. März 2023

8:00 + Warm-Up

8:30 + Erarbeitung einer gemeinsamen Tanztheaterszene mit den Aufnahmen der letzten Tage

9:00 + Gesprochene Improvisation: Wir erfinden gemeinsam so viele Geschichten wie möglich in 3 Minuten

10:00 + Versetzte Interviews – Interviews décalées mit Aufnahme

10:30 + Aufnahme Rap und poetische Texte

11:00 + Luca, Dominik und Anna stellen Fragen und interviewen die Gruppe:

+ Wenn du ein Geräusch wärst, welche wäre es?

+ Was sind deine Lieblingswörter auf Deutsch und auf Französisch?

+ Welche Wörter haben dich glücklich gemacht?

11:50 + Ha-So-Ka + Feedback

Im Mai werden sich beide Gruppen wiedersehen…

Anna Arnould-Chilloux und Luca Pauer

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Was machen die da?

Die Theaterpädagogik goes Instagram

In den letzten Wochen bot sich allen Mitarbeitenden im Theater ein komisches Bild: Die Theaterpädagoginnen liefen mit ihren Smartphones durch das Gebäude und filmten, was das Zeug hielt. Grund hierfür war ein Format, das den Auftakt zu einem neuen Vermittlungskanal begründen soll.

Längst ist klar, dass die vielfältigen Social Media Plattformen wie Facebook, Instagram, TikTok und Co. nicht mehr wegzudenken sind. Sie bieten neben dem Verbreiten von Informationen eine wunderbare Gelegenheit, in Dialog zu treten, direkten Kontakt herzustellen und ein interaktives Netzwerk aufzubauen.

Diese Möglichkeiten scheinen wie gemacht für die Theaterpädagogik. Denn diese versteht sich weniger als Vermittlerin von Wissen, sondern eher als Erfahrungsvermittlung (siehe auch Warum zur Hölle Theaterpädagogik?). Im Dienste des „Live-Events“ und mit der Absicht die Theaterkunst greifbar zu machen, wagen sie sich ins Social Web.

Erklärtes Ziel ist es durch die Arbeit auf Instagram noch mehr Menschen darauf aufmerksam zu machen, was es alles hinter der Bühne zu entdecken gibt und welch wertvolle Bildungsarbeit die Theaterpädagogik leistet.

Gesagt – getan. Der neue Instagram-Kanal @jungesstaatstheater feierte am 30. November 2022 große Eröffnung. Und das war nicht alles, denn die Gründerinnen sind direkt am nächsten Tag mit der Tür ins Haus gefallen. Im wahrsten Sinne des Wortes: Denn ab dem 1. Dezember konnte man jeden Tag ein Türchen im Adventskalender öffnen. Genauer gesagt eine Tür im Theater.

Und da gab es wahnsinnig viel zu öffnen, zu sehen, zu hören und kennenzulernen: In den Werkstätten, bei Probenbesuchen oder einfach mal über die Schulter der Akteur*innen geschaut.

An dieser Stelle soll nicht zu viel verraten sein, denn alle Türchen gibt es auch immer noch auf dem Instagram-Kanal @jungesstaatstheater zu sehen.

Aber wie geht es nun nach Weihnachten und Beendigung des Adventskalenders auf unserem Kanal weiter?

Auf jeden Fall dreht sich weiterhin alles darum,dem Publikum Türen zu öffnen, die normalerweise vielleicht verschlossen bleiben würden. Die Gründerinnen möchten ihre Arbeit zeigen, Menschen vorstellen und in Workshops eure Neugier für das Theater schüren oder gar wecken.

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Onomatopoesie – Besuch in Frankreich

Die Theaterpädagoginnen Luca und Anna laden den braunen Koffer voller Materialen ins Auto und machen sich auf den Weg nach Frankreich ins Collège Claudie Haigneré in Freyming-Merlebach.

Montag, der 9.1.2023

7:20 Uhr Abfahrt vom Theater:

Die Theaterpädagoginnen Luca und Anna laden den braunen Koffer voller Materialen ins Auto und machen sich auf den Weg nach Frankreich ins Collège Claudie Haigneré in Freyming-Merlebach.

