Vamos, Corazón ist ein Abend über Herzen, die zwischen zwei Kontinenten schlagen.
Auf der Bühne verweben sich persönliche Geschichten mit traditionellen und modernen Rhythmen Lateinamerikas: der treibende Puls des Guaguancó, die entfesselte Energie des Mapalé, das Schweben einer Ballade oder der Gesang einer Gaita. Moderne Folklore erzählt davon, wie zeitlos die Liebe zur eigenen Kultur und der Herkunft ist und lädt dazu ein, das Leben mit all seinen Hindernissen, Höhen und Tiefen zu feiern.
Klassiker wie „La Bruja“ greifen Themen wie Körper, Identität und Feminismus auf und verbinden sie mit gelebten Geschichten.
Unser Repertoire ist Erinnerung und Gegenwart zugleich und jedes Stück eine Brücke. In „Yoruba Andando“, einem kubanischen Guaguancó, der seine Wurzeln in der Yoruba Religion hat, erklingt ein Loblied auf Elegguá, den Gott, der Wege öffnet, während „Sabor a viento“ die Unsicherheit und Schönheit des Dazwischenseins besingt – ein Leben zwischen Orten, Sprachen und Zugehörigkeiten. Die Klänge sind nicht bloß Begleitung der Geschichten, sie sind ihre Resonanz, ihr Spiegel und manchmal ihr Vorgriff.
Getragen wird das musikalische Gerüst von Menschen, deren Biografien selbst aus Übergängen bestehen. Jhonatan Giraldo, geboren in Pereira, Kolumbien, bringt mit seiner Gaita und dem Tambor Alegre den Atem seiner Heimat in jede Improvisation ein. Wo er ist, ist auch seine Kultur, sind seine Klänge und die Liebe zu seiner Herkunft. Und auch meine Stimme lässt deutsche und ecuadorianische Wurzeln erklingen: aufgewachsen zwischen zwei Kulturen, zwischen Sprachen und Geschichten, öffnet sich mir im Klang immer wieder ein Ort, der beides zugleich enthält. „Sabor a Viento“ ist eine Spur dieses Weges.
Vamos, Corazón ist für mich eine Feier der Wege, die sich kreuzen, verlieren und wiederfinden – ein Abend, der zeigt, wie Erinnerung und Gegenwart im Klang ineinanderfließen können.
Philipp Preuss brachte 2024 Wolfgang Borcherts Kriegsheimkehrer-Stück Draußen vor der Tür in Saarbrücken heraus. Nun inszeniert er mit Gier von Sarah Kane und Sonne, von Elfriede Jelinek, zwei Theaterstücke von weiblichen Dramatikerinnen.
Simone Kranz Sarah Kane und die Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek – das sind gleich zwei leuchtende Sterne am Dramatikerinnen-Himmel. Warum dieser Doppelabend?
Philipp Preuss: Sarah Kane schreibt in „Gier“ rauschhaft über Gewalt und die rasende Sehnsucht nach Liebe und die Überwindung der eigenen Individualität. Sie trifft auf Elfriede Jelinek, die in einem Monolog die Sonne, die aufgeht, ausgeht und untergeht, auftreten lässt. Sie beleuchtet so Tag für Tag eine Menschheit des Misanthropozäns, (Anm: Zeitalter der Menschenfeindlichkeit), die durch die Zerstörung ihres Lebensraums am eigenen Untergang arbeitet. Die Sicht der Ich-Auflösung Kanes und die heliozentrische universelle Perspektive Jelineks sind in unserem egozentrischen Weltbild radikal politisch.
SKMusik spielt in der Inszenierung eine große Rolle. Was war dabei dein Interesse?
PP Die Sprache beider Texte ist höchst musikalisch: Sarah Kane schreibt in kurzen dynamisierten Dialogfetzen, Elfriede Jelinek in virtuosen Sprachspielen. Die beiden Schauspieler*innen Gaby Pochert und Jonathan Lutz haben dazu eine musikalische Lied- und Sound Ebene geschaffen. Beide Textskulpturen stellen universelle Fragen nach Liebe, Gewalt, Unbewusstem, Tod. Fragen, die immer wieder neu bearbeitet und beleuchtet werden, weil sie noch nicht beantwortet sind, eventuell weil sie einfach nicht endgültig zu beantworten sind. Das hat mich interessiert.
