Kategorien
Theaterblog

»Firnis«: An der Membran zwischen Moral und Gewalt

Am 07. Juni wird Philipp Löhles »Firnis« in der Alten Feuerwache uraufgeführt. Lenke Nagy hat mit den Mitwirkenden über ihren Bezug zu der bitterbösen Komödie gesprochen.

Was hat dich beim ersten Lesen des Stückes besonders gefesselt?

David Rimsky-Korsakow (Musik): Also was ich mag, ist, dass so große, existenzielle und anthropologische Themen, die an große Theatertheoretiker wie Marquis de Sade angelehnt sind, in dem Gewand von einer extrem fetzigen Komödie verhandelt werden. Das finde ich das Bestechende, dass Löhle solche großen Themen bearbeitet, sie aber total leicht, schnell, dynamisch und modern in einer skurrilen Realsatire daherkommen.

Jan Hutter (Frank Gitter): Ich habe ein paar Mal alleine laut beim Lesen gelacht, das passiert mir selten.

Gaby Pochert (Karo Fischer): Ich fand es einfach eine tolle Satire. Ein ziemlich flockig geschriebenes Stück, bei dem man lacht und einem gleichzeitig das Lachen im Halse stecken bleibt. Das finde ich das Tolle daran. Bei der Leseprobe haben wir das ratzfatz runtergelesen, einfach nur was da steht, ohne groß zu überlegen, wie man das spielt, und es war wahnsinnig komisch. Es war sehr schwer, das dann auf die Bühne zu kriegen, weil man dort natürlich das Tempo gar nicht haben kann, was wir bei der Leseprobe hatten.

Stefano Di Buduo (Bühnenbild und Video): Mich hat natürlich sofort angesprochen, dass das Stück so pseudonormal, relativ heutig anfängt, aber relativ schnell klar wird, dass da so ein Löhle-Humor drüber liegt und es absurd wird. Spätestens bei der Szene in Italien oder bei der Therapiesession merkt man »Okay, alles klar, das ist jetzt aber was anderes hier.« Und da wurde es für mich spannend. Natürlich denkst du als Bühnenbildner gleich: »Was für ein Setting ist das? Das ist ja gar nicht machbar, weil die jede Szene das Setting wechseln.« Aber was mich immer bei einem Stück anspricht ist, wenn man schnell reinkommt und weiterlesen will.

Wenn sich die Gesellschaft in Unterdrückte und Unterdrücker unterteilen würde – zu welcher Gruppe würdest du vermutlich gehören?

Verena Bukal (Jennifer Hoffmann-Wolf): Ich glaube, ich würde zu den Unterdrückten gehören. Vielleicht aber auch zu den Unterdrückern. Bei Corona und diesen ganzen Maßnahmen dachte man ja, man wäre auf der richtigen Seite und im Nachhinein merkt man, man war zu extrem und hat die anderen praktisch unterdrückt. Das war echt nicht okay so.

Jan Hutter (Frank Gitter): Ich glaube, ich gehöre jetzt schon ganz unfreiwillig zu den Unterdrückern, einfach aufgrund von den Privilegien, in die ich geboren wurde, was für eine Hautfarbe ich habe, als was für ein Geschlecht ich gelesen werde… Ja, ich glaube, da muss man gar nicht im Futur reden, tragischerweise ist das schon so.

Fabian Gröver (Daniel Wagner): Wahrscheinlich würde es mir passieren, dass ich bei den Unterdrückten lande, weil ich kein Unterdrücker bin. Vermutlich eher das, leider. Obwohl: zur anderen Seite möchte ich auch nicht gehören. Wenn es einen Widerstand gäbe, würde ich da mitmachen.

Stefano Di Buduo (Bühnenbild und Video): Ich bin Teil der europäischen Gesellschaft, die andere jetzt schon unterdrückt. Ich lebe in einer Demokratie, ich lebe in einer reichen Gesellschaft und ich bin geschützt durch den Sozialstaat, aber um diesen Wohlstand zu haben, den unsere Gesellschaft besitzt, werden andere Völker unterdrückt. Deshalb heißt es in meinem Alltag, jeden Tag in kleinen Gesten zu versuchen, eben nicht zu unterdrücken oder die Situation auszunutzen. Man muss sich das nicht ständig präsent machen, weil man so nicht leben kann, aber man kann im Kleinen anfangen, sich richtig zu verhalten. Und dann kann man sich größere Missions setzen, wie zum Beispiel auch in der Kunst zu arbeiten und dort von Unterdrückung zu erzählen, und das tue ich ja auch.

»Firnis« | Foto: Martin Sigmund

Foto: Martin Sigmund

Wie nah ist deine Rolle deinem privaten Ich bzw. könnte dir dasselbe passieren wie deiner Rolle?