8:00 Uhr Workshop zwischen den Sprachen mit den 15 französischen Jugendlichen: Anna leitet den Workshop auf Französisch, Luca auf Deutsch.

Sie spielen Ha-Zu-Ka, machen Yoga und wärmen sich mit dem Spiel One-two-three Ninja Destruction auf.

Danach folgen Wahrnehmungsübungen mit der Frage: Wie verändert sich der Körper wenn er sich schwer, leicht, eckig, fließend, zackig bewegt?




Nach der Pause folgt eine Einheit zur Sprachanimation: Die Schüler*innen lernen die deutschen Namen der Körperteile mit Hilfe eines Memoriesspiels und Tanzbewegungen.
Die verschiedenen Körperteile ziehen die Schüler durch den Raum. Wie fühlt sich Spannung im Körper an? Inwiefern ändert sich die Bewegungsqualität und die Wirkung dadurch?
Sie experimentieren mit neuen Bewegungen, die durch die Vorstellung eines leuchtenden Körperteils entstehen.

12:00 bis 13:30 Uhr Mittagspause in Freyming

13:30 Uhr Nach der Mittagspause üben die Schüler*innen das Nichtstun mit einer Clownsnase und welche Beobachtungen sie dennoch machen können. Nach einer Übung namens Übertreibungskreis singen sie mutig Playback zusammen und haben dabei ganz viel Spaß. Das Eis ist gebrochen.

Die Sprache als Musik: Wie kann man aus Lieblingswörtern auf Deutsch eine Melodie erschaffen? Die Gruppe hat dies ausprobiert und ein Mini-Konzert aufgenommen.

16:30 Uhr Feierabend

Dienstag, der 10.01.23
8:00 Uhr
Nach dem Warm-up (Yoga, Ha-zu-ka und Ninja Destruction) spazieren die Schüler*innen durch die verschiedenen Zustände und Emotionen. Die Bühne wird aufgeteilt in Emotionsfelder.

Nach einer Pause erzählt Anna über die Geschichte der Commedia Dell’arte und den Ursprung der Maskenkunst. Mit Papier und Schere bauen die Schüler*innen selbst ihre eigene Maske.

Aufführung einer Szene in Gruppen. Die Gruppen inszenieren sich selbst mit folgenden Regeln:

  • Sie tragen eine Maske
  • Sie suchen sich eine bestimmte Musik aus
  • Es kommen 2 Standbilder vor (Am Anfang und am Schluss)
  • Sie bewegen sich nur auf den Linien am Boden

12 Uhr Mittagspause: Caroline Franke und Marc Fresslé (Deutsch Lehrer*innen des Collège)

zeigen Luca, Anna das Künstlerrestaurant von Freyming.13:30 Uhr Die Sonne scheint ins Klassenzimmer. Auf Wunsch der Schüler*innen spielen sie nochmal Ha-Zu-Ka und Playbackkonzerte: Wir üben den Spagat zwischen „All I want for Christmas….“ und Diams. Ein dramatischer Bühnentod rundet das Warm-up ab.

Um die deutsche Partnergruppe zu grüßen drehen die Schülerinnen eine Videonachricht. Die Geschichte Romeo und Julia: Anna liest die Geschichte, Luca spielt die Musik von Prokofjew vor. Anhand einer Videoaufnahme des Orchesterwerks lernen die Schülerinnen die unterschiedlichen Instrumente und Motive kennen. In kurzen Pausen notierten sie Assoziationen zur Musik und zu den Bildern. Auch diese Wörter ergaben am Schluss eine Tonaufnahme. Diese werden in die Aufführung im Juli mit einbezogen.
Am Schluss wird eine Galette als Dankeschön serviert.

16:30 Uhr Rückfahrt nach Saarbrücken, On revient le mois prochain.

Dieses Projekt ist gefördert vom Deutsch-Französischen Jugendwerk

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Auf ein Wort Theaterblog

Onomatopoesie – Die Proben haben angefangen!

Mittwoch, 7. Dezember 2022

8:30 – *Luca (Theaterpädagogin) , Anna (Theaterpädagogin) und Sonja (Dolmetscherin und Sprachanimationsleiterin) erwarten die 42 Jugendlichen an der Jugendherberge, um sie Willkommen zu heißen!

