In memoriam: Von einem Ensemblemeeting – als Lockerungsdebatten für Konsum und Wirtschaft kamen, nur kein öffentliches Wort die Theater bedachte.
5.5.2020, »Apropos Kulturfrönen: Bei der Ensembleversammlung des Schauspiels Anfang Mai war die Relevanzdebatte hierzulande Thema. – Unangefochten gilt doch eigentlich: Kunst, Kultur, Geist, Gedanken(Bildung) nähren auch und ideell nachhaltiger, machen sie eine demokratisch strukturierte Gesellschaft erst zu der demokratiefähigen Gesellschaft, wie wir sie schätzen. Und wollen. Solidarität mit der Kunst, die unser aller Kunst und Freiraum ist!«
Ein stückweit ist es wohl passé: die Relevanzdebatte. Manchmal, da höre ich es noch, das Wort »systemrelevant« und zucke dann kurz zusammen. Nicht, weil Geist nicht dazu zu gehören scheint, nicht aus eitlen Grundgedanken heraus, sondern, weil das Zeitalter des Wissens im breit-öffentlichen Diskurs paradoxerweise keines des lustvollen Denkens zu sein scheint.
Und, zugespitzt formuliert, keines der Auseinandersetzung. Fakten und fake Fakten, ja. Der Forschung (die kein Fake ist – ich erkenne sie an!), ja. Der Empirie. Auf viraler Ebene hält kein Gedanke das Elend auf – das sehe ich ein. Aber gegen all die anderen Elends, Elende und Elendi? Als Kind der 80er muss ich mir die Wortbedeutung, die gelebte, von Demokratie immer noch erarbeiten. Und ganz ehrlich: die Selbstverständlichkeit ihrer Präsenz, wie sie da war und blieb und da ist, die ist mir ein ungeheures Geschenk.
Ungeheuer auch im Sinne von: nicht geheuer. Großartig und unheimlich fragil. Immer weiter pflegebedürftig. Was könnte ein systemstabilisierendes Element wie Geist und alle mit ihm zusammenhängenden Ausformungen – wie Sprache und Kunst – aus dieser Perspektive anders sein als systemrelevant? Sofern es pandemische Zustände erlauben: fröhliches relevantes Kulturfrönen allerseits.
Bettina Schuster-Gäb,
Schauspieldramaturgin