Jan Hutter (Frank Gitter): Also von der Struktur her sind wir gar nicht so unähnlich. Nach außen laut und nach innen hin ganz anders… Passieren könnte mir aber nicht dasselbe wie Frank Gitter, weil ich mir nie im Leben ein Autohaus zulegen würde und vermutlich vor meiner Frau an Krebs sterben würde. Und meine Frau wäre ein Mann, aber dafür müsste ich beziehungsfähig sein, also ist auch das sehr unwahrscheinlich… Also eigentlich sind wir uns überhaupt nicht ähnlich.

Jonathan Lutz (Paul Wagner): Ich glaube ja. Sowas könnte mir passieren, wenn ich jetzt nochmal so acht, neun Jahre in der Zeit zurückgehen würde. Dann könnte ich mir vorstellen, mich so zu entwickeln wie Paul. Aber aktuell bin ich privat an einem anderen Punkt, in einer anderen Reflektion übers Leben. Ob ich Flaschensammler werden könnte, weiß ich nicht, könnte passieren!

Gaby Pochert (Karo Fischer): Ich hoffe, mir passiert das nicht. Das ist ja schon sehr extrem, was Karo Fischer macht. Da arbeitet man mit aller Kraft dagegen, dass man auf gar keinen Fall so wird, aber letztendlich glaube ich, dass das in jedem Menschen drin ist. Ich spiele sie deshalb so gerne, weil ich viele aus meiner Heimat kenne, die so entgleisen.

Muss man im Kampf gegen Klimawandel, Überbevölkerung und Co. die Grenzen von richtig und falsch anpassen und gegebenenfalls moralisch verwerfliches Handeln zum Wohle der Allgemeinheit straffrei passieren lassen?

David Rimsky-Korsakow (Musik): Ich glaube, die Frage ist immer, wie eine Revolution oder eine Auflehnung organisiert werden… Ich kann Leute, die z.B. die letzte Generation ausmachen und die sagen »Wir haben ein Anliegen, das ist uns extremst wichtig und wir gehen dafür über Grenzen.« total verstehen. Ich würde das aber aus einer größeren Perspektive sehen und sagen, es ist alles Natur. Wir sind Natur, der Planet ist Natur und wir schaffen es gerade nicht, in Symbiose mit den anderen natürlichen Organismen zu leben. Dann bleibt uns nur die Quittung, Teil eines evolutionären Moments zu sein, in dem wir ausgelöscht werden. Das ist etwas Existenzielles, aber das verdienen wir, wenn wir nicht in der Lage sind, uns zusammenzureißen. Ich glaube aber, dass Zusammenreißen nicht bedeutet, dass man Leute abschlachten muss, es gibt genug andere Dinge, die man tun kann, man muss nur anfangen.

Anna Jörgens (Maja Neumann): Ja. Wenn man schon sagt, sich am Hambacher Wald auf einem Baum einzusperren ist illegal, dann unterstütze ich das. Ich selbst würde sowas nicht machen, weil ich mich das nicht trauen würde, andererseits unterstütze ich aber Greenpeace in ihren Aktionen und hab da sehr viel Respekt vor. Aber es hat auch seine Grenzen, ich bin nicht dafür, dass Privatmenschen leiden.

Jonathan Lutz (Paul Wagner): Ich bin schon sehr dafür, dass man sich in so einer Thematik aktivistisch verhält und für das kämpft, wofür es sich zu kämpfen lohnt und gegen die Müdigkeit, die es in der Gesellschaft gegenüber dem Klimawandel gibt. Ich weiß nicht, was die Rechtsfrage angeht, aber wahrscheinlich würde ich moralisch darüber hinwegsehen, es problematisch zu finden, wenn Leute für eine sinnvolle Sache kämpfen, ja.

Foto: Stefano Di Buduo

Was ist die Herausforderung als Spieler*in in Firnis?

Verena Bukal (Jennifer Hoffmann-Wolf): Der Text. Sich den Text zu merken und den dann in eine Geläufigkeit zu kriegen. Tiefe Gefühle in einer großen Leichtigkeit zu bekommen und zu greifen und trotzdem noch mit dem anderen/der anderen zu spielen.

Anna Jörgens (Maja Neumann): Im richtigen Moment aufzutreten und anzufangen, ich bin immer noch mit meinem Textbuch hinter der Bühne und muss rausfinden, welche Szene als nächstes kommt.

Jonathan Lutz (Paul Wagner): Ich glaube, als Spieler*in ist die größte Herausforderung, so schnell in unterschiedliche Teilsequenzen und Kurzszenen reinzuspringen, ohne sich jetzt total figurengetreu da reinzufühlen, und immer einfach die Situation mit den Kolleg*innen zusammen so echt und so im Moment wie möglich zu verhandeln.

Macht es Spaß, auf der Bühne grausam sein zu dürfen?

Fabian Gröver (Daniel Wagner): Ja. Ja, natürlich. Einfach weil das besondere Momente und Ausnahmezustände sind, mit denen man im Alltag nicht konfrontiert wird. Und es ist ja auch nur ein Spiel, wie wir es auch im Stück sagen, und diese kleinen Grenzüberschreitungen sind einfach toll, wenn man sie mal machen darf.

