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Hinter dem Vorhang

Rückblick zu den Wortakrobaten

Die Schreibwerkstatt des Saarländischen Staatstheaters in der Spielzeit 2021/22

Im Oktober 2021 haben wir angefangen: Wir suchen Freitzeitautor*innen. Wer macht mit?

Und jeden Dienstag haben sich die Teilnehmer*innen der Schreibwerkstatt getroffen. Geschrieben wurde über viele verschiedenen Themen, eine Vielfalt stilistischer Methoden wurde ausprobiert. Geschrieben wurde zum Beispiel mit winterlicher Stimmung auf der Probebühne des Staatstheaters über Weihnachtsfeiererfahrungen:

Schreibwerkstatt Januar 2022

In Frühling philosophierten wir über Gedichte und den Einfluss von Reimen auf Wahrheitswahrnehmung im Chorsaal und beim heißen Wetter auf der Terrasse eines Cafés mit Fotos und Portraits als Impuls für die Kunst der Wiederholung ausprobiert.

Schreibwerkstatt in April 2022

Liebesbriefe von Charakteren, die nicht existieren, wurden über mehrere Wochen per Post verschickt. Absurde und vor allem lustige Alltagslyrik, verrückte Inszenierungsideen und Ironieszenen für die Bühne, inspiriert durch die verschiedenen Stücke der Spielzeit, und tausende andere Kurzformtexten, Gedanken, Träume und Berichte über das Empfinden ´ phantasievoller Figuren durch die verschiedenen Jahreszeiten wurden ins Leben gerufen.

Die Gruppe konnte nach und nach in die Kunst des Inszenierens reinschnuppen, dabei half die Reflexion der Körperbewegungen der Schauspieler:innen. Ein besonderes Higlight war dann: Der Workshop von Anne Rieckhof im Herzwerk. Ein sehr erfrischender Weg, um das Schreiben zu entdecken. https://herzwerk-saarbruecken.de/

Schreibwerkstatt im Herzwerk Mai 2022

Bei dem Stück des Jugendclubs »Die Zeitzeugen der Postapokalypse« wurde ein »erstes Mal« auf der Bühne gewagt und während des Einlasses einige Texte zu Thema »Liebe« vorgelesen.

Den 23.04.2022 auf der Bühne des Alten Feuerwache

Am Dienstag danach, nach der Anweisung »Beschreibe einen Moment, den du jetzt beschreiben musst, um es nie zu vergessen« berichtet Frank:

Wir sind zusammen in der Alten Feuerwache, einer Bühne des Staatstheaters, und lesen gemeinsam unsere Texte, sechs Leute der Schreibwerkstatt. Anstatt alleine zu arbeiten, im Home Office, im Lockdown oder in Quarantäne, arbeiten wir miteinander. Ich lese einen Teil meines Textes, jemand anderes einen anderen Teil, und es ergibt ein wunderschönes Ganzes. Alle unsere Texte stimmen das Publikum auf das kommende Theaterstück ein, das die Jugendgruppe des Theaters aufführen wird. Und das Publikum ist überraschend ruhig, vielleicht hört es uns sogar richtig zu – ich kann es nicht beurteilen, mein ganzer Fokus ist auf meinen Text gerichtet. Vor meinem zweiten Text wage ich mich ganz nach unten auf die Bühne und betrachtete die 200 Menschen, die auf der Tribüne sitzen.
Als Charlotte mit ihrem Gedicht fertig ist, lese ich. Ich bin erstaunlicherweise ganz gelassen und konzentriert, ich spreche ruhig ins Mikrophon, meine Worte fließen. Dann liest Andreas den zweiten Teil des Textes, ich schaue ihm zu, er steht oben in der siebten Reihe. Anna, die Leiterin der Schreibwerkstatt sitzt neben ihm und lächelt: es läuft. Zum Schluss kommt der dritte Teil des Textes, der keinen richtigen Sinn hat, da er einfach nur das Gegenteil des vorherigen Textes sein soll, doch ich lese ihn voller Überzeugung. »Schaut mich an, hört mir zu, ich bin der Mann mit dem Mikrofon, der liest und etwas zu sagen hat!«
Als ich fertig bin, gehe ich nach oben und überreiche Daniel mein Mikrofon. Ich setze mich und höre den anderen beim Lesen zu – ich habe Feierabend. Nach all der Aufregung, nach der ganzen Nervosität, nach dem Stress ist es geschafft, und alles war gut und leicht und schön. Nach unserer Einstimmung spielen die Jugendlichen ihr Stück über Romeo und Julia, das sie erarbeitet haben, und es ist wirklich sehr beeindruckend und sehr gelungen. Am Ende bekommen sie einen langen, lauten, verdienten Applaus, und sogar wir von der Schreibwerkstatt dürfen vor die Bühne gehen und uns etwas Applaus abholen. Das Gefühl, Teil von etwas Größerem und Wertvollen, Teil eines Kunstwerkes gewesen zu sein, ist bei allen Beteiligten zu spüren – nach all der langen Zeit des Isoliert- und Alleinseins wegen der Pandemie.
Ich fühle, dass das Schreiben nicht aus dem Schreibprozess an sich besteht, sondern auch im Teilen des Geschriebenen mit anderen. Wir, die Leute der Schreibwerkstatt, machen noch ein Erinnerungsfoto, gehen ins Weinbistro Hauck und feiern unsere erste öffentliche Lesung.

