Kategorien
Hinter dem Vorhang Theaterblog

Rückblick Kinderkonzert »Mona und der Turm der Stille«

nach einer Geschichte von Joschua Knauf

Neben improvisierten Klängen bekam das Publikum Musik von Luca Marenzio (ca.1553-1599), Arcangelo Corelli (1653-1713), Georg Friedrich Händel (1685 – 1759) und der Komponistin Grażyna Bacewicz (1909 – 1969) zu hören.

Die beiden ausverkauften Vorstellungen wurden begeistert aufgenommen. Eine weitere Gelegenheit, die Geschichte von Mona und dem sonderbaren Turm der Stille zu erfahren, gibt es voraussichtlich auf dem Theaterfest am 10. September.

Fotos: Luca Pauer/privat
Kategorien
Hinter dem Vorhang

Vom ersten Gedanken bis zum ersten Satz vergeht sehr viel Zeit

Die sparte4 als kleinste Spielstätte des Saarländischen Staatstheaters sieht sich als Plattform jungen Gegenwartstheaters. Am 30. März wird mit Dorian Bruns Inszenierung von »Das Kind malt« eine weitere Uraufführung hier Premiere haben. Simone Kranz sprach mit dem Autor über den kreativen Prozess des Schreibens.

Dorian Brunz, geboren 1993, studierte Szenisches Schreiben an der Universität der Künste Berlin. Seine Stücke wurden bisher an zahlreichen Theatern u.a. am Deutschen Theater Berlin, am Theater Koblenz, am Schauspiel Leipzig und am Staatstheater Saarbrücken gespielt. Sein Stück »beach house« wurde zu den Autor:innentheatertagen 2020 am Deutschen Theater Berlin eingeladen. Im November 2021 wurde Dorian Brunz‘ achtteilige Hörspielserie »Alice« (Deutschlandfunk Kultur/ Bayerischer Rundfunk) von der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste zum Hörspiel des Monats gewählt. Die Serie war für den Prix Europa nominiert. Im Jahr 2023 ist Dorian Brunz Alfred-Döblin Stipendiat der Akademie der Künste. Er arbeitet als Dramatiker und Hörspielautor in Berlin.

S. Kranz: Was bringt dich zum Schreiben?

D. Brunz: Meistens trage ich das Thema/ den Stoff schon ein paar Tage mit mir herum. Wenn das Ganze nach dieser »Abnutzung« dann immer noch genug Fragen aufwirft, ist das schon mal ein gutes Zeichen. Im besten Fall taucht das Thema plötzlich überall auf, ein bisschen so wie Schwangere, die auf einmal nur noch Kinderwagen sehen. Manchmal ist es ein Satz, oft ein merkwürdiges Phänomen oder Verhalten, das ich bei mir und anderen beobachte. Einmal war es auch eine fremde Frau in der S-Bahn, die mich an einem verregneten Novembertag getröstet hat. Mir fällt aber selten etwas ein. Es ist immer etwas, das auffällt und mich dann nicht mehr loslässt. Oft führt das dann zu einer Art Prämisse. Was wäre, wenn…? Sehr hilfreich ist es, wenn sich diese Frage nicht so schnell beantworten lässt. Vom ersten Gedanken bis zum ersten Satz vergeht also immer sehr viel Zeit. Die Stimmung und einzelne Sätze müssen mir dagegen schon früh klar sein, sonst fange ich gar nicht erst an.

S. Kranz: Du hast Szenisches Schreiben an der Hochschule der Künste in Berlin studiert. Wie ist ein solches Studium aufgebaut und was kann man dort lernen?