Lucas Janson (Papa Buggy): Ja, das macht richtig Bock. Doch, grausam zu sein macht Spaß. Und auch mal ein Choleriker zu sein, der das dann so ganz primitiv auslebt, das ist eine schöne Rolle.

Gaby Pochert (Karo Fischer): Mega. Das sind für mich die viel interessanteren Figuren, wenn man mal so richtig vom Leder ziehen kann, weil man das natürlich im Alltag nicht macht. Ich sehe es auch gerne auf der Bühne, wenn andere das machen.

Foto: Martin Sigmund

Steckt in jedem Menschen die Veranlagung dazu, seine Mitmenschen zu unterdrücken?

Fabian Gröver (Daniel Wagner): Leider ja. Im Endeffekt steckt ein animalischer Teil, auch wenn man sich unsere Evolutionsgeschichte anschaut, in uns. Durch unseren Wertekodex sind diese Teile gedeckelt und man möchte da natürlich nicht drauf zurückgreifen, aber ich glaube, das ist da, absolut.

David Rimsky-Korsakow (Musik): Es gab doch diese Elektroschocktests, die in den sechziger Jahren gemacht wurden, bei denen Ottonormalbürger*innen andere durch einen Druck auf einen Knopf gequält haben, nachdem ihnen gesagt wurde »Drück den Knopf.« Also solange Leute Verantwortung aussparen können, weitergeben können, sie auf irgendwelche anderen Umstände schieben können, glaube ich schon, dass Leute zur Unterdrückung fähig sind. Das ist natürlich auch eine totale Parabel auf das, was bei uns auf der Welt passiert, dass die Leute Ängste, die sie haben, auf Migration, Globalisierung und Klimawandel auslagern und sich ein Mittel zur Kompensation suchen. Und ich bin ja auch nur ein Säugetier und deshalb glaube ich, dass mir das auch passieren kann, wenn ich nicht aufpasse.

Anna Jörgens (Maja Neumann): Ja, aber das kann unterschiedliche Formen haben. Wenn ich zu einem Menschen kurz ein Arschloch bin, weil ich gerade keine Energie habe, dann ist das ja schon etwas zwischenzeitlich Bösartiges. Das ist schon, glaube ich, Teil des Menschen.

Lucas Janson (Papa Buggy): Schwierig, richtig schwierig… Glaube ich nicht. Ich glaube, dass eine Form von Macht oder eine bestimmte Form von Hierarchie bestimmten Leuten etwas gibt, daher kommt so eine Machtgier, wie sie irgendwelche großen Politiker wie Bolsonaro oder Erdoğan haben. Ich glaube, dass die sich an Macht aufgeilen und das dann eine Eigendynamik entwickelt, aber ich denke nicht, dass das in mir ist, dieses Machtbedürfnis. Aber bestimmt ein Bedürfnis nach Anerkennung. Nach Geliebtwerden. Nach Erfolg. Das schon. Aber das ist für mich entkoppelt von diesem Macht- und Unterdrückungssystem, ich glaube nicht, dass das in uns allen ist.

Als Firnis bezeichnet man eine dünne Schicht, die als letztes auf ein Gemälde aufgetragen wird, um es vor äußeren Einflüssen zu schützen. Wo ist der Firnis zwischen Moral und Missgunst in unserer heutigen Gesellschaft schon »abgebröckelt«?

Verena Bukal (Jennifer Hoffmann-Wolf): Ich finde, man hat das total bei den Reaktionen auf den CSD-Beitrag vom Saarländischen Staatstheater bei Facebook gesehen, wo Leute einfach ungestraft anderen den Tod wünschen. Ich finde, da bricht das gerade auf. Diese ganzen rechten Strömungen, weltweit diese Autokraten, dass ein Verurteilter immer noch Präsident werden kann… Diese ganzen Sachen, das ist das für mich.

Fabian Gröver (Daniel Wagner): Naja, dass es im Moment anscheinend gang und gäbe ist, dass offen auf Leute Gewalt ausgeübt wird, die für uns Politik machen. Das ist einfach ein No-Go. Das sind gewählte Volksvertreter, die haben wir dahin gewählt, damit sie sich für uns streiten und damit sie auch vielleicht unpopuläre Entscheidungen treffen, und dass die auf offener Straße angegangen werden und so weiter, das finde ich zum Beispiel extrem krass.

Lucas Janson (Papa Buggy): Ehrlich gesagt schon überall eigentlich. Also wenn ich bestimmte Leute sehe und was die denken oder auch sagen, dann habe ich das Gefühl, es bröckelt schon überall. Was für ein Rechtspopulismus mir auch so entgegenschlägt in bestimmten Punkten, was die Leute sich trauen zu sagen, was durch die AfD alles salonfähig geworden ist… Meine Figur, der Papa Buggy, ist auf jeden Fall ein Rechtskonservativer, wahrscheinlich ein AfD-Wähler, und die sieht man an jeder Ecke, es passiert einem ständig, dass einer einen im Supermarkt blöd anpöbelt oder so. Deshalb habe ich das Gefühl, die Membran ist schön zerbröckelt, beziehungsweise die Brandmauer gegen rechts, bei der man vor ein paar Jahren noch gesagt hat, sie würde noch stehen, die ist längst eingerissen. Vor ein paar Jahren hatte ich das Gefühl, dass das noch zurückhaltender war oder es einzelne Leute waren, die Fremdenhass oder so einen Bullshit von sich gegeben haben, und jetzt machen das so viele. Deshalb trifft das Stück auch genau den Nerv der Zeit, gerade so kurz vor Wahlen wie der Europawahl.