Mit zwei außergewöhnlichen Dramatikerinnen beginnt die Spielzeit in der Alten Feuerwache: Die 1971 in der Grafschaft Essex geborene Sarah Kane studierte an den Drama Departments der Universitäten Bristol und Birmingham. Die Uraufführung ihres Debütstücks Zerbombt am 17.01.1995 am Royal Court Theatre in London wurde in England zu einem Skandal und etablierte Kane zugleich als eine der wichtigsten Dramatikerinnen der 90er Jahre. Zwischen 1995 und 1999 folgten die Stücke Phaidras Liebe (UA 1996), Gesäubert(UA 1998), Gier (UA 1998) und 4.48 Psychose(UA 2000). Außerdem führte sie bei Produktionen der Gruppe Paines Plough am Gate Theatre in London Regie. Ihr Drehbuch Skin wurde von Channel Four/British Screen verfilmt. Nach mehreren Klinikaufenthalten setzte Sarah Kane im Februar 1999, im Alter von 28 Jahren, ihrem Leben durch Freitod ein Ende.
Die 1946 in der Steiermark geborene und in Wien aufgewachsene Elfriede Jelinek, erhielt bereits früh eine umfassende musikalische Ausbildung. 1960 begann sie am Wiener Konservatorium Klavier und Komposition zu studieren, anschließend, nach dem Abitur 1964, Theaterwissenschaft und Kunstgeschichte an der Universität Wien. Nach Abbruch des Studiums 1967 begann sie zu schreiben und zählt mittlerweile zu den bedeutendsten deutschsprachigen Gegenwartsautorinnen. Neben ihren (über 50) Theaterstücken verfasste sie Lyrik, Essays, Übersetzungen, Hörspiele, Drehbücher und Libretti sowie die Romane wir sind lockvögel baby (1970), Michael. Ein Jugendbuch für die Infantilgesellschaft (1972), Die Liebhaberinnen (1975), Die Ausgesperrten (1980), Die Klavierspielerin (1983), Lust (1989), Die Kinder der Toten (1995), Gier (2000) sowie den Prosaband Oh Wildnis, oh Schutz vor ihr (1985) und den Privat- bzw. Internetroman Neid (2007-2008). Im Herbst 2022 kam Claudia Müllers Film Elfriede Jelinek – Die Sprache von der Leine lassen in die Kinos und wurde 2023 in der Kategorie «Bester Dokumentarfilm» sowohl mit dem Deutschen Filmpreis (Lola) als auch mit dem Österreichischen Filmpreis ausgezeichnet. Auf ihrer Homepage https://www.elfriedejelinek.com veröffentlicht Elfriede Jelinek laufend neue Texte und Essays zu politisch relevanten Themen. Neben zahlreichen Auszeichnungen und Preisen, erhielt sie 2004 den Literaturnobelpreis für „den musikalischen Fluss von Stimmen und Gegenstimmen in Romanen und Dramen, die mit einzigartiger sprachlicher Leidenschaft die Absurdität und zwingende Macht der sozialen Klischees enthüllen“, wie es in der Laudation des Nobelpreiskomitees heißt.
Ich bin Elizabeth Suárez. Ichkomme aus Kolumbien und bin verheiratet mit einem Deutschen. Ich habe in meiner Heimat Jura studiert, aber hier nicht in diesem Bereich gearbeitet. Ich habe in verschiedenen Vereinen wieDeLaGe Deutschland, der lateinamerikanischen Gesellschaft, gearbeitet und ich habe immer Lust mit Leuten zu kommunizieren, sie zu treffen und etwas im Kulturbereich zu machen.
