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Sommerliche Literaturtipps aus der Dramaturgie

»Memoiren« von Tennessee Williams

Chefdramaturg Horst Busch verweist in seiner Lektüreempfehlung auf die kommende Spielzeit:

Die »Memoiren« von Tennessee Williams mal wieder aus dem Bücherregal zu holen oder sich antiquarisch zu besorgen, das lohnt sich. Was für eine spannende Lektüre über das Leben dieses Autors und sein dramatisches Schaffen! Ich freue mich schon jetzt auf die Eröffnungspremiere »Endstation Sehnsucht« am 16. September im Großen Haus des Saarländischen Staatstheaters.

Zeruya Shalev: »Schicksal«

Musiktheaterdramaturg Benjamin Wäntig empfiehlt den Roman einer großen israelischen Schriftstellerin:

Erst im Nachklapp einer Reise nach Israel im letzten Sommer habe ich »Schicksal«, den neuesten Roman von Zeruya Shalev, gelesen, der viele meiner Eindrücke in neuer Weise vertieft hat. Sie verwebt eine bisweilen etwas larmoyant erzählte Familiengeschichte – aber in den richtigen Momenten mit großer Nüchternheit – mit den verdrängten Widersprüchen der israelischen Gesellschaft und Geschichte. Ein komplexes Buch über ein komplexes Land, aber gerade deshalb lohnenswert.

Mithu Sanyal: »Identitti«

Und Ballettdramaturg Klaus Kieser schlägt eine köstliche Auseinandersetzung mit einem Thema der Zeit vor:

Was passiert, wenn sich eine (hellhäutige) Deutsche als Inderin ausgibt, um so zur Professorin für Postcolonial Studies aufsteigen zu können – und dann demaskiert wird? Mit großer Lust am verbalen Schlagabtausch lässt uns die deutsch-indische Journalistin Mithu Sanyal in ihrem ersten Roman »Identitti« teilhaben an den Hysterisierungen der gegenwärtigen Gesellschaft. Hier bekommt jede Position ihr Fett weg.

Stefan Moster: »Die Unmöglichkeit des vierhändigen Spiels«

Marketingchefin Ines Schäfer begibt sich auf eine literarische Kreuzfahrt voller überraschender Wendungen:

Vor Monaten sind Mutter und Sohn im Streit auseinandergegangen. Seither: Funkstille. Nun befinden sich beide, ohne es zu ahnen, auf demselben Kreuzfahrtschiff: Sie als Bordpsychologin, er als Barpianist … Wie es Stefan Moster in seinem Roman »Die Unmöglichkeit des vierhändigen Spiels« schafft, zwischenmenschliche Beziehungen, deutsch-deutsche Geschichte, Flüchtlingsschicksale und die Liebe zur Musik miteinander zu verknüpfen, ist geradezu meisterhaft. Spannend von der ersten bis zur letzten Seite – ein Buch, das ich immer wieder gern lese!

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Das Saarländische Staatstheater aus seltener Perspektive!

Das Saarländische Staatstheater aus seltener Perspektive!

Das Saarländische Staatstheater bietet Studierenden immer wieder Praktika an, um die in der Regel sechs- bis achtwöchige Arbeit an einer Inszenierung von der ersten (Lese-)Probe bis zur Premiere kennen zu lernen.

Diesmal haben drei Schüler*innen die Möglichkeit bekommen ein Praktikum am Saarländischen Staatstheater zu machen. In diesem Artikel berichten sie von ihren Erfahrungen.

Das Saarländische Staatstheater bietet Studierenden immer wieder Praktika an, um die in der Regel sechs- bis achtwöchige Arbeit an einer Inszenierung von der ersten (Lese-)Probe bis zur Premiere kennen zu lernen.

Diesmal haben drei Schüler*innen die Möglichkeit bekommen ein Praktikum am Saarländischen Staatstheater zu machen. In diesem Artikel berichten sie von ihren Erfahrungen.

Franz – Praktikum im Orchesterbüro

Ich heiße Franz Schug, 14 Jahre alt, und bin in der neunten Klasse der Marienschule. Ich habe im Januar 2023 mein Praktikum im Saarländischen Staatstheater gemacht. Ich war in der Abteilung Orchesterbüro und Notenbibliothek eingeteilt und habe bei der Orchestertechnik geholfen.