Foto: Martin Sigmund
Kategorien
Theaterblog

Schlimmer geht immer?

Szenarien über das Ende der Welt faszinieren die Menschheit schon immer. Obwohl der Weltuntergang schon zigmal prophezeit wurde, gibt es die Erde und uns immer noch. Die Lust an Untergängen liegt in der Natur des Menschen – gestillt wird sie in Gedichten, in der Musik, im Kino. Können wir uns ein wirkliches Ende überhaupt noch vorstellen, oder haben wir es zu oft auf der Leinwand gesehen? Die Autorin und Regisseurin Rebekka David im Gespräch.

Gesa Oetting Es gibt unzählige Lieder, Filme, Gemälde, Gedichte über die Apokalypse – was fasziniert dich an den Erzählungen, an den unterschiedlichsten Vorstellungen über das Ende der Welt?

Rebekka David Dass es so viele sind und dass sie schon immer da waren – der Weltuntergang als anthropologische Konstante fasziniert mich. Menschen haben sich schon immer von ihrem eigenen Ende erzählt, und wenn wir auf die lange Geschichte dieses Narrativs zurückblicken, ist es spannend zu sehen, wie sehr konkrete Ereignisse in der Realität darauf einwirken, welche Art von Dystopie wir uns ausmalen. Und auch andersherum funktioniert diese Wechselwirkung: Wenn wir ein bestimmtes Szenario, von dem wir nie dachten, dass es uns jemals direkt betreffen könnte, oft genug im Kino gesehen haben, und es dann aber wider Erwarten doch Realität wird (Beispiel: Triage bei COVID 19), beruhen unsere Entscheidungen und Bewertungen auf dem, was wir nur aus der Fiktion kennen. Und wenn wiederum Klimawissenschaftlerinnen versuchen, potenzielle Zukunftsszenarien so verständlich wie möglich zu formulieren, zeichnen sie ein Bild, das zum Großteil auf Fakten basiert, aber in den kleinen Details, in den Ausschmückungen die es für uns konkret vorstellbar machen, greifen sie zwangsläufig auf das kollektive Imaginäre zurück, das uns alle prägt und sich aus der Masse all dieser Erzählungen zusammensetzt. Diese Geschichten wirken also direkt darauf ein, wie wir uns das Ende der Menschheit durch den Klimawandel vorstellen können und über alle Fragen, die sich daraus ergeben, sollten wir unbedingt miteinander ins Gespräch kommen! 

»Fiktionen über die Zukunft organisieren ja das kollektive Imaginäre, und das wiederum bestimmt, was wir als Wirklichkeit anerkennen, (…)  und wie ich mir wiederum etwas vorstelle, also wie ich die Welt wahrnehme, prägt, wie die Welt ist – Leute, vielleicht müssen wir mehr manifestieren!« (Leo in »The end, my friend«)

GO Warum hat die Menschheit so viel Vergnügen daran, sich ihr Ende auszumalen?

RD Ich glaube, dafür gibt es sehr unterschiedliche Motivationen. Welche ich am interessantesten finde, ist die der Auslagerung der eigenen Angst: Ich kann einer Figur dabei zusehen, wie sie sich durch einen zerstörten Planeten kämpft, vor Zombies oder den außer Kontrolle geratenen Nachbarinnen flieht und den Kometeneinschlag erwartet, ich kann mitfiebern und leiden, ich kann diese Figur bestimmte Ängste durchleben lassen, die ich selbst unterbewusst habe, ja ich könnte sogar fast diese Figur sein, aber ich bin es eben nicht, denn am Schluss kann ich den Laptop einfach zuklappen. Und dann sitze ich da, auf meiner Couch, und bin sehr froh, dass es bei mir noch nicht so schlimm ist, dass das alles denen da passiert, denen in dem kleinen Apparat, und gegen deren Katastrophen sehen unsere realen für den Moment vielleicht etwas weniger dunkel aus.

GO Die Figuren in »The end, my friend« reagieren alle ganz verschieden auf ein möglicherweise nahendes Ende – wie habt du und dein Ensemble die Figuren und ihre jeweilige Position gefunden?

RD Im steten Dialog. Mir war wichtig, fünf unterschiedliche Perspektiven und Verhaltensweisen zu finden, die miteinander in ein fruchtbares Gespräch treten können. Dabei geht es mir nicht darum, den kompletten Diskurs abbilden zu wollen, sondern Positionen zu suchen, die für uns in ihrer Art auch nachvollziehbar sind, deren Ängsten und Verdrängungsmechanismen wir nicht sofort zu unseren eigenen auf Distanz halten können. Und mit diesem Ansatz habe ich mit den Spielenden und dem Team die Figuren entworfen und weiterentwickelt.

