Philipp Preuss brachte 2024 Wolfgang Borcherts Kriegsheimkehrer-Stück Draußen vor der Tür in Saarbrücken heraus. Nun inszeniert er mit Gier von Sarah Kane und Sonne, von Elfriede Jelinek, zwei Theaterstücke von weiblichen Dramatikerinnen.
Simone Kranz Sarah Kane und die Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek – das sind gleich zwei leuchtende Sterne am Dramatikerinnen-Himmel. Warum dieser Doppelabend?
Philipp Preuss: Sarah Kane schreibt in „Gier“ rauschhaft über Gewalt und die rasende Sehnsucht nach Liebe und die Überwindung der eigenen Individualität. Sie trifft auf Elfriede Jelinek, die in einem Monolog die Sonne, die aufgeht, ausgeht und untergeht, auftreten lässt. Sie beleuchtet so Tag für Tag eine Menschheit des Misanthropozäns, (Anm: Zeitalter der Menschenfeindlichkeit), die durch die Zerstörung ihres Lebensraums am eigenen Untergang arbeitet. Die Sicht der Ich-Auflösung Kanes und die heliozentrische universelle Perspektive Jelineks sind in unserem egozentrischen Weltbild radikal politisch.
SK Musik spielt in der Inszenierung eine große Rolle. Was war dabei dein Interesse?
PP Die Sprache beider Texte ist höchst musikalisch: Sarah Kane schreibt in kurzen dynamisierten Dialogfetzen, Elfriede Jelinek in virtuosen Sprachspielen. Die beiden Schauspieler*innen Gaby Pochert und Jonathan Lutz haben dazu eine musikalische Lied- und Sound Ebene geschaffen. Beide Textskulpturen stellen universelle Fragen nach Liebe, Gewalt, Unbewusstem, Tod. Fragen, die immer wieder neu bearbeitet und beleuchtet werden, weil sie noch nicht beantwortet sind, eventuell weil sie einfach nicht endgültig zu beantworten sind. Das hat mich interessiert.