Ich heiße Ana Martínez. Ich komme aus Nicaragua und bin im September seit 23 Jahren hier in Deutschland. Ich bin verheiratet. In Nicaragua habe ich Zollbeamte studiert, das wurde hier nicht anerkannt. Hier habe ich eine Ausbildung zur Altenpflegerin gemacht und arbeite in einem Seniorenheim in Merzig in einer Demenzstation, diese leite ich auch.
Hallo, ich bin Paola Rábago. Ich bin 27 Jahre alt und komme aus Saltillo, Coahuila Mexiko. Ich bin nach Deutschland gekommen, um eine Ausbildung in der Pflege zu machen. In meiner Freizeit mache ich Theater, weil es meine große Leidenschaft ist. Seit ich acht Jahre alt bin singe ich und ich liebe es, diese Leidenschaft mit anderen zu teilen.
Was bedeutet euch Kunst und Theater?
Elizabeth: Wir können nicht ohne Kunst oder Theater leben. Mit einem Stück Theater oder mit einem Stück Musik oder mit einem schönen Bild teilen wir uns mit. Als Zuschauerinnen denken wir an die Arbeit, die dieser Künstler oder die Künstlerin gemacht hat und an die Gedanken, die seine oder ihre Produktion inspirieren.
Ana: Für mich ist das ganz, ganz, ganz neu. In meiner Heimat war ich noch ziemlich jung und hatte keine Möglichkeiten oder Ressourcen so etwas zu machen. Und jetzt ist Theater für mich befreiend. Ich kann die Sachen, die ich verstecke, wieder rausholen. Das ist auch eine Herausforderung, weil das komplett neu ist und auch Angst macht.
Paola: Kunst ist für mich die Form, in der wir Menschen uns ehrlich ausdrücken können. Theater ist für mich mein sicherer Ort, wo ich alles sein kann, was ich immer sein wollte. Es ist eine Art anderen zu zeigen, was ich fühle und meine persönliche Geschichte zu erzählen. So entsteht ein ganz besonderer intimer Raum.
Wie erlebt ihr die lateinamerikanische Community in Saarbrücken?
Elizabeth: Ich kenne die lateinamerikanische Community seit vielen Jahren, durch Cecilia Paladines und durch die DeLaGe. Ich habe mit dem Latino Film Festival gearbeitet oder mit lateinamerikanischer Musik. Ich kenne viele Musiker:innen aus Lateinamerika, deswegen ist es für mich etwas Normales, mich in dieser künstlerischen Welt zu bewegen. Deshalb habe ich auch die WhatsApp Gruppe Hola SaarLorLux initiiert, ein Forum zum Austausch über lateinamerikanische Kultur in der Region. Ich werde es weiter ausbauen.
Ana: Für mich ist es das Gegenteil. Ich bin ganz neu in der ganzen Integration mit den Latinas hier. Ich habe mich jahrelang nur in deutschen Kontexten bewegt, weil ich mich sehr auf die deutsche Sprache konzentriert habe. Und jetzt vernetze ich mich endlich mit der Community und spiele auch bei Los Mutantes.
Paola: Die lateinamerikanische Community ist für mich sehr sehr wichtig. Auch wenn wir uns früher nicht kannten, fühlt es sich hier in Deutschland so an, als ob wir hier füreinander ein Zuhause sind. Es ist wunderschön, wie viel wir miteinander teilen können. Für mich ist das wie eine große Familie im ganzen Land.
„Vamos Corazón“ – was bedeutet das für euch?“
Elizabeth: Ich bin das Gegenteil von Ana, ich bin neu im Theater. Ich liebe Musik, ich liebe Theater, Oper und so weiter, aber ich habe nie gedacht, dass ich einmal spiele oder dass ich auf der Bühne sein werde, für mich war das eine Utopie. Ich habe damit angefangen, weil es mir Spaß macht.
Ana: Für mich ist „Vamos, Corazón“ wie eine Versöhnung mit mir selbst, es bedeutet meine Gefühle wieder aufzuwecken. Wenn ich hierherkomme, wenn ich die Geschichten der anderen höre, dann denke ich: Lateinamerika, das bin auch ich. Das ist für mich „Vamos, Corazón“: etwas, wo ich hingehöre.
