Veröffentlichung eines Handlungsleitfadens zum Tag der Umwelt.
Anlässlich des Welttags der Umwelt am 5. Juni hat die deutschlandweite Initiative »Orchester des Wandels« einen Leitfaden zur Nachhaltigkeit herausgegeben. Er soll Orchester motivieren, sich mit einer nachhaltigen Ausrichtung des eigenen Betriebes zu beschäftigen.
Angesprochen werden die einzelnen Musiker*innen, die Orchester als Kollektiv und das Management. Wichtig ist uns, den positiven und bereichernden Aspekt nachhaltigen Handelns durch einzelne Schritte in konkretes Handeln umzusetzen. Um das Potential unseres Netzwerks Orchester des Wandels zu nutzen, soll der Leitfaden durch die Erfahrungen der Mitgliedsorchester ständig aktualisiert und erweitert werden. Für das wichtige Thema Orchesterreisen folgt in Kürze ein eigener GreenTouring-Guide.
Anlässlich des Welttags der Umwelt am 5. Juni appellieren wir an die verantwortlichen Politiker*innen, sich noch viel stärker für Energieeffizienz einzusetzen. In vielen Opernhäusern, Theatern und Konzertsälen stehen unumgängliche Sanierungsmaßnahmen an.
Bei der Planung und Finanzierung muss nachhaltigen und energetischen Aspekten ausreichend Rechnung getragen werden, da hier maßgebliche CO2-Einsparungen möglich sind. In die Berechnungen muss einfließen, dass energetische Sanierung immer zu einer erheblichen Einsparung laufender Energieausgaben beiträgt. Höhere Kosten in der Bauphase amortisieren sich so in kurzer Zeit.
»Orchester des Wandels Deutschland e.V.«
Ist ein Zusammenschluss von deutschen Berufsorchestern und freischaffenden Musikerinnen, die sich für den Klimaschutz engagieren. Dabei werden sie von international anerkannten Wissenschaftlerinnen beraten.
Sie setzen sich für eine zukunftsfähige und nachhaltige Kulturlandschaft ein. Mit der visionären Kraft der Musik begeistern die Musiker*innen das Publikum für den Klima- und Naturschutz. Gemeinsam fördern die Orchester des Wandels außerdem ihr eigenes Projekt zur Wiederaufforstung von Regenwald auf Madagaskar.
Am 5.Juni, dem Weltumwelttag, jährt sich die Vereinsgründung der Initiative zum ersten Mal. Inzwischen haben sich 22 Orchester angeschlossen.
Team Nachhaltigkeit: Veronika Zucker und Martin Möhler (Staatstheater Nürnberg), Benjamin Jupé (Saarländisches Staatsorchester), Ulrich Haider (Münchner Philharmoniker)
Ein Blick zurück oder wie flüchtig ist das Medium Theater?
Die Spielzeit 2019/2020 stand unter dem Motto »Macht Ohnmacht Ermächtigung« und in der Sparte Schauspiel haben wir sie mit der deutschen Erstaufführung »Hoffnung« nach der Trilogie »Habgier, Angst & Hoffnung« von Stijn Deville in der Alten Feuerwache eröffnet. Zehn Jugendliche von der »Fridays for Future« Bewegung formulierten innerhalb der Inszenierung von Krzysztof Minkowski mutig ihr Anliegen:
Wir sind die Zukunft. Wir sind die Revolution und wir fordern sofortige Veränderung. Wenn ihr nichts mit uns bewegt, sind wir bald alle tot. Die Globale Erwärmung führt zum Auftauen der Permafrostböden, polaren Eiskappen und Gletscher. Dadurch steigt der Meeresspiegel, was weltweit Überflutungen und Erosionen verursachen wird. Malta, Bangladesch, Miami, London, Niederlande, Barcelona und Venedig werden unter Wasser verschwinden. Und dann kommen die Wetterextreme:
Dürren, Tornados, Hitzewellen, sintflutartige Regenfälle. Die Entwicklungsländer werden brennen. Mehrere Millionen Klimaflüchtlinge werden nach Europa fliehen. Noch mehr werden sterben. Tausende von Tier- und Pflanzenarten werden ausgerottet. Wir stehen kurz vor dem point of no return. Die Ozeane werden langsam sauer, genau wie wir. Warum fresst ihr so viel Fleisch? Warum kauft ihr jede Woche ein neues T-Shirt? Warum baut ihr alle einen neuen Plastikkontinent? Früher war der Fisch in der Verpackung, heute ist die Verpackung im Fisch. Warum seid ihr euch zu bequem, das verdammte Auto mal stehen zu lassen? Warum trennt ihr euren scheiß Müll nicht? Warum seid ihr so faul und ignorant? Ihr liebt doch eure Kinder, warum zerstört ihr ihre Zukunft? Eure Angst vor Veränderung wird uns alle zu Grunde richten. Bald sind wir alle tot.