GO Was denkst du, was passieren muss, damit endlich was passiert in unseren Köpfen, und vor allem in unserem Handeln?

RD Wenn ich das wüsste, würde ich diesen Abend nicht machen.

Kategorien
Theaterblog

Die lieben Eltern und das liebe Geld

Eine Videoeinführung zu »Die lieben Eltern«
(einfach auf den Pfeil klicken!)

Kategorien
Theaterblog

Was Oscar Wilde mit Hyaluron zu tun hat – Journal einer FSjlerin

Was haben Instagram, Pflegecremes und Fitnessstudios gemeinsam? Gut, ich gebe zu – das war einfach. Alle drei haben in irgendeiner Form mit dem zu tun, dem ich mich in diesem Artikel widmen möchte: der gesellschaftlichen Auffassung von Schönheit, dem Selbstoptimierungswahn und (ungesunden) Körperbildern.

Man könnte meinen, dass der Hype um diese Thematiken gegenwärtig seinen historischen Höhepunkt erreicht hat. Und tatsächlich finden sich eine Vielzahl von Ereignissen aus dem 21. Jahrhundert, die diese These stützen. Um mal einige Beispiele zu nennen: 2002 wurde Botox offiziell als Einsatzmittel für kosmetische Zwecke zugelassen. 2006 wurde die erste Staffel von Heidi Klums Castingshow Germanys next Topmodel ausgestrahlt. 2011 wurde Snapchat, die App die neben lustigen Hundezungen auch eine Menge von vermeintlich optimierenden und hautglättenden Filtern beinhaltet, gelauncht.

Doch ist der Wahn, sich einem gesellschaftlichen Bild von Schönheit anpassen zu wollen, tatsächlich ein Phänomen der Gegenwart? Ist er nicht vielmehr seit Anbeginn der Zeit ein Impuls, für den die Menschheit bereit ist hohe Preise zu zahlen? Dies scheint nicht nur im Hinblick auf bei archäologischen Ausgrabungen gefundene Spiegel oder jahrzehntealte Diätkonzepte schlüssig, sondern auch bei einem Blick auf die Literaturgeschichte, in der sich Schönheitsideale und die Manipulation des eigenen Äußeren wie ein roter Faden durch eine Vielzahl von Werken ziehen, wie z.B. in Schneewittchen, dem Märchen, in dem Schneewittchens Stiefmutter die Prinzessin umbringen lassen möchte, da diese »tausendmal schöner« ist als sie.

Der Kostümentwurf für Basil Hallward (©Zana Bosnjak)

Im November 2023 hat in der Alten Feuerwache eine vom Regisseur Alexander Nerlich gefertigte Bühnenadaption von Oscar Wildes Roman Das Bildnis des Dorian Gray Premiere gefeiert. Und auch darin geht es um das Thema Sehnsucht nach ewiger Schönheit und Jugendlichkeit. Dem Protagonisten Dorian Gray bietet sich die Möglichkeit, diese Sehnsucht zu stillen, als sein Freund, der Maler Basil Hallward, ein Portrait von ihm anfertigt. Dorians Wunsch, das Bild möge an seiner Stelle altern, damit er niemals den Verfall seiner eigenen Attraktivität zu spüren bekommen muss, wird auf unerklärliche Art und Weise erhört. Doch zu spät findet der junge Mann heraus, womit er sein neues Leben bezahlen muss: Er wird zum Narzissten, Heimlichtuer und schließlich sogar zum grausamen Mörder.

Die erste Veröffentlichung von »Das Bildnis des Dorian Gray«

Ist die Moral der Geschichte also, dass es verwerflich ist, sich Schönheit zu wünschen? Falls ja, legt Wilde sich mit dieser These mit einer Vielzahl von Menschen an – um nicht zu sagen, mit allen. Denn der Wunsch nach vermeintlicher Schönheit, diesem Begriff, der mir mit zunehmendem Reflektieren immer ungreifbarer zu werden scheint, ist so tief in uns und der Gesellschaft verankert, dass man sich fragen muss, ob es überhaupt noch möglich ist, sich von dem Ziel möglichst »schön« zu sein, zu distanzieren. Denn selbst wenn man in seinem Leben noch keinen einzigen Gedanken an sein Äußeres verschwendet haben sollte, ist der gesellschaftlich genormte Begriff von Schönheit so eng mit Erfolg und Privilegien verknüpft, dass der Wunsch sie zu erlangen in Wünschen nach einer erfolgreichen Karriere, Familiengründung oder einer gehobenen Position in der Gesellschaft aus meiner Sicht inkludiert ist.