9 Uhr – *Ankommen an der Jugendherberge: Der Bus aus Freyming-Merlebach kommt an, die Jugendlichen aus Saarbrücken tröpfeln langsam ein

10 Uhr – *Erster Workshop und Kennenlernen:

Die französische Gruppe lernt Anna kennen. Sie spielen mit Stimme, Wörtern, veranstalten Slowmotion-Wettbewerbe und bilden einen Chor aus Fantasiesprache…

Die deutsche Gruppe arbeitet mit Luca und stellt einen Weltrekord im Klatschkreis-Klatschen auf. Sie unterhalten sich über ihre Stärken, erfinden Silbenwörter und bekommen Einblicke in den Verlauf des Projekts.

12 Uhr – *Erstes Essen zusammen in der Jugendherberge

13 Uhr – Mit Musikbox in der Hand und Lieblingsliedern der Jugendlichen spazieren wir Richtung Theater und zeigen dabei den französischen Jugendlichen Saarbrücken. Jeder Platz und jeder Park diente auf dem Weg für Übungen und Theaterspiele.

*Ankommen am Theater und kurz Zeit für ein Foto.

14 Uhr  – *Workshop auf der Probebühne mit Luca und Übersetzung und Sprachanimation mit Sonja.

*Wir experimentieren mit Bildern aus Romeo und Julia.

17 Uhr – *Müde laufen wir zurück in die Jugendherberge

*Nun ist Zeit für ein gemeinsames Abendbrot

20 Uhr – *abends frei Workshoparbeit: Die Teilnehmer*innen wählen einen Workshop, der sie interessiert: Schreibworkshop, Sprachanimation und Inspirationsbilder

22 Uhr – Ab ins Bett, gute Nacht! Allez vous coucher! Bonne nuit!

Donnerstag, 8. Dezember 2022

8:30 – *Frühstück/Petit déjeuner in der Jugendherberge

9 Uhr – *kurzes Warm Up draußen in der Dezember Kälte

9:30 – *frei Workshoparbeit: Schreibworkshop, Sprachanimation und Inspirationsbilder

12 Uhr – *Nochmal ein gemeinsames Essen

13 Uhr – *Tanzworkshop im großen Ballettsaal des Theaters mit Luca und Anna

14 Uhr – * Anna erarbeitet Heldenbilder mit den Teilnehmer*innen: Heldentanz  im Ballettsaal

 *Führung durch das Theater mit Luca, Sonja und Marc

*Hier die Gruppe auf der Bühne im Bühnenbild von Fledermaus:

19:30 Uhr – * kurze Pause auf dem Weihnachtsmarkt

*Alle laufen Richtung Alte Feuerwache. Dort besuchen sie die Tanzvorstellung AUFBRÜCHE/DEPART: Choreographien von Moritz Ostruschnjak und Marioenrico D’Angelo

22:00 Uhr – Im Anschluss an die Vorstellung  lernen die Jugendlichen die Tänzer*innen des Saarländischen Staatsballetts kennen. Sechs Tänzer*innen sind sogar für einen Nachgespräch da und beantworten die Fragen der Jugendlichen.

*Und wir machen natürlich noch Fotos mit den Tänzern.

Freitag, 9. Dezember 2022

8:30 Uhr – *ein letztes gemeinsames Frühstück in der Jugendherberge und Koffer packen

9:00 Uhr – *wir gehen wieder los Richtung Staatstheater

In einem Workshop werden alle Ergebnisse der letzten beiden Tage gesammelt und in Standbildern kreativ in Szene gesetzt.

12:00 Uhr – Picknick im Theater

12:30 Uhr – Austausch zwischen den Sprachen in der Gruppe

13 Uhr – Verbeugung und Applaus mit und für jeden

14 Uhr –  Abschluss und kollektive Umarmung – Calin collectif auf der Probebühne, Tschüss, Salut!

Bis Bald! On se revoit bientot !