Was mich beim Theater besonders begeistert hat, ist, wie viel Technik und wie viele Leute benötigt werden, um einen geschmeidigen Theaterbetrieb zu gewährleisten. Das ganze Theater besteht aus einem Netz von verschiedenen Tätigkeiten, die am Ende zu einem Mosaik zusammengesetzt werden, und bei dem kein Steinchen fehlen darf. Das merkt man als Zuschauer einer Vorstellung überhaupt nicht, und genau das ist ja auch gewollt.

Wenn man dann aber hinter die Bühne geht, wuseln überall Leute herum, und jeder sitzt an seiner individuellen Aufgabe. Da sieht man wieder, wie viel Arbeit und Mühe hinter einer Vorstellung stecken. Was mich erstaunt hat, ist, wie groß der ganze Bühnenbereich ist. Wenn man von der Bühne in den Zuschauerraum schaut, sieht der plötzlich so klein aus. Generell ist das ganze Theater ein Irrgarten aus vielen Gängen, Türen und Treppenhäusern. An meinem vorletzten Tag hat der Orchestertechniker Klaus Schaan mich noch einmal durch das gesamte Theater geführt. Ich hatte vorher schon ein paar Führungen und dachte, ich hätte alles gesehen. Doch dann öffnete Klaus eine Tür, und dahinter kam ein Gang mit mindestens 30 weiteren Türen, einem Treppenhaus und gefühlt einem zweiten Theater zum Vorschein.

Alles in allem war mein Praktikum eine echt tolle Erfahrung und hat mir Einblick in eine ganz andere Welt verschafft. Besser gesagt zwei Welten: Eine künstlerische Welt und eine organisatorische Welt, die im ersten Moment gar nicht zusammenzupassen scheinen, sich aber wie Zahnräder verzahnen und damit ein einmaliges (Besucher-)Erlebnis ermöglichen. Vielen Dank für diese schönen und unvergesslichen Wochen!

Alva und Pauline – Praktikum in der Theaterpädagogik

Hallo, wir sind Pauline (15) und Alva (15) und haben unser Praktikum im Januar 2023 am Saarländischen Staatstheater gemacht. Wir waren sehr zufrieden und möchten davon erzählen.

Um genau zu sein haben wir unser Praktikum in der Theaterpädagogik gemacht. In dieser Zeit durften wir verschiedene Aufgaben erledigen: Beispielsweise durften wir in verschiedensten Proben dabeisitzen, soufflieren, aber auch bei wichtigen Versammlungen oder Betriebsratssitzungen zuhören, Blumen für die Produktion „Oh, Mama!“ in der sparte4 gießen, bei theaterpädagogischen Nachbereitungen von Stücken helfen. Außerdem wir haben eine ausführliche Führung durch das Haus bekommen.

Was uns sehr gefallen hat war, dass wir jeden Tag verschiedenste Aufgaben und Tätigkeiten wählen konnten, sodass es uns möglich war in jeder Abteilung (Musiktheater, Ballett, Schauspiel, Technik, usw.) einen kleinen Einblick zu erhalten und auch viel über das Haus und die Mitarbeiter*innen zu lernen. Schön war, dass wir uns immer äußern konnten, was wir gerne noch machen würden und was uns interessiert. Man lernt unglaublich viel dazu und es herrscht ein sehr angenehmes Klima: Nie hatten wir das Gefühl irgendwo unerwünscht zu sein, z.B. in einer Probe. Eher im Gegenteil, wir wurden direkt begrüßt und unterstützt. Jeder ist hilfsbereit und aufgeschlossen. Deshalb sind wir auch sehr dankbar, dass wir diese Zeit dort verbringen durften, da wir so viel lernen konnten über die Vorgänge und Abläufe die man als Zuschauer so gar nicht mitbekommt.

Wir haben die Zeit hier sehr genossen, weil das Staatstheater kreativ, offen, bunt und vielseitig ist.

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Geschenketipps!