Paola: „Vamos, Corazón“ ist für mich ein Ausdruck unserer Wurzeln. Es sagt was uns als Lateinamerikaner, Lateinamerikanerinnen ausmacht. Dass wir alles mit dem Herzen machen, wir zeigen unsere Sensibilität und auch unsere Verletzlichkeit. Ich finde es wunderschön, das mit den Menschen teilen zu können.
Paola: Ein Tipp ist: Hört auf euer Bauchgefühl, bleibt eurer lateinamerikanischen Identität treu und glaubt an euch selbst. Manchmal ist es das Wichtigste, den Kopf klar zu behalten, damit wir uns auf unserem Weg nicht verlieren. Denn es ist sehr sehr sehr wichtig, unsere Identität als Lateinamerikaner:innen zu behalten. Es ist, was uns ausmacht. Eso es lo que nos convierte en quienes somos.
Vorabfoto mit Laura Trapp und Raimund Widra | Foto: Jennifer Hörr
1 zukunft ist verlängerung der gegenwart/vergangenheit und eben auch nicht/ beim lesen wird mir klar dass alles so kommen kann wie es da steht/ aber eben auch nicht muss! die scheinbar dystopische beschreibung könnte viel schlimmer sein!/ aber eben auch viel besser.. natürlich ist es eben wirklich eine frage was gut/ schlecht ist.. und mir wurde sehr klar /dass es eben sehr wohl (! ) an jedem einzelnen liegt wie es in 20 /30 jahren sein wird/ also wie unsre kinder dann leben werden/und der rest von uns/ das bedeutet /dass das stück eben auch eine aufforderung bedeutet: seine eigene position (mit hilfe des textes ausfindig zu machen /und wenn möglich/hinsichtlich seiner eigenen möglichkeiten/einschätzungen und absichten danach auch folgerichtig zu handeln… 2 persönlich ist der gedanke unangenehm: dass es »dann«(zukunft) irgendwie immer eine art »abrechnung« gibt/ Und das sowohl: von den anderen/ als auch von einem selbst! wenn man dazu noch zeit hat/sie sich nimmt / also wie weit ist man selber gegangen auf dem weg ?/in welche richtung?/ wo hätte er/ich/sie/es anders abbiegen sollen/können?/vielleicht müssen? .. wobei der gedanke wohltuend ist/dass die jeweiligen determinationen/
die die personen grundiert/führt und beschränkt/ schon ziemlich umfangreich ist/ (also wie sich frau/mann/weisser /schwarzer/alter/junger/kranker/starker reicher/armer /diverser zu verhalten haben: angesichts der jeweiligen sozialen/moralischen/kulturellen/ökonomischen /politischen vorstellungen einer gesellschaft) will sagen: mein »gestaltungsfreiraum« ist eben gerade nicht so »enorm« wie es werbung/erziehung/medien/der staat/ und alle anderen einem suggerieren/das heisst einerseits mein »eigenanteil an weltveränderungspotential« ist definitiv gering/ aber!/das abschieben der verantwortung auf die »herrschenden« ist eben auch eine lüge/weil sie es ja nicht sind :»die herrschenden«/ sondern nur die menschen /»die uns und viele güter besitzen«/ (als auch die ästhetische deutungshoheit:»der herrschende geschmack ist der geschmack der herrschenden«b.b.) aber alles (!) ist immer in bewegung (also auch die herrschaftsverhältnisse!)/also sollten wir uns doch einmischen! 3 die 3- teilung des textes hat mehrere gründe /einmal geht es in der tat darum ästhetisch so etwas wie ein tryptichon herzustellen / als eine art »altar mit 3 seiten« (der nacheinander aufgeklappt werden kann)/(vielleicht im kontext zu marys ästhetischen vorstellungen)/ ..wo die einzelnen flügel sich gegenseitig beleuchten/und so eine mehrdimensionalität »erscheinen« könnte/ andererseits geht es darum verschiedene möglichkeiten/tangenten vom heute in die zukunft zu ziehen/und zu verlängern/ Und diese sich hypothetisch zu vergegenwärtigen.. und schlussendlich finde ich das »spiel mit der zeit« reizvoll/will sagen/in beide zeitachsen (vor- zürück) ist eine darstellung möglich!!/wobei die rückwärts laufende mir zwar schwieriger /aber nach wie vor reizvoller erscheint/
