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Der Dramaturgieschreibtisch

Botschaften, die auf der Straße liegen II.

Neue Botschaften von der Straße. Heute und morgen und immer: Weltfrauentag.

Zum Nicht-Frauentag am 17. März 2021
(auch noch übermorgen gültig)

Heute ist kein Frauentag und morgen auch nicht. Und auch gestern war er es nicht. Er wird wiederkehren, sicher, nur Geduld. Aber, tja, ich habe ihn schlichtweg verpasst. Ein Tag im internationalen Kalendarium, der einfach zu schnell vorbeigeht. Unsere Geschlechtlichkeit hingegen bleibt 365 Tage im Jahr unsere Identität. Also, meistens ist sie folglich da. Manchmal für die Anderen sichtbarer als für eine selbst. Und bestimmender, determinierender als eine meint.

Ich hatte ein längeres Gespräch mit einem Mann neulich. Er steht mir nah und so war ich doppelt verwundert über eine fehlende Erfahrung in seinem Leben: nämlich, dass die Einschätzung und Behandlung durch Andere, zumal wenn sexualisiert, das eigene Handeln zuweilen lähmt oder zumindest nicht unbeeinflusst lässt. Ist es, weil er als Mann anders sozialisiert ist? Oder weil er ein anderer Mensch ist? Sind meine internationalen Freundinnen und ich denn gleich?

Dies schreibe ich, ohne aktuell unter Umständen zu leiden – es ist kein Lamento. Und auch keine Anklage. Eher ein Bericht vom empathischen Perspektivenplausch am Küchentisch. Und ein Plädoyer für gegenseitige Sensibilisierung. Feministisch Frau oder Mann zu sein – proaktiv Projektionen aufklärend, im vollen Bewusstsein der eigenen Fähigkeiten und diese qua Selbstermächtigung auslebend – es verlangt vielen Frauen und Männern aller Altersklassen tagtäglich viel Kraft und Fokus ab. Irgendwie ist heute doch Frauentag. Und morgen auch. Ein Wort zum 8. März – ohne Schlussgedanken.

Bettina Schuster-Gäb,
Schauspieldramaturgin