Brauchen Sie von jetzt auf gleich noch eine Geschenkidee? Gemeinsame Zeit im Theater ist natürlich ein Dauerbrenner, den wir Ihnen wärmstens empfehlen, aber falls Sie noch eine andere Kleinigkeit für Ihre Liebsten suchen, hat das Blog-Team des Saarländischen Staatstheaters eine kleine Sammlung von Ideen vorbereitet

Schauspieldramaturgin Bettina Schuster-Gäb hat einen meditativen und kreativen Vorschlag:
»ICH FRÖBEL, DU FRÖBELST, WIR FRÖBELN!
Mal was, was nichts mit „Kopf“ zu tun hat, sondern mit Fingern, Friemeln und mit Loslassen: Macht (und verschenkt) Fröbelsterne. Sie stammen aus dem skandinavischen Raum und werden seit 400 Jahren dort traditionell Weihnachten und zu allen möglichen anderen festlichen Anlässen – gerne auch zu runden Geburtstagen – gefaltet. Zugegeben, es geht feinmotorisch komplexer zu, aber ich garantiere aus eigener frisch erlernter Praxis, dass es nach dem 10. Stern fluppt! Ohne nachzudenken! (Ich sage nur: 40 Minuten für den ersten Stern versus 7 Minuten pro jetzigem Stern.) Die Streifen müssen ganz symmetrisch sein, weswegen man sie kaufen sollte. Es gibt viele Marken, die tolle Papiere hierfür anbieten Paper Poetry oder die Sosteren Grene (https://sostrenegrene.com/de) z.B. und Anleitungen auf Youtube machen es einem sehr leicht die Falttechnik zu erlernen .Ich schrieb eben, dass es ohne Kopf zugehen kann – das Schönste am Fröbeln ist, dass andere Gedanken kommen, dass das große Ganze dem Kleinen, dem Moment, dem warmen Tee, dem Geplapper weichen kann. Zu jeder Tages- und Nachtzeit. Und es unheimlich licht und leicht macht, innerlich. Frohe Weihnacht!

Geschenk-Tipp von Musiktheater- und Konzert-Dramaturg Benjamin Waentig

Benjamin Wäntig, Dramaturg für Musiktheater und Konzert und seit dieser Spielzeit neu am Haus empfiehlt einen echten Klassiker:
»Angesichts der wenig besinnlichen Weltlage hier die Empfehlung eines trotzdem vergnüglichen Klassikers der Satire, der trotz seines Alters nichts an Aktualität eingebüßt hat: Karel Čapeks »Der Krieg mit den Molchen« (im tschechischen Original »Válka s molky«) von 1936. Es dreht sich um lernfähige Kreaturen, die sich beim Menschen nicht nur Gutes abschauen, um Unterwerfung, um menschliche Hybris im Allgemeinen sowie um die Schwierigkeiten der Politik, auf neue alltägliche Herausforderungen (wie etwa rasante Vermehrung von Salamandern) zu reagieren. All das ist köstlich absurd und rasend komisch geschildert. Tipp für Hörbuch-Fans: Gerade ist der Roman als Hörbuch erschienen, gelesen von Ilja Richter und abrufbar in der ARD-Audiothek.«

Geschenke-Tipp von Ballettmanager und -Dramaturg Klaus Kieser

Ballettmanager und -Dramaturg Klaus Kieser hat einen Vorschlag, der die Weihnachtsstimmung garantiert:
Der Nussknacker» ist das Weihnachtsballett schlechthin. 2013 brachte das Staatsballett Berlin den »Nussknacker« in einer Choreographie heraus, die sich in liebevoller Detailarbeit als Rekonstruktion des originalen Werks aus dem Jahr 1892 verstand – dafür werteten die Spezialisten Wassili Medwedjew und Juri Burlaka alle verfügbaren choreographischen und inszenatorischen Quellen aus. Ergebnis: ein opulentes, faszinierendes Spektakel. glücklicherweise gibt es dieses historische Juwel auf DVD.