D. Brunz: Es gibt klassische Unterrichtsfächer wie Theatergeschichte, Philosophie, Soziologie etc. Kernstück ist aber die Arbeit in den sogenannten Werkstätten. Dort werden Texte gelesen und diskutiert, die sich gerade im Entstehungsprozess befinden. Das gemeinsame Lesen in verteilten Rollen hat mir dabei besonders gefallen. Heute weiß ich erst, dass das ein enormer Luxus war. Beim lauten Lesen merkt man schnell: Ist das wirklich ein Bühnentext? Wie ist der Rhythmus? Wo liegt der Konflikt? Es gibt außerdem Gelegenheiten, Texte mit Schauspielstudierenden auf der Bühne auszuprobieren. Später kommen Kooperationen mit Theatern oder Radiosendern dazu. Für mich war das eine völlig neue und aufregende Welt. Die Ernsthaftigkeit, mit der in den Seminaren über Texte gesprochen wird, hat mir erst das nötige Selbstbewusstsein gegeben, um zu schreiben. Erst dadurch war es mir möglich, den Blick für Ausnahme und Konflikt zu schärfen. Ich fand die Vorstellung, Autor zu sein, vorher nämlich völlig absurd und ich hätte mich niemals getraut, das auch noch laut auszusprechen.

S. Kranz: Kannst du dich noch an den Moment erinnern, als du dachtest, ich will Schriftsteller werden oder gab es den nie?

D. Brunz: Es war wie gesagt ein heimlicher Gedanke. So heimlich, dass man ihn sich verbietet bis er unsichtbar ist. Der Spaß an Figuren und Geschichten, das »als ob«, begleitet mich aber so lange ich mich zurückerinnern kann. Wenn ich als Kind im Kino war, habe ich meinen armen Schwestern danach Rollen zugeteilt, damit wir die Handlung nachspielen, abändern oder fortsetzen. Der reale Wunsch, Autor zu sein, entstand aber erst vor wenigen Jahren. Wahrscheinlich, als ich mein erstes Stück geschrieben habe. Da habe ich plötzlich gemerkt: Ich schreibe und merke überhaupt nicht, wie die Zeit dabei vergeht. Ein bisschen so wie damals beim Spielen.

Kategorien
Hinter dem Vorhang

NAFULES REISEN – Klezmer für Kinder im Staatstheater

Sie lacht, sie faucht, sie weint, sie singt… Wenn Helmut Eisel auf der Klarinette spielt, vergisst man alles um sich herum. Tatsächlich: Er erzählt, spricht durch sein Instrument. Im Kinderkonzert NAFTULES REISEN wird genau das zum Thema.

Der große Musikus und Wandermusikant Naftule – gespielt von Helmut Eisel – stammt aus Sinfonien. Einem Land, in dem nur mit Klang, Tönen, Rhythmus gesprochen wird, nicht aber mit Worten. Gemeinsam mit einem Streichquartett des Saarländischen Staatsorchesters nimmt Naftule das Publikum mit auf eine Reise in die Welt des Klezmers. Es geht nach Jerusalem, Budapest, Berlin und sogar bis in die USA. Die Arrangements sowie die Geschichte über Naftule stammen allesamt aus der Feder von Helmut Eisel.

Wie die Figur Naftule ist auch Helmut Eisel im echten Leben ein ganz außergewöhnlicher Musiker. Einer, dem schon immer wichtig war, möglichst individuell zu klingen – und der in seiner Jazz- und Bigbandzeit irgendwann wieder die Klarinette auspackte, weil es ihn nervte, dass es in dieser Szene so viele Saxophonisten gab. Einer, der erst Mathematik studierte – mit dem Hintergedanken, damit ausreichend Geld zu verdienen, um nur auf einer halben Stelle zu arbeiten, um genug Zeit für die Musik zu haben, die er wirklich machen will. Einer, der irgendwann auf den weltberühmten Klarinettisten Giora Feidman traf, der später über ihn sagte: »Wenn du nur ein paar Takte hörst, weißt du sofort, das ist Helmut! Und wenn nicht, dann ist er’s auch nicht!«. Die beiden verbindet mittlerweile eine jahrelange Zusammenarbeit und Freundschaft. Helmut Eisel kehrte zu Beginn der 1990er Jahre der Unternehmensberatung und Softwareentwicklung ganz den Rücken und zählt inzwischen zu den vielseitigsten, bedeutendsten und interessantesten Klezmer-Musikern der heutigen Zeit.