Dieses Projekt wird gefördert vom Deutsch-Französischen Jugendwerk

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Hinter dem Vorhang

NAFULES REISEN – Klezmer für Kinder im Staatstheater

Sie lacht, sie faucht, sie weint, sie singt… Wenn Helmut Eisel auf der Klarinette spielt, vergisst man alles um sich herum. Tatsächlich: Er erzählt, spricht durch sein Instrument. Im Kinderkonzert NAFTULES REISEN wird genau das zum Thema.

Der große Musikus und Wandermusikant Naftule – gespielt von Helmut Eisel – stammt aus Sinfonien. Einem Land, in dem nur mit Klang, Tönen, Rhythmus gesprochen wird, nicht aber mit Worten. Gemeinsam mit einem Streichquartett des Saarländischen Staatsorchesters nimmt Naftule das Publikum mit auf eine Reise in die Welt des Klezmers. Es geht nach Jerusalem, Budapest, Berlin und sogar bis in die USA. Die Arrangements sowie die Geschichte über Naftule stammen allesamt aus der Feder von Helmut Eisel.

Wie die Figur Naftule ist auch Helmut Eisel im echten Leben ein ganz außergewöhnlicher Musiker. Einer, dem schon immer wichtig war, möglichst individuell zu klingen – und der in seiner Jazz- und Bigbandzeit irgendwann wieder die Klarinette auspackte, weil es ihn nervte, dass es in dieser Szene so viele Saxophonisten gab. Einer, der erst Mathematik studierte – mit dem Hintergedanken, damit ausreichend Geld zu verdienen, um nur auf einer halben Stelle zu arbeiten, um genug Zeit für die Musik zu haben, die er wirklich machen will. Einer, der irgendwann auf den weltberühmten Klarinettisten Giora Feidman traf, der später über ihn sagte: »Wenn du nur ein paar Takte hörst, weißt du sofort, das ist Helmut! Und wenn nicht, dann ist er’s auch nicht!«. Die beiden verbindet mittlerweile eine jahrelange Zusammenarbeit und Freundschaft. Helmut Eisel kehrte zu Beginn der 1990er Jahre der Unternehmensberatung und Softwareentwicklung ganz den Rücken und zählt inzwischen zu den vielseitigsten, bedeutendsten und interessantesten Klezmer-Musikern der heutigen Zeit.

Als Improvisations- und Klezmer-affine Theaterpädagogin und Musikerin freue ich mich riesig, an dieser Kooperation beteiligt zu sein und genieße die Probenarbeit. Nicht selten passiert es zum Beispiel, dass die vier Musiker*innen des Staatstheaters beratschlagen, wie sie in das rhythmische Feeling für das jeweilige Stück finden. Dann fallen Sätze wie »Also in unserer Sprache übersetzt heißt das glaub ich …«. Und nicht zum ersten Mal in der Zusammenarbeit mit klassisch ausgebildeten Musikern ist Helmut Eisel damit konfrontiert, dass sich die Orchestermusiker*innen zu sehr an sein Tempo anpassen wollen. Denn wenn er soliert, dann spielt er oft absichtlich eher hinter dem Beat – im Jazz würde man sagen laidback. In Klezmer- oder Jazzbands wäre das völlig klar – die Orchestermusiker*innen hingegen haben eigentlich gelernt, auf das Tempo des Solisten zu reagieren. Und auch bei manchen Tönen in der Partitur vergewissern sich die vier Musiker*innen vorsichtshalber, ob dieser oder jener ungewöhnliche, notierte Klang tatsächlich so richtig sei.

Und trotzdem: Es harmoniert schnell innerhalb des Ensembles und schon bei der zweiten Probe habe ich den Eindruck, dass sich das Gefühl für die Musik über Helmut Eisel auf die anderen Musiker*innen mehr und mehr überträgt. Ich bin überzeugt, dass sich auch unser junges Publikum nicht dem Bann der Klezmer-Musik entziehen kann.

Wer mit mir – in meiner Rolle als Pino, der Erzählerin – den wilden, fröhlichen und auch sentimentalen Klängen der fünf Musiker*innen lauschen oder gar dazu tanzen will, hat am 20. Oktober (Donnerstag, 10:00 Uhr) und 21. Oktober (Freitag, 10:00 Uhr) Gelegenheit.  Der 6. November ist bereits ausverkauft.

