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Der Dramaturgieschreibtisch

DER WUNSCH MEHR ZU ERFAHREN ODER DIE SEHNSUCHT NACH AUSTAUSCH!

ZUM START DER NEUEN VHS-KURSE

Volkshochschulen haben eine lange Tradition und wurzeln in der Erwachsenenbildung des 18. Jahrhunderts. Zur Zeit der Weimarer Republik erhielten sie Verfassungsrang und die »gesellschaftlich-politische Bildung« stand im Mittelpunkt. Man fühlte sich der Aufklärung und der neuen Demokratie verpflichtet.

Doch die gerade errungen Grundrechte und Grundpflichten der Weimarer Republik wie »Alle Deutschen sind vor dem Gesetze gleich.« (Artikel 109) oder »Die Freiheit der Person ist unverletzlich.« (Artikel 114) gingen unter der Nazidoktrin schnell wieder verloren. Die Volkshochschulen wurden gleichgeschaltet oder ganz geschlossen. Doch nach Kriegsende drängten die alliierten Siegermächte auf den Aufbau der Erwachsenen-Bildung und schon Ende 1945 kam es zu Wiedereröffnungen von Volkshochschulen.

Man verstand sich als Ort der Demokratie und »Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte« von 1948 wurde handlungsweisend. Aufklärung, Offenheit und Toleranz sind Werte zu denen sich Volkshochschulen bis heute verpflichtet fühlen.

Auch in den Kursen rund um das Programm des Saarländischen Staatstheaters geht es um diese Werte, dazu die Lust an der Begegnung, die Lust am Austausch und die Begeisterung für das Theater. Wie schön ist es, wenn man von Angesicht zu Angesicht über Dinge sprechen kann, die einen interessieren.

Wie schön und wichtig ist es, Fragen zu haben. Fragen an uns und Fragen an den Anderen – Fragen an die Welt, die uns umgibt. Denn sind es nicht grundsätzlich die Fragen, die uns wachhalten und die uns letztendlich auch in die Kurse der Volkshochschulen führen?

Der Wunsch mehr zu erfahren! Die Sehnsucht nach Austausch! Unser Interesse für Neues – Unbekanntes! Was für ein schönes Wort: Interesse! Der Wunsch dabei zu sein. Ganz dem lateinischen Wortsinn folgend: inter-esse. Dabei sein, dazwischen sein. Sich mit etwas beschäftigen und sich dabei mit anderen austauschen. (Wieder) im Gewimmel des Lebens sein, sich als Gefühls-Mensch erleben und die Lust am Denken erfahren.

Unsere Kurse »Theater kennt keine Grenzen« und »Theater! Theater!« sind somit auch Einladungen wieder zusammenzukommen, gemeinsam etwas zu erleben, miteinander zu reden, sich auszutauschen und Theater intensiver kennen zu lernen.

Unsere Kurse:

Kurs AK 2218

Theater kennt keine Grenzen

Der Kurs „Theater kennt keine Grenzen“ führt Sie unter Leitung von Dramaturgin Simone Kranz hinter die Kulissen des Saarländischen Staatstheaters. Probenbesuche sowie Gespräche mit Künstlern und Mitarbeitern der Werkstätten wie der Kostüm- und Maskenabteilung stehen ebenso auf dem Programm wie das Gespräch über Inszenierungen, neue Stücke und Festivals. Natürlich darf dabei ein Blick über die Grenze zu unserem französischen Nachbartheatern nicht fehlen. 

Simone Kranz, Dramaturgin,

Saarländisches Staatstheater; Mi 19.00-20.30 Uhr ab 9.03.2022

Figurine der Kostümbildnerin Justina Klimczyk zu »Der große Gatsby«

Kurs AK 2216

Theater! Theater!

Gemeinsam die Inszenierungen in den unterschiedlichen Spielstätten des Saarländischen Staatstheaters besuchen! Theater live erleben und im Vorfeld Einblicke in die Entstehungsgeschichte z.B. von »Der große Gatsby« bekommen. Warum stehen welche Stücke auf dem Spielplan? Was sind die Ansätze von Regie und Dramaturgie? Wie kommt man zu den Bühnenbild- und Kostümentwürfen und wer entscheidet über die Besetzung der Stücke? Neben vorbereitenden Theatergesprächen geht es vor allem um den gemeinsamen Theaterbesuch. So stehen die aktuellen Schauspiele des Saarländischen Staatstheaters auf dem Programm.