Beim erneuten Lesen dieses selbstgeschriebenen Wutchor-Textes der Jugendlichen stelle ich mir die Frage: Was wurde seitdem gesellschaftlich erreicht? Wie sieht die Welt ein Jahr später aus? Oder: Was ist aus der Hoffnung auf Einsicht und Umkehr geworden? Wurden die politischen Ziele erreicht oder nur bequem und politisch entlastend nur weiter in die Zukunft verschoben? Und von welcher Zukunft sprechen wir überhaupt noch?
Die langwährende Klimakrise scheint von der aktuellen Corona-Krise überschattet zu werden. Im Herbst 2020 stecken wir immer noch mitten in einer Pandemie und das Coronavirus SARS-Cov-2 hat uns fest im Griff. Aber der Mehrheit einer immer noch vernunftorientierten Gesellschaft scheint es klar zu sein, dass wir achtsam mit uns und unseren Mitmenschen umgehen müssen, wenn die Ansteckungszahlen nicht weiter nach oben schnellen sollen. Wir versuchen die Abstandsregel einzuhalten und das Tragen einer Mund-und-Nasen-Bedeckung wird langsam zu einer Selbst-verständlichkeit.
Doch was ist aus der Achtsamkeit für unsere Umwelt und der Erde geworden?
Wollen wir wirklich weiter die wissenschaftlichen Fakten verdrängen und unaufhaltsam auf den »point of no return« zusteuern?
In der Vorbereitung auf das Stück »Eine kurze Chronik des künftigen China« von Pat To Yan, dessen europäische Erstaufführung am 6. November 2020 als nächstes in der Alten Feuerwache ansteht, finde ich in dem klassischen chinesischen Roman »Die Reise in den Westen« ein Gedicht aus den Lehren des Buddhas:
Kampf um Ruhm und Streit um Gunst, Wann wird dies je enden? Früh aufstehen, nachts erst ruhen, Unfrei ist der Mensch!
Es träumt der Maultierreiter Bereits vom edlen Ross, Und wer schon Kanzler ist, Der möchte König sein!
Allein für Kleid und Speise Vertun sie ihre Müh’n; Bedenken nicht, dass balde Der Höllenfürst sie holt.
Für Söhne und für Enkel Erstreben sie Vermögen, Keiner aber blickt zurück, um sich zu besinnen!
Die Beschäftigung mit Literatur, Kunst und Theater kann die Welt nicht retten, aber sie kann dazu beitragen, unser Leben zu reflektieren. Kunst und Theater können dazu beitragen, etwas gegen Verdrängung und Vergesslichkeit zu tun. Theater kann unsere Sinne schärfen. Wir können durch Kunst lernen, genauer hin, statt weg zu schauen. Theater ist und bleibt ein transitorisches Erlebnis. Doch die Nachhaltigkeit eines Theaterbesuchs liegt im Nachhall.
Oft erschließt sich dieser Echo-Raum nicht unmittelbar nach der Vorstellung oder am folgenden Tag, sondern erst wesentlich später. So kommen einem manche Erlebnisse viel später wieder ins Bewusstsein oder schleichen sich in unsern Körper. Erlebtes bleibt erlebt und kann auf lange Zeit unseren Seelenhaushalt bestimmen. Ein Blick zurück bietet die Möglichkeit einer (Wieder-) Besinnung. Wir müssen es nur zulassen.