Geschenke-Tipp von Theaterpädagogin Johanna-Knauf

Theaterpädagogin Johanna Knauf hat einen musikalischen Tipp, der den Horizont über die ganz klassischen Weihnachtslieder hinaus erweitert:
»Das Album „Music for Christmas Nights“ des Weltmusik und Jazz Quartetts QUADRO NUEVO & Münchner Symphoniker. Eine einzigartige, tief berührende und Hoffnung schenkende Weihnachts-CD. Man findet darauf bekannte und unbekanntere Weihnachtslieder in ganz neuem Gewand. Die weihnachtliche – also jauchzende, jubilierende aber auch demütige und nachdenkliche Stimmung geht damit nicht verloren. Im Gegenteil: Man hört den Arrangements an, dass sich die Musiker*innen bei jedem einzelnen Lied auf die Suche nach der eigentlichen Botschaft begeben haben. Der Einsatz des Orchesters ist sehr bedacht gesetzt. Im Mittelpunkt steht der Urgedanke des Weihnachtsfestes: Die Ankunft einer neuen Zeit, die Licht und Wärme ins Dunkel bringt.

Geschenktipp vom Musikthetaer- und Konzertdramaturgin Anna-Maria-Jurisch.

Für Literaturfans empfiehlt Musiktheater- und Konzertdramaturgin Anna Maria Jurisch eine Neuerscheinung:
Die Beziehung zwischen Ingeborg Bachmann und Max Frisch muss endlos kompliziert gewesen sein, aber es trafen sich natürlich zwei Giganten der deutschen Nachkriegsliteratur auf sehr persönlichem Terrain. Diese Beziehung, die weit über bloße Romantik hinausging, lässt sich nun im erstmals publizierten Briefwechsel der beiden nachvollziehen, denn im November erschien »Wir haben es nicht gut gemacht« als faszinierendes und auch sehr berührendes Zeitzeugnis.

Falls es jetzt also noch ganz dringend ein Geschenk braucht, haben Sie hoffentlich noch die eine oder andere Inspiration gefunden! Wir wünschen Ihnen und Ihren Lieben frohe Weihnachten.

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Im Gespräch mit … Theaterblog

Schonungslose und entlarvende Musik

Vor der Premiere von Johann Strauss’ »Die Fledermaus« sprach Benjamin Wäntig mit Regisseur Aron Stiehl.

Aron Stiehl, Intendant des Stadttheaters Klagenfurt, ist für das Saarbrücker Publikum kein Unbekannter, er setzte bereits Erich Wolfgang Korngolds »Die tote Stadt« und Franz Lehárs »Die lustige Witwe« erfolgreich in Szene. Nun widmet er sich der »Königin der Operetten«.

Was bedeutet es für dich, Operette zu inszenieren?

Gute Operette muss natürlich in erster Linie unterhalten, aber ich merke bei jeder erneuten Beschäftigung mehr und mehr, wie sie mit Abgründen zu tun hat und wie einem dabei das Lachen auch im Hals stecken bleibt. Gerade in der heutigen Zeit, in der jeder auf seine Wahrheit pocht, sehen wir, dass absolute Wahrheiten – und da muss sich jeder an die eigene Nase fassen – nicht existieren. In der »Fledermaus« steckt letztendlich dieselbe Message wie in Verdis letzter Oper »Falstaff«, ebenfalls einer Komödie: »Tutto nel mondo è burla! Tutti gabbati!« – »Alles auf der Welt ist Scherz! Wir sind alle Betrogene!« Man muss über sich selbst lachen können, man muss einen ironischen Blick auf sich selbst werfen können.

Szene aus »Die Fledermaus«
Szene aus »Die Fledermaus« (Foto: Martin Kaufhold)

Wie steht es mit dieser Fähigkeit zur Selbsterkenntnis beim Personal der »Fledermaus«?

Gabriel von Eisenstein, der Protagonist, kann das nicht. Er ist ein Spießbürger, der sich für Weiß-Gott-Wen und anständig hält und seine festen Wahrheiten hat. Aber seine Ehe ist eine bürgerliche Fassade, hintenherum gehen er – wie auch seine Frau Rosalinde – auf geheime Partys wie die von Orlofsky und betrügen sich gegenseitig. Als Eisenstein scheinbar seine achttägige Haftstrafe antritt, spielen sie sich wortreich Abschiedsschmerz vor, während er weiß, dass er auf das Fest geht, und sie schon ihren Tenor erwartet – wie verlogen. Auch von der Musik wird diese Falschheit und Doppelbödigkeit unverhohlen herausgestellt. Nach pseudotragischen Tönen bricht im Terzett aus dem 1. Akt aus den Figuren plötzlich ein spritziger Polka-Rhythmus hervor. Die Musik von Johann Strauss ist sehr schonungslos und entlarvend, manchmal geradezu böse und immer sehr präzise.