Als Improvisations- und Klezmer-affine Theaterpädagogin und Musikerin freue ich mich riesig, an dieser Kooperation beteiligt zu sein und genieße die Probenarbeit. Nicht selten passiert es zum Beispiel, dass die vier Musiker*innen des Staatstheaters beratschlagen, wie sie in das rhythmische Feeling für das jeweilige Stück finden. Dann fallen Sätze wie »Also in unserer Sprache übersetzt heißt das glaub ich …«. Und nicht zum ersten Mal in der Zusammenarbeit mit klassisch ausgebildeten Musikern ist Helmut Eisel damit konfrontiert, dass sich die Orchestermusiker*innen zu sehr an sein Tempo anpassen wollen. Denn wenn er soliert, dann spielt er oft absichtlich eher hinter dem Beat – im Jazz würde man sagen laidback. In Klezmer- oder Jazzbands wäre das völlig klar – die Orchestermusiker*innen hingegen haben eigentlich gelernt, auf das Tempo des Solisten zu reagieren. Und auch bei manchen Tönen in der Partitur vergewissern sich die vier Musiker*innen vorsichtshalber, ob dieser oder jener ungewöhnliche, notierte Klang tatsächlich so richtig sei.

Und trotzdem: Es harmoniert schnell innerhalb des Ensembles und schon bei der zweiten Probe habe ich den Eindruck, dass sich das Gefühl für die Musik über Helmut Eisel auf die anderen Musiker*innen mehr und mehr überträgt. Ich bin überzeugt, dass sich auch unser junges Publikum nicht dem Bann der Klezmer-Musik entziehen kann.

Wer mit mir – in meiner Rolle als Pino, der Erzählerin – den wilden, fröhlichen und auch sentimentalen Klängen der fünf Musiker*innen lauschen oder gar dazu tanzen will, hat am 20. Oktober (Donnerstag, 10:00 Uhr) und 21. Oktober (Freitag, 10:00 Uhr) Gelegenheit.  Der 6. November ist bereits ausverkauft.

Bis dahin kümmern wir uns noch um Federboas, Ketten und Hüte – damit alles darauf vorbereitet ist, wenn wir gemeinsam mit Naftule das Berlin der 1920er Jahre besuchen.

Johanna Knauf
Theaterpädagogin für Konzert und Musiktheater

Weitere Informationen und Konzerttermine findet man auf der Website von Helmut Eisel: helmut-eisel.de

Karten gibt es an der Vorverkaufskasse über 0681 3092 486, oder kasse@staatstheater.saarland

Kategorien
Aus dem Probenalltag Hinter dem Vorhang

UNTER DER ERDE

Eine Burg, ein Schauspieler und ein stummer Kollege, der aber ein heller Kerl ist

Zwischen Keller und Tropfsteinhöhle. Ziemlich gut eigentlich für ein Theaterstück, in dem es ums Alleinsein geht, ums Erinnern, ums Ausgraben der eigenen Jugendzeit mit all ihren übergroßen Emotionen und den Entscheidungen, die man nicht getroffen hat. Perfekt für Sibylle Bergs Monolog PAUL ODER IM FRÜHLING GING DIE ERDE UNTER.

Es ist ein besonderer Ort: 14 Meter unter dem Saarbrücker Schlossplatz liegt seit Jahrhunderten eine unterirdische Burg. Um dorthin zu kommen, gehe ich durch den biskuitrollenartigen Eingang des Historischen Museums Saar, steige Treppen hinunter und stehe in einer anderen Welt. Um mich herum die mächtigen Mauern des Burggrabens, alles bedeckt von rötlichem Staub. Der Geruch irgendwo zwischen Keller und Tropfsteinhöhle. Ziemlich gut eigentlich für ein Theaterstück, in dem es ums Alleinsein geht, ums Erinnern, ums Ausgraben der eigenen Jugendzeit mit all ihren übergroßen Emotionen und den Entscheidungen, die man nicht getroffen hat. Perfekt für Sibylle Bergs Monolog PAUL ODER IM FRÜHLING GING DIE ERDE UNTER.

Es fällt kein Sonnenlicht in diese rotbraune Welt, dafür haben sich unter den Lampen am Boden kleine grüne Gärten entwickelt. Inspiriert von den Miniaturpflanzen denken Dramaturg Horst Busch, Bühnenbildner Matthias Kowall und ich darüber nach, wie das Bühnenbild aussehen könnte: sehr viele Hängepflanzen an den Steinwänden zum Beispiel, um die eigenen Erinnerungen aus- und einzugraben? Oder vielleicht lieber einzelne Teddybären, um die Reise in die Kindheit zu erzählen? Am Ende entscheiden wir: Der Raum selbst ist Bühnenbild genug.