Horst Busch, Chefdramaturg,

Saarländisches Staatstheater; Di. 19:00 – 20:30 Uhr ab 08.03.2022

Anmeldung über die vhs Regionalverband Saarbrücken, Altes Rathaus, Am Schlossplatz 2, 66119 Saarbrücken, Tel. 0681 506-4343, Fax. 0681 506-4390, E-Mail vhsinfo@rvsbr.de

Wir freuen uns auf den Austausch mit Ihnen nicht nur in den Volkshochschulkursen.

Horst Busch,
Chefdramaturg und Künstlerischer Leiter Schauspiel

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Eine Erfindung des 20. Jahrhunderts

Über zwei Jahrzehnte prägte ein gebürtiger Hallenser die Opernszene Londons in entscheidender Weise. Mit märchenhaft-musikalischen Werken wie »Arianna in Creta«, »Alcina« oder »Ariodante« gelang es ihm, seine kompositorische Vormachtstellung zu halten und seine Konkurrenz ein ums andere Mal in ihre Schranken zu weisen. Die Rede ist von keinem Geringeren als Georg Friedrich Händel, Sohn eines Chirurgen, der bereits im Alter von 14 Jahren seine erste (überlieferte) Komposition fertigstellte und wie kaum ein anderer Form, Inhalt und Ästhetik der frühen Gattung Oper prägen sollte. In vielerlei Hinsicht ist Händel ein Phänomen: Als europäischer Musiker, als höchst produktiver und vielseitiger Komponist, als gewiefter Unternehmer, vor allem aber in seiner Rezeption durch die Nachwelt.

Melissa Zgouridi (Ruggiero); Valda Wilson (Alcina) | Foto: Astrid Karger

»Kein großer Komponist wurde jemals von der Nachwelt so falsch dargestellt wie Händel«, brachte es der englische Händel-Forscher Winton Dean in einem Lexikon-Artikel auf den Punkt. Bereits kurz nach Händels Tod fokussierte sich die Wahrnehmung vornehmlich auf Händels große Oratorien, mit besonderem Augenmerk auf deren christlichen Gehalt (von dem nur allzu gern auf die Persönlichkeit des Komponisten rückgeschlossen wurde) und deren monumentale Chorsätze. Händels 42 Opern wurden dagegen kaum erwähnt geschweige denn geschätzt. Ihre dramaturgische Form galt als zu komplex, der erste Händel-Biograph und Herausgeber der ersten Werkausgabe Friedrich Chrysander sprach sogar von »Arien-Bündeln, durch Rezitiv-Fäden zusammengehalten«.

Erst im 20. Jahrhunderts kam es zu einer Renaissance der Händel’schen Opern, die von den Göttinger Händel Festspielen ausging. Hier brachte der Kunsthistoriker Oskar Hagen am 26. Juni 1920 »Rodelinda« auf die Bühne und löste damit eine Welle von Wiederentdeckungen aus, die zu weiteren Festspielgründungen, aber auch zu regelmäßigen Aufführungen an deutschen Theater- und Opernbühnen führten. Bereits in den 1920er Jahren sollten es progressive Regisseure sein, die sich der geschmähten Dramaturgie Händels Opera seria annahmen. Vor dem Hintergrund dieser Tatsache mag es nur wenig verwundern, dass es mit dem Aufkommen des sogenannten »Regietheaters« eine neuerliche Welle an Händel-Interpretationen gab. Ein Umstand oder gar Privileg (?), welches Händels Werken zuteilwurde und anderen populären Komposten des Barocks wie Vivaldi oder Scarlatti und ihren Opern in diesem Maße nur bedingt vergönnt war.