Alles dreht sich in der »Fledermaus« also um Schein und Sein. Auf dem Fest im 2. Akt spielen sich alle eine andere Identität vor: Eisenstein, Rosaline, auch der Gefängnisdirektor. Nur Prinz Orlofsky ist echt.

Was steckt hinter diesem ominösen russischen Prinzen, der in der Operette als Hosenrolle angelegt ist, also von einem Mezzosopran gesungen wird?

In unserer Inszenierung changiert diese Figur zwischen Mann und Frau, angelehnt an die Berliner Kultfigur Chantal und ihr »House of Shame«. An Berliner Clubs wie dem »Berghain«, die für ihre Freiheiten, für ihre Authentizität legendär geworden sind, konnte man ja beobachten, wie sie immer touristischer wurden. Leute kamen zum Teil nicht mehr, um ihre Grenzen zu überschreiten, sondern nur, um sagen zu können: Ich war da.

Und so ergeht es Eisenstein auf besagter Party bei Orlofsky: Er trifft eine weltoffene Gemeinschaft, in der alle Standesunterschiede aufgehoben sind – weshalb das Stubenmädchen Adele in einer Robe ihrer Chefin ungestört Teil sein kann. Eisenstein, der Spießbürger, kann damit aber gar nicht umgehen und hat wohl auch etwas Angst davor, vor allem vor der queeren Seite von Orlofsky.

Worum geht es bei diesem Fest? Im Handlungsverlauf dient es ja eigentlich nur dazu, dass Eisenstein hauptsächlich von seinem Freund Falke, aber eigentlich von allen anderen auch, hereingelegt wird …

Sene aus »Die Fledermaus«
(Foto: Martin Kaufhold)

Neben dieser Operettenintrige und der Tatsache, dass alle Partygäste Eisenstein loswerden wollen, weil er wegen seiner bürgerlichen Scheuklappen nicht dazu passt, geht es um etwas, was man vermutlich schon im 19. Jahrhundert in Festen gesucht hat: Taumel und Rausch. Im Verlauf dieses Festes, in dem auch die anfangs musikalisch strenge Form sich immer mehr auflöst, kommt es zu einer allgemeinen Verbrüderung, zum einen transzendenten Moment der Kommunion: Alle sind so besoffen, dass sie zur Erkenntnis gelangen: Wir gehören zusammen, im Hier und Jetzt und denken nicht an morgen. Selbst Eisenstein, der sich zunächst sträubende Spießbürger, gibt sich dem ganz hin und entdeckt eine für ihn neue Welt. Doch danach kommt wie im echten Leben der Absturz und der Kater.

Szene aus »Die Fledermaus«
Szene aus »Die Fledermaus«

Die Inszenierung ist eine Koproduktion mit dem Theater Bonn, die Produktion entstand dort 2020. Wie blickst du heute, zweieinhalb Jahre später, darauf?

Wenige Tage nach der Premiere kam es zur pandemiebedingten Schließung aller Theater, ja zu Grenzschließungen etc., was zuvor undenkbar war. Nun können wir dankbar sein, dass das Publikum zurückkommt. So ist in der Zwischenzeit eine Menge passiert, was natürlich auch meinen Blick auf so ein Stück verändert hat.

Im Wesentlichen wird die Inszenierung bei solchen Koproduktionen unverändert neueinstudiert. Ich begreife das Regiebuch von damals aber nicht als Vorlage, die es sklavisch zu kopieren gilt. Es ist wichtig, dass alle neuen Darsteller*innen sich ihre Rollen ganz zu eigen machen und ihre eigenen Farben hineinbringen. Das ist hier in Saarbrücken auch allen wunderbar gelungen!

Das Gespräch führte Benjamin Wäntig.