Abstands-Kollektiv – Gemeinsam ein Stück schreiben
Eine Schreibwerkstatt am Saarländischen Staatstheater
45 Abstandsautor*innen (von 6 bis 70 Jahre alt) haben im Homeoffice mehr als sieben Wochen lang Texte geschrieben mit dem Ziel gemeinsam ein Theaterstück zu schreiben.
Jeden Donnerstag bekamen sie von mir eine Schreibanweisung per E-mail und haben jeden Mittwoch ihre Texte zurückgeschickt.
Durch die wöchentliche Mischung der Texte wurden Figuren, Orte und Situationen zwischen den Teilnehmenden ausgetauscht und schließlich entstand so eine Kette verschiedener Texte.
Lena stellt sich zum Beispiel die Figur von Edgar Stock vor: 13 Jahre alt, grüne Augen, orange als Lieblingsfarbe. Edgar mag die Blues Brothers und das Buch »Die drei ??? und der Super-Papagei«, aber hasst Rosenkohl. Zeitgleich aber an einem komplett anderen Ort im Saarland ruft Frank von zu Hause eine andere Figur ins Leben: Marc Muller, 35 Jahre alt, blaue Augen. Marc hat als Lieblingsfarbe schwarz und arbeitet als DJ. Wahrscheinlich gibt es einen Zusammenhang mit der Tatsache, dass Marc kein Frühaufsteher ist.
Mit solchen Figuren als Inspiration schreibt nun Rebecca, eine andere Teilnehmerin des Abstands-Kollektivs ihren idealen Quarantäne-Ort, wo man dem Rauschen des Meeres lauschen kann. Dabei leitete sie ihren aktuellen Lieblingssong »Our Last Summer- Mamma Mia« weiter, der später Lena helfen soll in die Stimmung des Ortes hineinzukommen und weiter zu schreiben…
Als Vorgeschmack auf das fertige Stück lesen Sie hier Rebeccas Fantasie:
Wenn ich die Augen öffnen würde, sähe ich als erstes das tiefblaue Schimmern der Kristalllampe über mir hängen. Die einzelnen Kristalle klirren sanft aneinander und breiten ein Gefühl der Ruhe in mir aus. Das vor mir weit geöffnete Fenster lässt eine sanfte Meeresbriese hineinwehen. Dieser salzige Meeresgeruch ist alles was ich brauche, um mich wohl zu fühlen. Die weißen fast transparenten Vorhänge öffnen sich mit dem warmen Windstoß leicht und machen Platz für eine atemberaubende Aussicht. Meer, so weit das Auge reicht. Wer hätte gedacht, dass ich tatsächlich mal in Sardinien enden würde? Das sanfte Rauschen der Wellen wird durch das Klirren des von der Decke hängenden Windspiels neben mir unterbrochen. Ich drehe mich zur Seite und sehe, dass sich hinter meiner geöffneten Zimmertür meine Rutsche verbirgt. Entspannt gehe ich auf die Tür zu und an meinem Aquarium vorbei, an dem meine beiden Fische Winfried & Diane ungestört umherschwimmen. Dank meiner gestrigen Putzarbeit wirkt das tiefblaue Wasser heute klarer denn je. Im Wohnzimmer angekommen steht auch schon meine Rutsche. Viele, die mich bisher besuchten haben, sind vor dieser massiven und, zugegebenen, etwas absurd wirkenden Rutsche bei erstem Hereintreten oft zurückgeschreckt, aber was kann ich sagen? Niemand darf das Kind in sich vergessen.(Rebbeca)
Anna Arnould-Chilloux,
Theaterpädagogin