Die Wände mit ihren unterschiedlichen Strukturen, die eine aus Quadern mit flacher Oberfläche, die andere mit riesigen Bögen bis unter die Decke, zwischen die man sich schmiegen kann, die Rückwand unregelmäßig, dafür mit Notausgangsschild. Ich untersuche zusammen mit dem Schauspieler Bernd Geiling, der Paul spielt, wie wir alles was wir zum Spielen brauchen in diesem Raum finden können: Die Steckdose für den imaginären Staubsauger, den Safe in der Wand, selbst den See, an dessen Ufer Paul sein Zelt aufschlägt. Als einziges Requisit entscheiden wir uns für einen tragbaren Scheinwerfer. In der Probenarbeit taufen wir ihn „Scheini“ und probieren aus, wie Bernd dieses technische Gerät zu seinem Kompagnon machen kann. Scheini wird in der Inszenierung nach und nach zu Pauls Begleiter und Ansprechperson in schwierigen Lebenslagen, z.B. wenn Paul sich wundert, dass Menschen nicht mehr alt werden wollen und selbst Eltern heute gerne „Ab Cracks“ hätten. Auch Maxine Theobald schließt ihn ins Herz, obwohl sie ihn als Abendspielleiterin zu jeder Vorstellung über mehrere Treppen an unseren Spielort tragen muss.

Der Scheinwerfer sorgt allerdings auch dafür, dass uns Museumsbesucher, die während unserer Proben immer mal wieder durch die Burg spazieren, fragen, welchen Film wir denn drehen. Dann grinsen wir und erzählen von Sibylle Berg, Paul und unseren zwei wichtigsten Nebendarstellern: Scheini und dem unterirdischen Burggraben.

Lucia Reichard, Regisseurin

Kategorien
Hinter dem Vorhang Theaterblog

KLARHEIT IN DER UNKLARHEIT

Einsichten einer Dramaturgiehospitantin, die den Probenprozess von BERENIKE begleitet hat

Es gibt offensichtlich einige Fragen, die ich mir im Probenprozess zur Tragödie BERENIKE von Jean Racine gestellt habe: Wer ist eigentlich diese Berenike und welche Ziele hat sie? Wie heutig ist die Figur? Welche Rolle spielt die Politik in ihrem Leben?
Der Text, 1670 uraufgeführt, spielt im Jahr 79 nach Christus. Titus (Jan Hutter) ist gerade römischer Kaiser geworden und ist mit Berenike verlobt. Da gibt es aber auch Antiochus (Sébastien Jacobi), ein Freund von beiden aus Judäa, der Berenike seit Jahren liebt. Beim Versuch, Antworten auf diese vielen Fragen zu finden, habe ich mit Laura Trapp (Schauspielerin der Berenike) und Alice Buddeberg (Regisseurin) gesprochen.

Schon bei meiner ersten Probe ist mir aufgefallen, dass es im Text keineswegs nur um eine tiefe Liebe geht, die durch äußere (und innere?) Umstände nicht in einem Happy End enden kann. Es geht vor allem auch darum, dass Frauen – egal in welchem Zeitalter – zu oft in Zwänge gebracht werden.
Dabei ist es irrelevant, ob diese Zwänge von Mitmenschen, Partner*innen oder äußeren Einflüssen begünstigt werden. In Berenikes Fall wird nie klar sein unter welchen Umständen und aus welchen Gründen sie – und auch Antiochus – nach Rom gekommen sind. Bei Racine ist die Liebe zu Titus der Grund, doch wir können uns nicht sicher sein, dass er das auch wirklich war. Doch wie damit umgehen? Sich der Menge beugen, die sie als Nicht-Römerin nie akzeptieren wird und ihren Weggang fordert? Einen Kompromiss finden? Der großen Liebe entsagen und mit dem zweitbesten gehen, der sie auch liebt? Einfach gehen – allein und ohne sichtbaren Plan? Im Stück werden verschiedene Optionen durchdacht und geplant.