Melissa Zgouridi (Ruggiero); Artavazd Sargsyan (Oronte) | Foto: Astrid Karger

Das Dramma per musica »Alcina« stellt dabei gleich in mehrfacher Hinsicht eine Besonderheit im gesamten (Opern-)Schaffen Händels dar. Zum einen sollte es einer der letzten großen Opernerfolge Händels sein und zum anderen gilt die Oper bis heute als Höhepunkt seines musikalisch-psychologischen Kunst.
In »Alcina« macht Händel weit mehr als eine phantastische Zauberin zur Protagonistin seines Werks, es ist auch weit mehr als die Geschichte eines magisch angereicherten Seitensprungs. Mit seiner Komposition stößt der Tonsetzer zu einer neuen Gefühls- und Ausdrucksästhetik des hervordrängenden bürgerlichen Zeitalters vor. Seine Figuren sind nicht mehr typisierte Schablonen, sondern ausdrucksvolle, realitätsnahe Charaktere, die in ihrem fehlerhaften, sich irrenden und suchenden Verhalten nur allzu menschlich erscheinen. Händels Tendenz zu einer Aufbrechung der Konventionen hin zu einem psychologisch schlüssigen Musikdrama scheint unverkennbar. Und mit diesen mannigfaltigen Deutungsmöglichkeiten zwischen Emotio und Ratio, Vernunft und Unvernunft, Natur und Zivilisation und jeglichen anderen Lebens- und Scheidewegen charakterisiert sich das emanzipatorische Potenzial »Alcinas« als zeitlos.

Melissa Zgouridi (Ruggiero) und Markus Jaursch (Melisso); auf der Projektion: Valda Wilson (Alcina) | Foto: Astrid Karger

Angesichts dieser dramaturgischen Eigenarten wie Herausforderungen, die einem Werk wie Händels »Alcina« immanent sind, der Vielzahl an Codierungen, die einer semantischen Neuübersetzung bedürfen, eine Musikdramaturgie, die mit ihrer Da-Capi-Form konträr zu Schnelllebigkeit und Effizienzsucht unserer Gesellschaft und durch ihr real-zeitliches Innehalten, die Deklination der Gefühlswelt des Menschen nahezu revolutionäres Potenzial im Heute hat.
Ohne Zweifel ist eine der wohl wichtigsten Fragen bei der Inszenierung einer Barockoper, die nach der musikalischen Fassung. Entstanden ist Händels Werk, obgleich er eben jene Konventionen bereits brach, in einem streng codierten Bezugsrahmen aus Gesten, Zeichen, Kostümen und einer konkretisierten Vorstellung vom Verhältnis Sänger – Bühne – Publikum. Ein sehr eng geschnürtes Korsett, welches gleichzeitig hübschen Spitzenbesatz bekommt durch eine Theaterpraxis seiner Zeit, die eben jenen strengen Konventionen konterkariert. Und damit einen Begriff in Frage stellt, mit dem Theaterschaffende insbesondere seit Beginn des 20. Jahrhunderts immer wieder konfrontiert sind: Werktreue.