4 die 3 bücher/ bilden imaginiert 3 verschiedene aufeinanderfolgende zeiten ab: (vor allem aber ja 3 verschiedene orte:) 4.1. buch 3( kurz nach dem 3. weltkrieg )zeigt eher ein gemälde wie ich es mir nach dem 30-jährigen krieg in europa vorstelle: alles liegt noch in schutt asche/hunger krankheiten gewalt überziehen das land und wir sehen 2 menschen (wanna und foe) wie sie einen ähnlichen weg richtung »gelobtes land« erleben/erstreben/unterschieden (aus weiblicher und männlicher sicht/) am ende ein temporäres glück(wie jedes glück) von jungen menschen /die noch einen langen weg vor sich haben/
4.2. spielt einige zeit/(jahre später )in einer megametropole/die schon absolut überwacht und technokratisch organisiert ist/ (ich war nur einmal in china in einer 34 millionen-stadt aber so »dinge« habe ich da gefühlt) hier agieren die ki- figuren als anwälte des staates /als ordnungsapparate /aber auch als produzenten /therapeuten und management- ausführende in unterschiedlichen rollen/ foe und mary sind 2 »humanoide«(hier im sinne von »teilmenschlich« verstanden) aussenseiter /beide verletzt/ er/psychisch -sie physisch/ sie bilden ein ungleiches paar und mary versucht eigentlich durch und über: kunstproduktion und kunsterörterung / so etwas wie ein produktives auf kommunikation /spiel und/oder manufaktur beruhendes leben zu schaffen / in einer welt in der es scheinbar keinen »widerstand« sondern nur noch entropie/also: den versuch zur absoluten ordnung Gibt/ (in diesem teil wird deutlich /dass nicht die ki-robots »böse« sind /sondern die memschen /die sie programmieren(lassen) aber auch /dass in dieser(!) ki-welt so etwas wie »widerstand« ähnlich wie bei »1984« oder in »brazil« kaum noch eine chance hat… 4.3. hier noch einige zeit später sehen wir die »absolut andere seite/« Wir sind in : einer völlig zerstörten müll- und todeswelt/ auf der die ausgestossenen /kaputten aber eben noch »überlebt habenden/« versuchen zu existieren/ und neue oder scheinbar alte (?)formen des zusammenlebens ausprobieren /reorganisieren/ Diese welt ist erstaunlicherweise grösstenteils (wie heute in somalia/jemen /haiti z.b) längst realität/ (nur eben nicht unsere) .. spannend wird die experimentieranordnung für »privilegierte zuschauende« dadurch/dass eine »ausgestossene person der oberen mittelschicht« (anthony) versucht: in die welt der freaks/halb-menschen und outlaws einzudringen /diese begehren nach einem »anderen« leben bezahlt Der aus dem chor der bürger ausgestossene(anthony) relativ schnell mit dem tod / weil er die herrschenden »archaischen« regeln nicht akzeptiert/versteht/wahrhaben will/ .. celine/rimbaud/jack london(wolfsblut)/tolstoi(der lebende leichnam)/marianne herzog(nicht den hunger verlieren) haben solche »reisen« in andere milleus /kontinente und lebensentwürfe schon vorher beschrieben und teilweise(rimbaud) dafür mit ihrem eigenen leben bezahlt..