Wer Karriere machen will, hat laut Studien von z.B. dem »Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit« einen Vorteil, wenn er oder sie als attraktiv und ansehnlich gilt. Auf Dating-Apps wie Tinder wird ein möglicher Partner/eine mögliche Partnerin nur aufgrund des Äußeren innerhalb von Sekunden abgelehnt. Und dem gängigen Schönheitsideal entsprechende Menschen erhalten sogar bessere Noten, ein hilfsbereiteres soziales Umfeld und mildere Urteile in Gerichtsprozessen.

Der Schönheitswahn ist also ein gesellschaftliches Phänomen und im kollektiven Gedächtnis internalisiert. Interessant, dass wir ihn dennoch als verwerflich und unsympathisch brandmarken und die Maxime gilt: Gib dir Mühe schön zu sein, aber zeig niemandem wie viel Arbeit es dir wirklich bereitet. Und eben jene Maxime ist, wie schon angedeutet, kein neues Phänomen – erinnern wir uns doch mal an umschminkte Augen im alten Ägypten, wallende Lockenperücken im Barock, die Erfindung des Korsetts und ähnliches. Auf der einen Seite beängstigend, da es unmöglich erscheint, dass unsere Gesellschaft jemals ihre oberflächliche Beurteilung des Menschen aufgibt.

Auf der anderen Seite ist der Gedanke beruhigend, dass es vollkommen menschlich ist, sich von Schönheitsidealen unter Druck gesetzt zu fühlen, da die gesellschaftliche Erwartungshaltung, in sein Äußeres investieren zu müssen, Jahrhunderte Zeit hatte zu wachsen. Außerdem erinnert einen die Tatsache, dass innerhalb der letzten Jahrzehnte permanent unterschiedliche Körperformen als Ideal angepriesen wurden, daran, dass auch die aktuell geltenden vermeintlichen Schönheitsmerkmale nur eine Modewelle sind, die in einigen Jahren vielleicht schon von neuen abgelöst werden.

Wozu also einem Ideal nachrennen, das sowieso unerreichbar und ständig im Wandel ist? Leichter gesagt als getan, aber vielleicht können wir versuchen, uns diese Frage in Zukunft vor Augen zu halten, wenn wir mal wieder an unseren scheinbaren Makeln verzweifeln.

Der Kostümentwurf für Sibyl Vane (©Zana Bosnjak)

Doch zurück zu Dorian Gray: Der Klassiker aus dem Jahr 1890 bleibt thematisch zeitgemäß, was sich auch in der Inszenierung in der Feuerwache zeigt. So lassen sich zum Beispiel die Kostüme, entworfen von Zana Bosnjak, weder in eine Epoche, noch in einen Stil, ein Land oder eine Gesellschaftsschicht einordnen. Sie dienen eher dazu die Zeitlosigkeit der Handlung zu unterstreichen und können gleichzeitig Mittel zur Abstrahierung der Geschichte werden: Ist es nicht auch möglich, dass Komponenten der Handlung sich nur in Dorians Kopf abspielen? Sind nicht einige der Figuren nur eine Projektionsfläche von Teilen seiner selbst?

Auch das Bühnenbild von Thea Hoffmann-Axthelm, bestehend aus einem vollgestellten Dachboden mit einem leuchtenden Quadrat in der Mitte und einem beweglichen Plafond, ist abstrakt gehalten und kann als Stellvertreter für das Chaos in Dorians Psyche verstanden werden. Die Atmosphäre, die bei diesem Ausflug in Dorians Gedankenwelt herrscht, wird maßgeblich beeinflusst von der Musik, die Malte Preuss beigesteuert hat. Sie wird im Laufe des Stückes immer mystischer und bedrohlicher, sowie auch Dorian sich vom Unschuldslamm zur Gefahr für sich und seine Mitmenschen entwickelt.

Trotz all dieser künstlerischen Mittel versucht Nerlichs Inszenierung nicht mit dem Finger auf eine Kernaussage zu zeigen oder den Zuschauer*innen eine Moralpredigt zu halten. Vielmehr darf und soll jeder für sich merken, welche Gedanken das Werk in einem anstößt. Dieser Artikel konnte vielleicht einen kleinen Einblick in die meinen geben.

Ach ja, seid nett zu euch und euren Körpern. Kein Schönheitsideal dieser Welt ist eine Gefährdung eurer psychischen sowie physischen Gesundheit wert. Zum Schluss noch ein Fun Fact: Tatsächlich haben Forscher*innen des »British Medical Journal« herausgefunden, dass Menschen, die regelmäßig Kulturveranstaltungen beiwohnen, eine höhere Lebenserwartung haben! Wenn das mal nicht noch ein Grund mehr ist, ins Theater zu gehen.