Was interessiert uns aber an der Person Berenike? Erstmal vor allem der Konflikt in den sie im Krieg gerät: unter welchen Umständen und mit welchen Gründen kommt Berenike nach Rom? Welchen politischen Zwängen ist sie aufgrund des Krieges unterworfen? Ganz klar ist für Alice Buddeberg, dass sie in einer kaputten, kriegerischen Welt lebt, in der sie nicht anerkannt wird und die Beteiligten sich dann in Privatismen begeben, die natürlich vom Außen geprägt sind. Titus´ Vertrauter Paulinus (Fabian Gröver) vertritt die Menge des römischen Volkes, deren Ansichten und/oder seine eigenen Interessen.

Wie also eine so alte und doch so aktuelle Figur darstellen?

Laut Laura Trapp helfen vor allem die Kostüme mit Korsett und Pumphosen dabei den erhabenen, königlichen Aspekt darzustellen – nicht gerade etwas, was man heute häufig privat erlebt. Spannend ist auch, dass alle Schauspieler*innen das gleiche Grundkostüm tragen (Kostüm und Bühne Sandra Rosenstiel), was alle Genderfragen äußerlich irrelevant werden lässt. Ganz klar ist für sie aber auch, dass die Beziehungsgespräche, die im Stück geführt werden, auch heute noch so geführt werden. Die Sprache mag zwar eine andere sein, doch der Inhalt ist gleich. Auch in der Sozialisation von Frauen und Männern – Frauen suchen das Gespräch, trösten, unterstützen und Männer schweigen – gibt es eine Parallele. Auch Berenike erlebt das durch die Unwissenheit und Unklarheit, in der sie gelassen wird. »Sprich mit mir!« ist daher nicht ohne Grund einer der wichtigsten Sätze im Stück! Um ihre Zwänge und inneren Zustände darzustellen, hilft auch die Musik (Mirjam Beierle).

Jan Hutter (Titus) und Laura Trapp (Berenike). © Martin Kaufhold.

Der historische Hintergrund

Eine weitere spannende Frage ist die, was mit Berenike nach ihrer Zeit bei Titus in Rom passiert ist. Alle historischen Spuren verlieren sich kurz danach. Das Schöne an der Freiheit des Theaters ist in diesem Fall, dass jede*r ein eigenes persönliches Ende ihrer Geschichte finden kann. Ich bin sicher, jede*r Beteiligte*r hat seine eigene Version der Fortsetzung.

Berenike soll ganz klar keine wütende oder emotionale Furie sein, die typisch weiblich gelesen wird. Sie ist eine intelligente Frau, die wütend ist, doch der Auslöser dafür ist eine große zugrundeliegende Angst und Unsicherheit. Berenike ist ein Mensch der viel durchgemacht hat und versucht seine Gefühle zu ordnen und damit zu leben. Wie Alice Buddeberg schön beschreibt, ist sie radikal in ihrer Liebe aber sieht für sich nur einen Ausweg, den ich jetzt hier nicht vorwegnehmen will. So viel sei gesagt: sie wird gestärkt aus der Situation hinausgehen.

Über die Autorin dieses Artikels: Christina Schmidt (20) ist Studentin der Theaterwissenschaft und Germanistik an der JGU Mainz und hat in ihrer Dramaturgiehospitanz sowohl die Proben begleitet, als auch in der Dramaturgie gearbeitet. Ihre Aufgaben changierten von Bühneeinrichtung über Fassung aktualisieren zu Blogbeitrag schreiben. 

BERENIKE ab 17. September 2022 in der Alten Feuerwache des Staatstheaters.

Kategorien
Hinter dem Vorhang

Spielzeit-Vorfreude: TPZ

Eine persönliche Spielplanvorstellung der Theaterpädagoginnen

Die Theaterpädagoginnen des Saarländischen Staatstheaters haben vor allem eines im Sinn: Den Spielplan möglichst nah an Menschen heranbringen. Und Nähe entsteht ja vor allem durch emotionale Verbindung und persönliche Ansprache. Ganz nach der Maxime »Was du selbst besonders gerne magst, das empfehle weiter«, stellen Anna Arnould-Chilloux, Johanna Knauf, Meike Koch und Luca Pauer ihre Herzensprojekte 2022 und 2023 vor.

