Herr Rouland, lieben Sie die Berge?
Ich liebe die Alpen, die Königin der Gebirge, zusammen mit dem Himalaya. Sie strahlen für mich gleichzeitig ein Gefühl von Stärke und Ruhe aus. Leider habe ich nur selten Gelegenheit, sie zu besuchen. Auf Reisen komme ich oft an ihnen vorbei, vor allem in der Schweiz, wo ich, wenn ich mich richtig erinnere, das letzte Mal gewandert bin.
Lässt sich das Dirigieren der »Alpensinfonie« mit dem Erklimmen eines Gipfels vergleichen?
Die Orchestrierung von Strauss ist enorm, aber wenn man von den 12 Hörnern des Blasorchesters hinter der Bühne absieht, vergleichbar mit Wagner. Dazu kommen besondere Instrumente, wie das Heckelphon, eine Art Oboe mit tieferem Register. Es bleibt ein musikalisches Meisterwerk und eine Herausforderung für mich als Dirigenten, die so überwältigend ist wie für einen Bergsteiger, der den Mont Blanc oder den Mount Everest besteigen will!
Welche Etappe der Bergexpedition, die Strauss vertont, »gehen« Sie am liebsten?
Mir gefällt besonders der »Eintritt in den Wald«. Das Thema, zum ersten Mal von den Blechbläsern vorgetragen und von Streicherarpeggien begleitet, ist von großer Schönheit. Gleichzeitig klar und überwältigend, wie es Strauss so einmalig beherrschte.
Interessierte sich Strauss fürs Bergsteigen – oder was haben Berge mit Kunst zu tun?
Soweit mir bekannt ist, hat Strauss gerne ausgedehnte Spaziergänge in der Natur gemacht, aber er verfolgte auch eine andere, metaphysischere Interpretation der Bergbesteigung. In seinem Tagebuch notierte er, dass er seine Komposition in Anlehnung an Friedrich Nietzsche als »Antichrist« untertiteln wollte.
Warum sollte man dieses Werk unbedingt kennenlernen?
Das Hören der »Alpensinfonie« ist ein einzigartiger Moment, der die Phantasie anregt, die Sinne schärft und die tiefsten Gefühle weckt. Es ist ein überwältigendes Schauspiel!
Die Fragen stellte Stephanie Schulze