Bis dahin kümmern wir uns noch um Federboas, Ketten und Hüte – damit alles darauf vorbereitet ist, wenn wir gemeinsam mit Naftule das Berlin der 1920er Jahre besuchen.

Johanna Knauf
Theaterpädagogin für Konzert und Musiktheater

Weitere Informationen und Konzerttermine findet man auf der Website von Helmut Eisel: helmut-eisel.de

Karten gibt es an der Vorverkaufskasse über 0681 3092 486, oder kasse@staatstheater.saarland

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Der Dramaturgieschreibtisch

Warum zur Hölle Theaterpädagogik?

Eine Annäherung an die Theatervermittlung

Warum brauchen wir Vermittlung von Theater? Wie kümmert sich die Theaterpädagogik darum?  Sollte sich das Theaterstück nicht selbst erklären? Was läuft mit Zuschauer*innen falsch, wenn sie »nichts verstehen«? Was läuft mit Theaterschaffenden falsch, wenn sie Kunst produzieren, die »keiner versteht«?

Und was ist Theaterpädagogik eigentlich?

Ganz kurz vorab: Es gibt insgesamt drei Theaterpädagoginnen am Saarländischen Staatstheater. Sie vermitteln Theater jeden Tag auf unterschiedlichste Weise. Sie geben Einblicke in den Theateralltag und die Institution. Sie leiten Theaterübungen an, um Theaterabende in ihrer Entstehung verständlich zu machen. Sie machen Stücke mit nichtprofessionellen Spieler*innen. Sie vermitteln Treffen und Erlebnisse mit den Künstler*innen des Staatstheaters, mit Musiker*innen, Schauspieler*innen, Sänger*innen, Tänzer*innen und Regisseur*innen.

Warum eigentlich?

Drei Punkte könnten hierbei eine Rolle spielen:

  1. Theaterpädagogik, weil Bildungsauftrag
  2. Theaterpädagogik, weil ohne Publikum ist alles nichts
  3. Theaterpädagogik, weil Erfahrung mehr wiegt als theoretisches Wissen

Die Bundesrepublik Deutschland versteht sich selbst als »Kulturstaat«. Dies hat zwar bis jetzt keinen ausdrücklichen Eingang in das Grundgesetz gefunden, es definieren aber mehrere Rechtsprechungen des Bundesverfassungsgerichts Deutschland explizit als »Kulturstaat«. Auch aus dem Artikel 35 des Einigungsvertrages leitet sich der kulturelle Bildungsauftrag ab. Darin wird ebenso der Begriff »Kulturstaat« verwendet.
Der Spielplan eines Theaters, die Formate oder interaktiven Workshops sind reiches Material für die Bildung der Menschheit. Der Fähigkeit des Umgangs mit sich selbst im Spiegel der Gesellschaft ist ein demokratisches Ideal, das das Theater in seinem reflektierten Angebot perfekt bedient.

Das ist auch der Grund, weshalb die öffentliche Hand (in diesem Fall zu gewissen Teilen der Bund, die einzelnen Bundesländer und Kommunen) in Deutschland Kunst und Kultur jedes Jahr mit rund acht Milliarden Euro subventioniert. Daraus resultiert eine reiche Theaterlandschaft in Deutschland, die ihresgleichen sucht und einer breiten Masse an Menschen zur Verfügung steht.

Der kulturelle Bildungsauftrag, der mit diesen Subventionen verbunden ist, kann allerdings nur dann konsequent erfüllt werden, wenn der jeweilige Kulturbetrieb möglichst viele Besucher*innen erreicht. Die Theater müssen selbst Besucher*innen bzw. Nutzer*innen finden, die ihre Leistungen und Angebote in Anspruch nehmen, weil ansonsten der kulturpolitische Auftrag abstrakt bleibt. Für Besucher*innen können dabei folgende Fragen zur Hürde werden: Wie sind die Preise für Theaterkarten und kann ich mir das überhaupt leisten? Wie sieht das Angebot des Theaters aus und wie kann ich davon erfahren? Aber vor allem auch: Kann ich Theater verstehen? Habe ich etwas davon? Und genau bei dieser Nutzenfrage kommt die Theaterpädagogik ins Spiel.