Anna Arnould-Chilloux

Als Theaterpädagogin für Schauspiel und Tanz freue ich mich diese Spielzeit wieder die Schreibwerkstatt zu veranstalten und mit der Gruppe so oft wie möglich zu schreiben.
Unser Ziel ist ein eigenes Stück zu schreiben. Wir arbeiten auch mit Stücktexten, die in der Spielzeit gespielt werden und analysieren Methoden der Texte, die uns am meisten bewegen.

Natürlich freue ich mich auch auf viele Vermittlungs-Workshops, die ich in saarländischen Schulen das ganze Jahr über machen werde. Ich finde es besonders spannend jedes Mal eine neue Gruppe kennenzulernen und den Schüler*innen etwas Neues und Verrücktes zu präsentieren. Da das Stück TERROR im Saarland Schullektüre ist, werden bestimmt viele Lehrer*innen sich bei uns melden. Ich freue mich sie in ihrer Arbeit zu unterstützen und einen künstlerischen Zugang zu diesem Stoff zu ermöglichen.
Und last but not least bin ich sehr gespannt auf das Projekt ONOMATOPOESIE, ein deutsch-französisches Jugendorchesterprojekt, das wir von Dezember bis Juli proben werden. Wir planen schon seit mehr als einem Jahr und nun wird es endlich Realität. Schüler*innen aus der Schule Rastbachtal (Saarbrücken), aus dem Collège Claudie Haigneré (Freyming- Merlebach) und aus dem Collège Himmelsberg (Sarreguemines) werden sich während der Spielzeit im Theaterprojekt kennen lernen und miteinander spielen. Premiere feiern wir am 7. Juli auf die Bühne des Großen Hauses.

Johanna Knauf

Als ich im Februar 2020 voller Elan am Staatstheater als Theaterpädagogin für Konzert und Musiktheater startete, begann bereits nach ein paar Wochen die Pandemie. Ausnahmezustand. Statt die vielen Mitarbeitenden des Hauses kennenzulernen, sollten wir uns nun eher aus dem Weg gehen. Und statt Schulklassen bei uns im Theater zu empfangen, mussten wir nach virtuellen Wegen suchen, im Kontakt zu bleiben. Nicht einfach, wenn doch gerade der Kontakt in das Theater und aus dem Theater hinaus den Nährboden für die eigene Arbeit stellt.

Nun bin ich nach langer Pause frisch aus der Elternzeit zurückgekehrt und habe das Gefühl: Jetzt geht es so richtig los! Ich bin davon überzeugt, dass ein früher und vor allem persönlicher Kontakt mit den darstellenden Künsten prägend für das weitere Leben ist. Daher freue ich mich ganz besonders, dass das Theater wieder ein offener Ort ist, an dem wir das junge Publikum auch hinter den Kulissen willkommen heißen.

Auf das junge Publikum wartet dieses Jahr ein sehr abwechslungsreiches Programm. Im Oktober und November führen wir zum Beispiel mit dem herausragenden Klezmer-Klarinettisten Helmut Eisel sein Stück NAFTULES REISEN für Kinder ab 3 Jahren auf – ich darf als Erzählerin mitwirken. Auf die Umsetzung der zeitgenössischen Kinderoper DAS KIND DER SEEHUNDFRAU bin ich ganz besonders gespannt. Zum Ende der Saison steht für mich dann die Konzertentwicklung MONA UND DER TURM DER STILLE auf dem Programm: Ein Kinderkonzert zum Mitmachen.

Mir liegt es am Herzen, nicht nur Kindern und Jugendlichen, sondern Menschen jeden Alters alternative Zugangsweisen zu Musik und Theater zu ermöglichen. Daher freue ich mich auch sehr auf das Ensemble der Klangwütigen, in dem wir gemeinsam alles Mögliche zum Klingen bringen werden: den Körper, die Stimme, Instrumente – aber eben auch Alltagsgegenstände, Literatur oder bildende Kunst.