Valda Wilson (Alcina); iMove | Foto: Astrid Karger

Die Vorstellung, um nicht zu sagen, die Behauptung und die Erwartung, ein Werk wie Händels habe diese eine musikalische wie inszenatorische Gestalt ist vor allem eines: schlicht falsch. Der Begriff der »Werktreue« und alles, was er vermeintlich einschließt, sei es eine definitiv definierte musikalische Fassung oder eine allgemeingültige ästhetische Aufbereitung, ist ganz und gar eine Erfindung der Theaterrezeption des 20. Jahrhunderts, die sich bis ins Heute zieht.
Dabei lebten insbesondere die Werke des Barocks von der Gelegenheit des Moments, von Improvisation (s. Continuo), von Freiheit und gleichzeitiger Unfreiheit, die unterschiedliche Besetzungen, Aufführungsorte, Publikum etc. erforderten. Nicht selten änderte sich kurzfristig die sängerische Besetzung, sodass die Partie möglicherweise noch nicht vollumfänglich einstudiert war oder schlicht nicht gefiel, sodass eine oder mehrere Arien kurzerhand ausgetauscht wurden durch völlig stückfremde Arien, die aber wiederum der Virtuosität des Sängers zuträglich waren und damit auch der Erwartungshaltung des Publikums.
Der Begriff Werktreue beansprucht außerdem eine genaue Kenntnis des Werkes für sich und damit eine Kenntnis über die (vermeintliche) Intention des Komponisten. Doch wenn allein von Verdis »Don Carlos« mindestens(!) sieben verschiedene Fassungen existieren, die vom Komponisten selbst stammen oder doch von ihm autorisiert wurden, wenn es von Wagners »Tannhäuser« nicht nur »die« Dresdner oder Pariser Fassung gibt, sondern allein in Dresden schon zu Lebzeiten des Komponisten mehrere Varianten zur Aufführung kamen und Wagner zwischen 1845 und 1860 rund 70 Änderungen vorgenommen, den Schluss der Oper nicht weniger als vielmal musikalisch und dramaturgisch wesentlich umgestaltete … Ja, welche Fassung ist denn dann »werktreu«? Puccini starb, noch bevor er die Skizzen zum Finale von »Turandot« auskomponieren und fertigstellen konnte. Und nun? Der berühmte Rattenschwanz an Fragen, den diese Diskussion nach sich zieht und von Kürzungen, Übersetzungen, Übertitelungen (übrigens auch eine Erfindung des 20. Jahrhunderts), Besetzungen (Kastraten? Keine Frauen auf den Bühnen?) ganz zu schweigen… 


Bleibt ein Theaterabend wie dieser mit »Alcina«, was Theater ist: Eine Behauptung, ein Vorschlag, ein Angebot – ohne – und alles andere wäre vermessen – den Ehrgeiz (zeitloser) Gültigkeit.

Markus Jaursch (Melisso) und Melissa Zgouriddi (Ruggiero) | Foto: Astrid Karger

Frederike Krüger,
Dramaturgin für Musiktheater und Konzert

Noch zwei Mal haben Sie im Februar die Gelegenheit, Händels gleichermaßen wichtigste wie schönste Oper im Saarländischen Staatstheater zu erleben. Karten und weitere Informationen finden Sie hier.

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Wir feiern das Doppel-Jubiläum

125 Jahre Alte Feuerwache – 40 Jahre Spielstätte Alte Feuerwache

… mit einem Gastspiel der Theaterakademie München »Noch ist nicht aller Tage Abend«, der Premiere »Der Weg zurück«, dem Start einer Diskussionsreihe zum Spielzeitmotto IN GESELLSCHAFT! und im Sommer mit einem Theaterbrunch auf dem Landwehrplatz.

Anno 1897 wurde die Alte Feuerwahr nach Plänen des Architekten Wilhelm Franz als Städtische Turnhalle des Turnerbundes St. Johann sowie als Feuerwehrhaus im Erdgeschoss fertiggestellt. Nach Neugestaltung der Innenräume durch den Architekten Lu Kas entstand dann 1982 aus der Turnhalle die zweite Spielstätte des Saarländischen Staatstheaters. Mit der Kabarett-Revue »Von Kopf bis Fuss auf Deutschland eingestellt… « zusammengestellt von Herbert Hauck, Jürgen Kirchhoff und Gottfried Stramm wurde sie am 16. Januar 1982 als Raumbühne mit einer variablen Bestuhlung von maximal 240 Zuschauerplätzen eröffnet und zur künstlerischen Heimat des Sprechtheaters.

»Der Umbau der Feuerwache zur kulturellen Nutzung ist ein Versuch Schwellenängste abzubauen und einem eingefahrenen Kulturbetrieb neu Impulse zu geben, um damit das kulturelle Leben unserer Stadt reicher zu machen«. (Aus der Neujahrsansprache des damaligen Oberbürgermeister Oskar Lafontaine)

Der damalige Schauspieldirektor Lothar Trautmann verstand die neue Spielstätte als »Freiraum künstlerischer Phantasien« und als eine Einladung »in Sachen ‚Theater‘ auf Entdeckungsreise zu gehen“.

Diese Einladung gilt bis heute! So ist auch unter dem Intendanten Bodo Busse und der Schauspieldirektorin Bettina Bruinier die Alte Feuerwache ein Ort der unterschiedlichsten Theater-Erlebnisse aller Sparten des Saarländischen Staatstheaters, aber auch der Festivals LOOSTIK, PRIMEURS, PERSPECTIVES oder dem TANZFESTIVAL SAAR.