Ohne Publikum ist alles nichts: Wollen Alle an Kultur teilhaben?

Das große Ziel: Die intrinsische Motivation ein Theater zu besuchen. Aus sich selbst heraus die Motivation spüren Kunst zu konsumieren. Wer den Genuss oder den persönlichen Nutzen eines Theaterbesuchs für sich nicht erkennt, der hat keinen Grund ins Theater zu gehen.

Gute Gründe beruhen oft auf positiven Erfahrungen. Hier sollen nun einige Gründe genannt werden, die für einen Theaterbesuch sprechen. Es besteht keine Garantie auf Vollständigkeit (Die Autorin freut sich über Ergänzungen).

Da wäre zum einen der soziale Faktor. Freunde finden, Unterhaltungen führen, Sehen und Gesehen werden, ein romantischer Abend zu zweit. Das Theater als Ort der Begegnung.

Dann wäre da natürlich der künstlerische Genuss, den die Darbietung auf der Bühne mit sich bringt. Das wohlige Kribbeln, das sich einstellt, wenn man ein schönes Bild oder eine weite Landschaft sieht, eine wundervolle Melodie hört oder sich Puzzleteile in einem spannenden Buch zusammenfügen, euphorisiert und beglückt.

Den dritten Faktor könnte man als »Anregung« oder »Aufregung« bezeichnen. Ein Thema, eine Geschichte, ein Bild oder eine Darstellung, die aufwühlen, berühren oder tief ins Herz treffen. Das kann starke Rührung sein, wenn man sich an persönliche Situationen erinnert fühlt oder aber auch Wut und Ärger über das Gezeigte. In diesem Moment spürt man Widerstand und ist nicht einverstanden mit dem Gesagten, fühlt sich vielleicht sogar provoziert. Positiv wäre daran die eigene starke Meinung zu einem Thema zu erkennen und danach in Diskussion mit anderen zu kommen. Solche Diskurse und bereichern den kritischen Austausch über Werte und gesellschaftliche Themen und das Zusammenleben.

Als letzten Punkt nenne ich hier den Zauber der Präsenz aller Künstler*innen und Zuschauer*innen und das Wissen, dass man jederzeit Zeuge eines unvorhergesehenem Ereignisses werden könnte. Man könnte es auch als »Live-Erlebnis« bezeichnen. Der berühmte Kitzel dabei ist nicht nur die Einzigartigkeit des Moments, sondern auch die Möglichkeit das Geschehen auf der Bühne zu beeinflussen (durch Gelächter, Rufe oder Türenschlagen). Es ist spürbar, dass auch die Darsteller*innen vom Publikum beeinflusst werden. Daraus resultiert ein einzigartiger Moment, eine gemeinsame Zeit die man teilt.

Es braucht für Theatergenuss möglicherweise doch noch eine Voraussetzung. Man könnte annehmen, dass ein gutes Theatererlebnis aus 50% bekannten und 50% unbekannten Zeichen besteht. Damit herrscht eine perfekte Harmonie zwischen Wissen und Lernen. Ein Ungleichgewicht würde einerseits zu Langeweile, weile man alles kennt, und andererseits zu Überforderung führen, weil alles verschlüsselt bleibt. Beides ist weniger unterhaltsam und ein Folgebesuch wird unwahrscheinlicher.

Die Aufgabe der Theaterpädagogik besteht darin, das Gleichgewicht herzustellen zwischen unlesbaren und bekannten „Zeichen“ auf der Bühne. Hier kommt auch wieder der kulturelle Bildungsauftrag des Theaters ins Spiel. Theater sind nicht nur für die künstlerischen Inhalte auf der Bühne verantwortlich, sondern auch für deren Vermittlung und „Publikumsverträglichkeit“. In gewisser Form müssen also genügend Impulse und Neuheiten vorhanden sein, dass man das Publikum fordert und bildet, man muss es aber auch abholen und an vorhandene Sehgewohnheiten anknüpfen.