Meike Koch

Ich bin sehr glücklich darüber, in dieser Spielzeit weiterhin in der Abteilung Theaterpädagogik unterstützen zu können, bei vielen spannenden Projekten dabei zu sein und meinen Kolleg*innen über die Schulter zu schauen, um weiter dazuzulernen. Dieses Jahr wird man mich hauptsächlich im Hörsaal antreffen, damit ich bald mein Studium abschließen kann. Trotzdem bin ich weiterhin einmal pro Woche im Theater.

Absolutes Highlight wird vor allem die Zeit unseres Weihnachtsmärchens „Hinter verzauberten Fenstern“. Wir besuchen Schulklassen und bieten verschiedene Formate an, um die Schüler*innen auf den Theaterbesuch vorzubereiten. Ich bin schon sehr gespannt darauf, welche Schulen ich besuchen darf!

Außerdem werden wir in dieser Spielzeit unsere Kinder-Musikwerkstatt fortführen und weiterentwickeln. Während die (Groß-)Eltern sonntags das Sinfoniekonzert besuchen, können Kinder im Alter von 4 bis 9 Jahren zu Johanna und mir kommen und spielerisch die Welt der Musik mit uns entdecken. So viel kann ich schon einmal verraten: es wird ein großer Spaß!

Mir ist es darüber hinaus eine besondere Herzensangelegenheit nicht nur Schulen, sondern auch Vereine für unser theaterpädagogisches Angebot zu begeistern. Wir haben im Saarland unglaublich viele Vereine, die sich in außerschulischer Jugendarbeit und Kulturförderung engagieren. An sie möchte ich eine herzliche Einladung aussprechen, sich mit unserer Abteilung in Verbindung zu setzen, um sich über verschiedene Möglichkeiten für ihre kleinen und großen Mitglieder zu unterhalten.

Luca Pauer

Diese Spielzeit wird für mich ganz im Zeichen der Teilhabe und Mitgestaltung stehen. Es ist dringend wieder an der Zeit Menschen an Theater zu beteiligen und sie mitspielen zu lassen. Die Idee des ensemble4, des Bürger*innenensembles, will weitergeführt und intensiviert werden.

Gleich zu Beginn der Spielzeit, werde ich ein Projekt mit Bürger*innen in Luxemburg umsetzen. Die Idee: eine theatrale Hommage an eine Partnerstadt. Das Netzwerk Quattropole zwischen Trier, Luxemburg, Metz und Saarbrücken initiiert performative Postkarten über jeweils einen Städtepartner. Bei einem Festakt werden vier kleine »performative Postkarten« unter dem Titel »Voices« aufgeführt. Saarbrücken wird eine Präsentation über Metz erarbeiten. Saarbrücken wird von Luxemburg in Szene gesetzt. Es freut mich sehr, dass wir die Möglichkeit haben werden auch über Landesgrenzen hinaus mit unserem Bürger*innenensemble spielen zu können.

Im Anschluss geht es weiter mit der sparte4-Produktion »Oh Mama! «, in der ich mit Saarbrücker Müttern, Nicht-Müttern und solchen, die weder noch sein wollen im Rahmen des ensemble4 zusammenarbeite. Rebekka David wird mit Schauspieler*innen eine Produktion erarbeiten, die auf Interviews von Bürger*innen basiert. Ich bin sehr stolz, dass Thorsten Köhler und ich, Rebekka dafür gewinnen konnten. Sie ist eine sehr inspirierende junge Regisseurin, die dieses Thema schon auf dem Zettel hatte, bevor wir die Idee dazu hatten. Dass sie guten Gewissens als »aufsteigender Stern am Regiehimmel« bezeichnet werden kann, die eine Menge Glanz in die sparte4 bringen wird, will ich hier nicht unerwähnt lassen. Ich freue mich auf diese Arbeit und bin extrem gespannt auf die Ergebnisse dieser Recherche.

Die Spielzeit abschließen darf ich wie immer mit meiner Inszenierung des Jungen Ensembles im April. Diesmal untersuchen wir als »Hamlets Kinder« die Zeit, die aus den Fugen gerät, aber auch das persönliche »Lostsein« jeder einzelnen.

Weitere Informationen zum Mitmachen gibt es auf unserer Website:

https://www.staatstheater.saarland/theater-und-schule

und

https://www.staatstheater.saarland/mitmachen