Lenke Nagy

Kategorien
Theaterblog

Die Freiheit des Erscheinens

Gedanken zu »Das Bildnis des Dorian Gray«

11891 erschien Oscar Wildes einziger Roman »Das Bildnis des Dorian Gray«. Der Roman, der zunächst als Forstsetzungsgeschichte in »Lippincott`s Monthly Magazine«  herauskam, veränderte, wie sein Übersetzer Lutz-W. Wolff im Nachwort schreibt, »die englische Literatur des 19. Jahrhunderts nachhaltig«. In einer Bühnenadaption von Regisseur Alexander Nerlich ist »Das Bildnis des Dorian Gray« nun in der Alten Feuerwache zu sehen. Der folgende Text von Simone Kranz ist collagiert mit (in Großbuchstaben gesetzten) Notizen von Alexander Nerlich.

»Ich verkünde die Wahrheiten von Morgen«, lässt Oscar Wilde Lord Henry Wotton, einen der Protagonisten von »Das Bildnis des Dorian Gray« sagen. Die Figur, vielleicht ein Alter Ego des Autors, scheint Recht zu haben. Die Geschichte des jungen Dorian, dessen Jugend und Schönheit jedermann in Bann schlägt und der Macht über andere erlangt, indem er sich zur Projektionsfläche für ihre Wünsche und Sehnsüchte macht, zu einer Abfolge von Bildern stilisiert, scheint der Welt der Selfies und Instagram Accounts entsprungen zu sein.

Aber der Reihe nach. Schon zu Beginn des Romans steht die Erschaffung eines Bildes. Es ist der Maler Basil Hallward der Dorian portraitiert und in ihm eine Inspirationsquelle sieht, die seiner Kunst radikal erneuert. Basil stilisiert Dorian zur utopisch reinen Seele, die gleichzeitig »einen schwarzen undurchdringlichen Hintergrund« habe. Das verwirrt den jungen Dorian – als Waise bei seinem Großvater dem strengen und kaltherzigen Lord Kenzo aufgewachsen, hat er keinerlei Selbstwertgefühl, er sehnt sich nach Zuwendung und einer stärkenden Außenbindung. Das macht es auch Lord Henry Wotton leicht, der Dorian in Basils Atelier trifft und der in ihm »weißen zu allem formbaren Marmor« sieht. Um den Reagenzprozess seines Dorian-Experimentes zu starten, konfrontiert Lord Henry Dorian mit der Endlichkeit seiner Jugend und Schönheit und dem Auftrag sein Leben, allen Erfahrungen zu öffnen, solange ihm seine Jugend noch gegeben sei. Dorian stürzt die Erkenntnis seiner eigenen Vergänglichkeit in Verzweiflung, er wünscht, das Portrait möge an seiner Stelle altern und ihm sei stattdessen die ewige Jugend des Abbildes gegeben. Mysteriöser Weise erfüllt sich dieser Wunsch.

»DER FLUSS, IN DEN NARZISS SCHAUT, DAS FLUIDE, DAS GLITZERNDE, DAS UNGREIFBARE, IST DIE FREIHEIT DES ERSCHEINENS: UNVERBINDLICHKEIT, VERWANDLUNGSFÄHIGKEIT UND LUSTVOLLE SELBSTREPRODUKTION. DIE ARBEIT AN DER EIGENEN LEBENSERZÄHLUNG.« 

Das Postulat Lord Henrys, dass man »die Seele durch die Sinne heilen« könne, ist ihm von nun an Lebensmaxime, denn Dorian sehnt sich nach Heilung. Er beginnt ein Leben in Ausschweifungen, das getreu den Vorgaben Lord Henrys ganz dem Augenblick gewidmet ist.

Doch die Heilung stellt sich nicht ein, nicht in der Liebe zu der jungen Schauspielerin Sibyl Vane, die er in den Tod treibt, nicht im Ruin seines Gefolgsmanns Alan Campbell, nicht in den vielen rauschenden Partys und Drogenexzessen in die sich Dorian stürzt. Schließlich ermordet er den Maler Basil Hallward, der sich als erster ein Bild von ihm schuf. Am Ende sitzt Dorian allein in seiner Dachkammer, seinem einstigen Kinderzimmer, umringt von den Schattengestalten der Toten, deren Ende er mitverschuldet hat.

»DAS BILD IST MEHR ALS EIN VERFLUCHTES GEMÄLDE, ES IST ERINNERUNG: SPUREN UND NARBEN DES LEBENS, DIE NICHT VERSCHWINDEN SONDERN ABGESPALTEN WERDEN, VERGEBLICH NATÜRLICH.«  

In einem letzten verzweifelten Akt versucht er das verhasste Portrait, das inzwischen zur Fratze geworden ist, zu zerstören, um die Vergangenheit, die sich in dem Portrait abgezeichnet hat, endgültig auszulöschen. Doch passend zum Genre der Gothic Novel zerreißt ein markerschütternder Schrei das Haus. Kein Mensch kann seiner Vergangenheit entgehen.