Kulturelle Bildung und somit die Theaterpädagogik mit ihren Mitteln ist Voraussetzung für kulturelle Teilhabe. Sie ist Allgemeinbildung, weil sie Menschen dazu befähigt, sich mit Kunst und Kultur zu sich selbst und zur Welt zu verhalten. Sie ist Persönlichkeitsbildung mit kulturellen Ausdrucksformen, mit Künsten und im Spiel.

Die Institution Theater ist Schnittstelle zwischen Kunst und Gesellschaft. Die Produktionen des Saarländischen Staatstheaters werden durch moderierten Kontakt mit den Künstlern, methodisch-didaktische Aufbereitungen in Form von Workshops der Theaterpädagogik und angeleiteten Theatergruppen zugänglich und diskutierbar gemacht.

Erfahrung wiegt mehr als theoretisches Wissen: Sollten Alle an Kultur teilhaben?

Ja! Jeder wirklich jeder sollte teilhaben können. Die Theaterpädagogik versteht sich dabei weniger als Vermittlerin von Wissen, sondern als Erfahrungsvermittlung. Das macht es möglich auf alle Bedürfnisse einzugehen. Das „Einfach-Tun“ steht vor dem intellektuellen Hinterfragen und „Zerdenken“. Wir geben praktische Einblicke in den Theateralltag, vermitteln Gespräche mit Künstler*innen, Dramaturg*innen und Bühnenhandwerker*innen. Kunst und Kultur werden auf einer Ebene zugänglich gemacht, die jede und jeden gleichermaßen fordert wie fördert.

Dabei wird sowohl Kritikfähigkeit vermittelt, als auch Demokratisierung ermöglicht. Die Theaterpädagogik bietet Vokabeln an, um über das Gesehene ins Gespräch zu kommen und persönliche Eindrücke in Worte fassen zu können.

Wir sind direkte Ansprechpartner*innen für Lehrer*innen und Multiplikator*innen und nehmen die Angst vor einem „komplizierten“ Theaterbesuch. Dazu stellen wir Material zur Verfügung, dass wir gegebenenfalls an Bedürfnisse und Wünsche anpassen und bieten Workshops an.

Diese Workshops sind dabei das wichtigste Werkzeug: In praktischen Unterrichtseinheiten findet das Kerngeschäft der Theaterpädagogik statt. Hier werden persönliche Erfahrung produziert und neue Sichtweisen durch Ungewohntes präsentiert. Ziel ist es, einen bestimmten Fokus auf einen Theaterabend zu lenken, um der Überforderung entgegen zu wirken, aber auch neue Details zu entdecken und eine größere Spannung zu erzeugen. Durch verschiedene Themen, wie Bühnenkomposition, Körperhaltung, Körperlichkeit, Figuren, klare Sprache, Chöre oder musikalische und literarische Motive wird ein Wiedererkennen generiert, Verknüpfungen zwischen künstlerischem Produkt und Alltag werden hergestellt und die Zuschauer*innen fühlen sich mit den Geschehnissen auf Bühne verbunden.

Ein Workshop grenzt sich klar zu theoretischem Unterricht und einer reinen Wissensvermittlung ab. Er beginnt immer mit einem Warm-up, dem sogenannten „Icebreaker“. Hier wird das zentrale Thema erfasst und das Vorwissen der Gruppe einbezogen. Danach werden innerhalb der Gruppe Mittel der Inszenierung oder Material spielerisch, erprobt und kennengelernt. Das können Körperhaltungen, Spielweisen oder bildliche Motive aus dem bevorstehenden Theaterabend sein. Nach diesem Kennenlernen werden die Teilnehmer*innen selbst zu Kunstschaffenden, indem sie das Erprobte selbst umsetzen und kreativ werden können. Die Ergebnisse werden am Ende des Workshops in einer Präsentation vorgestellt und es schließen sich kurze Gespräche darüber an.

Also ganz kurz: Was ist Theaterpädagogik?

Theaterpädagogik vermittelt wie Kritik geäußert werden kann, wie bestimmte Zeichen gelesen werden, begeistert für die Außergewöhnlichkeit von Kunst, vermittelt einen Blick auf Profession und wird so zur Grundlage eines genussvollen Theaterbesuchs.

Luca Pauer,
Leiterin der Theaterpädagogin und künstlerische Leiterin sparte4