Sobald eine Komödie oder ein Lustspiel auf dem Programm stehen, erwarten alle gute Unterhaltung und Theaterspaß pur. Auf meinem Dramaturgie-Schreibtisch stapeln sich Bücher wie »Bürgerliches Lachtheater«, »Texte zur Theorie der Komik« oder »Das Lachen« und als Dramaturg der Produktion »Trüffel Trüffel Trüffel« habe ich, gute Laune verbreitend, »eine urkomische Geschichte« angekündigt und nenne den Autor Eugène Labiche »Meister des französischen Lustspiels«. Auch in einigen Presse-Vorberichten spricht man, wenn auch noch vorsichtig abwartend, von »Theaterspaß« mit einer gewissen »Amüsier-Garantie«.
Doch im Arbeitsalltag des Theaters flößt jede Komödie, jedes Lustspiel, den Macherinnen und Machern den allergrößten Respekt ein. Heißt es doch in der Branche: Nichts ist schwieriger als eine Komödie! Nicht nur weil Regie wie Darsteller*innen gleichermaßen ein großes Gespür für Wortwitz, Timing und Situationskomik an den Tag legen müssen, sondern dabei auch noch anspielungsreich, intelligent, irrwitzig und voller Esprit sein sollen.
Aber eine Komödie ist auch deshalb nicht ohne, weil die Reaktionen des Publikums entscheidend für den erwarteten Theaterspaß sind. Dabei fühlen wir uns als Zuschauer selten so als Theater-Experten wie bei einer Komödie. Schließlich weiß man, ob man sich amüsiert hat oder nicht! Hat man gelacht, war es lustig, hat man nicht gelacht, war es nicht lustig! Die Lage scheint eindeutig.
Doch über was lachen wir, wenn wir in einer Komödie lachen? Was finden wir komisch? Was nicht? Wann sind wir bereit zu lachen? Und wie bewerten wir unser Lachen und das Lachen der anderen? Gibt es doch das böse Bonmot von Fritz Kortner: »Ich habe zwar gelacht, aber weit unter meinem Niveau.« Doch ist Lachen eine Frage des Niveaus? Lächerlich!
Schon der alte Literaturwissenschaftler und Theaterkritiker Volker Klotz reflektiert in seinem bekannten Werk »Bürgerliches Lachtheater« die Spielarten der »heiteren Dramatik«, spricht von einer »Neigung zum Lachen« und definiert Komik als »Entstellung gewohnter Abläufe und Verhaltensweise«.
Doch kann diese »Neigung zum Lachen« in Zeiten von Corona-Schutzmaßnahmen ausgelebt werden und das berühmte ansteckende Lachen entstehen, wenn alle sich durch einen 1,5 Meter Sicherheitsabstand vor jeder Ansteckung schützen?
Es kann, denn Lachen bleibt »eines der Merkmale, die den Menschen von anderen Lebewesen unterscheiden« und die Gründe zum Lachen sind wie das Lachen selbst vielfältig. Der Mensch hebt sich als »Tier, das lachen kann«, hervor, aber der Mensch ist auch das »Tier, das lachen macht« – wie es in dem Essay »Das Lachen« von Henri Bergson heißt.
Und für Eugène Labiche wird dieses Tier zum Gegenstand seines komödiantischen Schreibens. »Ich habe mich fast ausschließlich dem Studium des Bourgeois, des Philisters gewidmet, dieses Tier bietet dem, der es sehen kann, zahllose Möglichketen; es ist unerschöpflich.«
Doch wer ist bereit, diese unterschiedlichen Facetten des Seins im Spiegel- und Zerrbild der Komödie zu betrachten? Wer kann das gesellschaftliche, manchmal geradezu lächerliche oder sogar alberne Streben nach Anerkennung und Erfolg mit Humor und Selbstironie in Augenschein nehmen? Jeder der es möchte, denn die humorvolle Selbstreflexion ist ein Angebot, das die Lustspiele von Labiche einem Theaterpublikum machen.
Aber wie vergnüglich kann es auch sein, über den anderen zu lachen. Doch was sind die Gründe, die uns zum Lachen bringen? Bergson führt die »komische Physiognomie«, den »lächerlichen Gesichtsausdruck«, aber auch die »Komik der Gebärden und Bewegung« an.
Aber auch groteske Übertreibungen, burleske Szenen oder schräge Klamotten können uns in den glücklichen und befreienden Zustand des Lachens versetzen.
Wie das Lachen zum Menschen, so gehört die Komödie zur Geschichte des Theaters. Seit der Antike ist es den Künstlern ein Grundbedürfnis zu spotten, zu albern, zu scherzen und die Welt auf den Kopf zu stellen.
Was für eine wunderbare Perspektive!
Horst Busch,
Chefdramaturg
Die Probenfotos sind von Horst Busch.