Kategorien
Theaterblog

Endstation rotes Sofa

Wer kennt es nicht: Am Wochenende wünscht man sich, sich für die Mühen einer Arbeitswoche eine Belohnung zu erlauben. Was könnte besser passen, als ein Besuch im Theater? Dies gilt umso mehr, wenn es nach der Vorstellung die Möglichkeit gibt, sich nicht nur mit den ebenso »theaterstimmungserhitzten« Nachbar*innen aus dem Publikum zu unterhalten, sondern auch mit den Leuten, die wochenlang in die Marterie des Stückes ein- und mit einem fertigen Theaterstück wieder daraus aufgetaucht sind. Oder um es in drei Worten zu sagen: »Das rote Sofa«. Was zunächst nichts mit Theater zu tun haben scheint, ist am Staatstheater rundum bekannt: Bei dieser, nach ausgewählten Vorstellungen im großen Haus stattfindenden Veranstaltung, lädt Chefdramaturg Horst Busch dazu ein, Ensemblemitgliedern Fragen zu stellen und das Stück durch die Augen derjenigen zu sehen, die daran beteiligt sind.

Verena Bukal, Christiane Motter und Fabian Gröver in »Endstation Sehnsucht« (Foto: Jennifer Hörr)

In der Spielzeit 2023/2024 eröffnet Horst Busch diese Reihe von Theatergesprächen am Freitag, den 22. September nach der dritten Vorstellung von »Endstation Sehnsucht« und bittet dazu den Regisseur und neuen Schauspieldirektor des Hauses Christoph Mehler zum Gespräch. Nachdem also alle »Endstation Sehnsucht« – Nerds, die das Angebot gerne wahrnehmen wollen, im Schillerfoyer eingetrudelt sind und sich mit Getränken und Snacks versorgt haben, erzählt Mehler zunächst von seiner Motivation den Klassiker Williams´ als Eröffnungspremiere der neuen Spielzeit zu wählen.

Bereits hier kristallisiert sich der Blick des Schauspieldirektors aufs Theater allgemein heraus: Er versteht es als ein Vergrößerungsglas von dem, was in der Welt vorgeht, was die Menschen bewegt und womit sie zu kämpfen haben. Und diese Dinge sind meist – und bei Tennessee Williams im Besonderen – zeitlos. Schließlich hat und wird es immer Menschen geben, die sich fühlen, als ob sie anders als der Rest der Welt sind und auch das Pendeln zwischen einer Sehnsucht nach Magie und dem Festhängen in der schmerzlichen Realität ist kein Alleinstellungsmerkmal der Protagonistin Blanche.

Mehler stellt auch fest, dass er seinen Beruf zwar für das Publikum ausübt, aber natürlich die Inszenierung aus seinem persönlichen Verständnis des Stoffes und seinen Assoziationen und Wünschen resultiert – und auch aus denen der Darsteller, für die der Schauspieldirektor sehr wertschätzende Worte findet und deren »eigener Wahrheit« er Raum lassen will.

Ob es diese Einstellung ist, wegen derer Mehler so entspannt damit umgeht, als auch ein kritisches Feedback aus den Reihen der gesprächsfreudigen Zuschauer*innen kommt? Selbst wenn nicht, ist Mehlers Umgang damit genau richtig; schließlich darf und soll das »rote Sofa« mehr sein, als ein Platz für Selbstbeweihräucherung und Lobeshymnen.

Fabian Gröver und Gregor Trakis als Mitch und Stanley  (Foto: Jennifer Hörr)                                                                                   

Am 22. September ist es sogar kurz Bühne für ein klares Statement in Bezug auf Geschlechtergerechtigkeit und Gleichstellung, da Mehler nach Ansprechen der Figur Stanley klarstellt: »Wir müssen uns von solchen Männern befreien!« und betont, dass Stanley keinesfalls eine Vorbildfunktion oder eine das Männerbild prägende Stellung einnehmen darf. Weitere Themen im Laufe des Gesprächs sind die Lautstärke des Stückes, die Angst vorm Scheitern, der Einsatz des Bürger*innenensembles und der Rahmen, in dem das Stück neu interpretierbar ist.

Am Ende, nachdem selbst den enthusiastischsten Theaterliebhaber*innen die Fragen ausgehen, versucht eine Dame den Spieß rumzudrehen: »Möchten Sie denn noch was von Ihrem Publikum wissen?«. Eine Frau einen Tisch weiter schließt den Abend schließlich mit dem schönen Appell ab, öfter ins Theater zu gehen und auch mal ein Stück mehrfach anzuschauen, denn »das ist gut für das Theater und gut für uns selbst«.

Theater dürfe auch mal unangenehm sein, betont Mehler an dem Abend, von dem hier die Rede ist. Die Endstation des Abends, das »Rote Sofa« im Schillerfoyer ist dies jedoch nicht. Im Gegenteil, gerade nach so einem aufwühlenden Erlebnis, wie es »Endstation Sehnsucht« sein kann, tut es gut, sich mit seinen Fragen und Anregungen nicht alleine zu wissen.

Und um den Kreis zum Anfang hin zu schließen: Wochenenden sind ja bekanntlich sowieso für jede Geselligkeit zu haben. Damit: Bis bald, wenn vielleicht auch Sie Lust haben, ihren Fragen an »Theatermacher*innen« freien Lauf zu lassen. Lenke Nagy