Frank, ein Wortakrobat.

Kurz nach der Schreibwerkstatt :

Es ist noch keine Melancholie, weil das Gefühl, was bleibt, als ich auf dem Heimweg bin, so positiv ist. Es lässt mich lächeln und das Gute sehen. Ein déjà vu, plusieurs fois, chaque fois en fait.

Egal ich mit gemischten Gefühlen gekommen bin, oder ganz und gar zufrieden. Du hast etwas bewirkt, es ist etwas geblieben, das mehr ist, als die Texte, die wir schrieben. Und an das ich mich gern erinnere. Wir bekamen Methoden an die Hand, Ausstöße und Anstössen, nie ohne ein bisschen Humor vermittelt. Wir lernten über uns, während wir für andere schrieben. Die Stimme verleiht den Worten die Kraft, zu den Herzen durchdringen und sie zu bewegen. Doch die Tinte auf Papier wird ewig bleiben und uns daran erinnern, wie wir zusammensaßen, reflektierten, philosophierten, lamentierten und uns sicherlich auch ein Stück weit engagierten. Und vielleicht schließt sich am Ende der Kreis, in dem wir alle einen Platz haben. Er wird bestehen bleiben, getragen von den Seiten, die ihn erwähnen.

Leandra, eine Wortakrobatin

Danke, euch lieben Wortakrobaten. Es war eine sehr schöne Schreibzeit, die ihr durch eure Motivation und literarischen Ideen und Lächeln möglich gemacht habt.

Nächster Termin: Dienstag den 6. September 2022, von 18 bis 19:30. Jeder zwischen 15 und 100 Jahren der mitschreiben möchte – auch sehr gerne Anfänger:innen oder Freitzeitsautor:innen – ist herzlich eingeladen, Wörter auf Papier mit uns fließen zu lassen. Anmeldung unter: a.arnould@staatstheater.saarland

Bis dahin, möge der Sommer euch zu neuen Geschichten inspirieren…

Bis bald!

Anna Arnould-Chilloux,
Theaterpädagogin für Schauspiel und Tanz

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Hinter dem Vorhang Theaterblog

Glücklich sein oder nicht Glücklich sein? Das ist hier die Frage.

Das Saarländischen Staatstheater führt ein Experiment zum Thema »GLÜCK!« durch. Wie kann ich mehr Glück im Alltag spüren? Kann ich Glück künstlich hervorrufen? Kann Bewegung glücklicher machen?

Mach mit und erforscht mit uns!

Diese Woche zeigen wir euch eine körperliche Übung, um diese spannende Fragestellung zu untersuchen. Dieses Experiment könnt ihr gerne Zuhause mit der Familie, mit Freund*innen im Garten oder einfach mit Fremden auf der Straße probieren. Diese Glücksübung geht auf jeden Fall mit 1m50 Abstand zwischen jedem*r Teilnehmer*in.

Ein Rennen in Zeitlupe, um das Glück zu gewinnen:

  • Einige Teilnehmer*innen bereiten sich auf der Startlinie für ein Rennen Richtung »Besser« vor.
  • Zwei oder drei Personen übernehmen die Rolle der Sportkommentator*innen. Sie fangen das Spiel an, indem sie jede*n Sportler*in mit Namen vorstellen.
  • Sobald die Kommentator*innen »Auf die Plätze, fertig, los!« gesagt haben, beginnen die Läufer*innen ihren Zeitlupenlauf bis zur Glückslinie.

Das Ziel ist es, so langsam wie möglich schnell zu sein:

  • Dabei ist zu beachten: Alles findet in Zeitlupe statt. Nicht nur die Schritte, sondern auch die Mimik der Gesichter, die Blicke, die man sich zuwirft, das Atmen, die stummen Siegesschreie und Glücksbewegungen, wenn ihr in der Glücksrepublik angekommen seid.
  • Während der ganzen Zeit beschreiben die Kommentator*innen, was gerade passiert. Wenn die Läufer*innen die Ziellinie erreicht haben, bleiben sie weiter in Zeitlupe und mimen Glück, bis der letzte Läufer angekommen ist. Die Kommentator*innen entscheiden, wann das Rennen fertig ist und bitten dann das Publikum, über den Sieger abzustimmen. Es ist nicht unbedingt der/die Läufer*in, der/die als erstes die Ziellinie erreicht hat, sondern eher der glücklichste Zeitlupenläufe.
Experiment zum Glück.

Mögliche Variante: Ihr seid nicht genug Leute, um alle Rollen zu übernehmen? Ihr könnt das Experiment auch ohne Kommentator*in machen, dafür aber mit Musik im Hintergrund. Sofort habt ihr eine Theaterszene.

Und, wie war’s? Hast du Glück gespürt? Helft uns bei unserer Glückforschung, sendet uns gerne einen kurzen Eindruck eures Glückserlebnis (Video oder Foto) per Email an Theaterpädagogin Anna Arnould: a.arnould@staatstheater.saarland

Anna Arnould,
Theaterpädagogin