seltsamerweise erscheint in diesem teil der hauptaspekt des sonstigen textes:»die einsamkeit« eine eher untergeordnete rolle zu spielen! /vielleicht weil die unglaubliche anstrengung des überlebens dazu keine zeit lässt oder Diese systeme (trotz ihrer härte) eine relative stabilität erzeugen/darstellen.. 5 die ki figuren sind möglichst symphatisch oder zumindestens komisch gestaltet/ Und darzustellen!!! (wie gesagt: sie selber können nicht »böse« (sein allerhöchstens die programmierer/) gerade in ihrer unfertigkeit/naivität liegt ihr charme ihre komik!/ und manchmal eben auch (wie bei wanna-ki) ihr widerstandspotential.. 6 die genre der 3 bücher untescheiden sich und soll(t)en auch möglichst unterschiedlich dargestellt werden/ so dass das triptychon wirklich plastisch wird! .. buch 2 ist eine melancholische komödie mit starken essayistische zügen/ buch 3 ein roadmovie und natürlich eine liebesgeschichte aber auch ein »coming out of age drama«/ buch 1 der eigentlich science fiction: anfangend mit einer art »teacher-stand up comedy« so ist zumindstens der plan!!!
Stephanie Schulze: »Hoffmanns Erzählungen« verbindet mehrere Liebesgeschichten, in denen der Erzähler Hoffmann selbst zum Protagonisten wird, in einem Spiel zwischen »Realität« und »Phantasie«. Was hat deine Phantasie entzündet, als du dich diesem Stück genähert hast?
Bente Rolandsdotter: Wir gehen mit unserer Produktion auf die Reise in eine Welt von Erinnerungen und Nostalgie, von Liebe und Zweifel. Der große Humor, aber auch der Umgang mit Liebe und Wahnsinn in »Hoffmanns Erzählungen« verlangen nach phantastischen, überdrehten Kostümen. Für die Kostüme waren übergroße, markante Silhouetten und eine sorgfältig zusammengestellte Farbpalette eine große Inspirationsquelle. Kardinäle, die sich in Schachfiguren verwandeln, eine gnadenlose Studentengruppe in der Uniform toxischer Männlichkeit und eine Party am frühen Morgen, die die Form eines Bacchanals annimmt.
In welche Räume führt ihr Hoffmann und auch das Publikum?
Marian Nketiah: Die Räume, die der Zuschauer erlebt, sind vielmehr Gedankenwelten als reale Orte. Es sind Versatzstücke aus Hoffmanns Erinnerungen – etwa der Balkon einer Wohnung, der Altar einer Kirche, die Duschen einer Jungen-Umkleide. Orte, an denen prägende Momente erlebt und Erinnerungen geschaffen wurden. Ähnlich wie an einem Filmset existieren diese Orte gleichzeitig und nebeneinander und bilden die Kulissen für einzelne, fragmentarische Momente und Szenen, die als eine Art »Kopfkino« Hoffmanns bezeichnet werden können. Dieses »Kopfkino« erleben wir als Zuschauer nicht nur auf der Bühne, sondern auch auf der Leinwand, die stetig um das Bühnengeschehen kreist und auf der immer wieder Videoprojektionen zu sehen sind. In den Videos sehen wir entscheidende Momente zwischen Hoffmann und Stella.
Szene aus »Hoffmanns Erzählungen«
In den Videos sehen wir dann entscheidende Momente zwischen Stella und Hoffmann an realen Orten, jedoch nicht frei von Surrealität, wenn zum Beispiel durch Schnitte Räume nahtlos gewechselt werden können bzw. ineinander übergehen. Oder Figuren scheinbar durch Wände gehen können. Das ist sehr nah an Hoffmann.
Auf der Bühne führt ihr das Thema der gespaltenen Persönlichkeit und auch das Spiel mit Doppelgängern fort. Hoffmann taucht gleich mehrfach auf …
BR: Es handelt sich um einen traumähnlichen Zustand, in dem Hoffmann durch Erinnerungen und Reflexion versucht zu verstehen, was in der Beziehung schiefgelaufen ist. Indem wir mehrere Hoffmanns in jeweils unterschiedlichem Alter auf der Bühne haben, schaffen wir für ihn die Möglichkeit, seine Vergangenheit neu zu gestalten und sich seine Zukunft vorzustellen. Diese vielschichtige Erzählweise zeigt sich im Kostüm durch eine dunkle, verzerrte Sicht auf die Welt, die auch von grotesken Gestalten bevölkert wird. Erinnerungen verschmelzen mit verworrenen Alpträumen. Das geblümte Hemd von Hoffmanns erstem Date geht über in einen verwaschenen Bademantel und später in ein übergroßes, fleckiges Künstlerhemd. Die warme Farbpalette mit nostalgischen Rosa- und Orange-Tönen, sowohl bei Hoffmann als auch bei Stella, trifft auf das gnadenlose Schwarz-Weiß der Außenwelt.
Die Episoden lesen sich als Variationen von Fehlschlägen in einer Liebesbeziehung zwischen zwei Künstlern. Wer ist Stella bzw. die anderen drei Frauen? Und wie seid ihr mit dem männlichen Blick auf Stereotypen von Weiblichkeit umgegangen?
BR: In unserer Version lebt Stella in Hoffmanns Erinnerung, als seine Nachbildung dessen, was passiert ist. Hoffmann sieht in diesem Rückblick Stella in verschiedenen Versionen, stereotype Frauenfiguren seiner eigenen Erinnerungen: Sie wird zur Braut (Olympia), die in einem riesigen Brautkleid ertrinkt, zur künstlerischen Seelenverwandten (Antonia) im passenden Partner-Bademantel und zuletzt zu einer Mischung aus dekadenter Nachtclubsängerin und mythologischer Sirene (Giulietta), die von ihrer Klippe ruft. Für Hoffmann stellt Giulietta die sexuelle Bedrohung einer Frau dar, die ihre Sexualität unter Kontrolle hat, während er selbst als alternder Mann seine frühere Stärke verliert.
Es gibt noch eine andere Frau, die Hoffmann begleitet. Die Muse, die bei euch in ihrer ganzen Körperlichkeit erscheint. Wie habt ihr zu dieser besonderen Erscheinung gefunden?
BR: Wir wollten, dass Hoffmanns innere Kräfte mit Ego und Muse auf der Bühne Gestalt annehmen, ein Yin und Yang des Geistes, nackte Zwillingsengel, die um die Kontrolle über seine Gedanken ringen und kämpfen. Die Nacktheit der Muse ist aus einem langen Prozess erwachsen. Ich habe nach einem freien weiblichen Körper gesucht, frei von jeglicher Norm und sexuellen Konventionen. Ein weiblicher Körper, der gleichzeitig menschlich, lustig, schön, funktional und auch müde sein darf.
Um diesen Bodysuit anzufertigen, habe ich alles Mögliche ausprobiert: Wie bewegt sich die lose Haut des Arms, wo genau geht die Wölbung der Schulter in die Rundung des Bauchs über und wie groß ist eine »ganz normale« Brustwarze? Muses Körper aus Trikotstoff, Schaumstoffperlen, Polsterung und Silikon zu erschaffen und dabei ohne Wertung oder mit dem Wunsch nach Konformität oder Kontrolle auf ihn zu blicken, war eine Befreiung. Es geht mir dabei auch darum, sich selbst und andere mit Neugier und Freude zu betrachten.
Szene aus »Hoffmanns Erzählungen«
Der Körper ist ein wichtiger Topos sowohl in E.T.A. Hoffmann’s Erzählkosmos als auch in der Oper: nicht nur der als schön gelesene Frauenkörper, auch der deformierte Körper von Kleinzack, der leblose Puppen-Körper von Olympia, der kranke Körper von Antonia, die Macht und Ohnmacht im Zusammenhang mit Sex … Wie spiegelt sich dieses Thema in eurer Performance wider?
BT: Auch der männliche Körper wird in unserer Inszenierung thematisiert. Während Hoffmann nach Klarheit darüber sucht, warum seine Beziehung gescheitert sind, wird sein Körper als Träger von Zugehörigkeit und als einzige Grundlage seiner Existenz greifbar. Es stellen sich Fragen: Wo beginne ich, wo höre ich auf? Ich wollte, dass die drei verschiedenen Altersstufen von Hoffmann durch Farbe und Muster miteinander verbunden sind, aber das Gefühl des Kostüms spiegelt auch wider, wie Hoffmanns Körper im Verlauf der Aufführung immer verletzlicher wird.