Die Alte Feuerwache im Jahr 2020 © Honkphoto

Schon im ersten Jahr der neuen Intendanz wurde die Alte Feuerwache beispielsweise in einen Werbe-Lichtkasten (LICHT IM KASTEN), in ein Live-Hörspiel-Studio (WINNETOU), in eine Raumstation (SOLARIS), in ein Wasserbecken (IPHIGENIE) oder in ein Schlachtfeld (DAS WUNDER UM VERDUN) verwandelt. Es folgten Rauminstallationen u.a. für DAS ACHTE LEBEN (FÜR BRILKA) von Nino Haratischwili, der Uraufführung WERWOLF von Rebekka Kricheldorf oder GAME OVER, eine Open-World-Simulation von Prinzip Gonzo.

»Das Wunder um Verdun« in der Spielzeit 2017/2018 © Martin Kaufhold

So blieb die Alte Feuerwache bis heute ein »Freiraum künstlerischer Phantasien« für Ausstattung und Regie, wenn auch die alte Zuschauer-Tribühne in die Jahre gekommen und leider nicht mehr variable ist. Eine Erneuerung steht dringend an!

In dieser und in der vorhergehenden Spielzeit brachte allerdings die Corona-Pandemie auch den Spielplan der Alten Feuerwache tüchtig durcheinander. Immer wieder mussten neue Wege des Spielens und Erzählens gefunden und auf die jeweiligen Vorgaben des Arbeits- und Infektionsschutzes reagiert werden. Doch Dank Impfungen und Testungen müssen auf der Bühne wenigstens die einschränkenden Abstandsregeln nicht mehr eingehalten werden.

Mit Beginn des neuen Jahres und unter Berücksichtigung der 2G+ Regeln freuen wir uns, endlich auch den regulären ABO-Spielbetrieb wieder aufnehmen und allen Theaterfans einen abwechslungsriechen Spielplan anbieten zu können.

»Puck träumt eine Sommernacht« ©Astrid Karger

So stehen im Schauspiel nicht nur die Produktionen »Puck träumt eine Sommernacht« – eine Stückentwicklung von Alice Buddeberg und Ensemble nach William Shakespeares Komödie »Ein Sommernachtstraum«, das Lustspiel »Trüffel Trüffel Trüffel« von Eugène Labiche in einer Inszenierung von Julia Prechsl und das Schauspiel »Gabriel« von George Sand als deutsche Erstaufführung in der Regie von Sébastien Jacobi, sondern auch die Wiederaufnahme und Neueinrichtung Bettina Bruiniers Inszenierung »Weh dem, der aus der Reihe tanzt. Sulzbach« nach dem Roman von Ludwig Harig und die erste Premiere im neuen Jahr »Der Weg zurück« des Engländers Dennis Kelly in der Regie von Christoph Mehler auf dem Programm.

»Der Weg zurück« © Martin Kaufhold

Außerdem kann man am 6. Januar das Gastspiel der Münchner Theaterakademie August Everding »Noch ist nicht aller Tage Abend – Eine Vision in vier Bildern nach Werner Schwabs ‚Volksvernichtung‘ mit Texten von Nietzsche, Lem und einer künstlichen Intelligenz« der Regieabsolventin Malena Große erleben.

»Noch ist nicht aller Tage Abend« ©Alvise Predieri

So wollen wir auch einer ganz jungen aber schon mit einem Preis für die beste Regie ausgezeichneten Regiehandschrift einen Raum geben und Sie einladen, sich auf das Spiel um die Frage: Wie verändert sich das Menschenbild in einer digitalisierten Welt? einzulassen.

Denn die Alte Feuerwache ist nicht nur eine wunderbare Raumbühne und zweite Spielstätte des Saarländischen Staatstheaters, sondern seit ihrer Eröffnung auch immer wieder eine Begegnungsstätte mit zahlreichen Sonderformaten wie Einführungen, Lesungen oder Gesprächen rund um das Theater. Und seit der Eröffnung des Weinbistro Hauck im Jahr 2011 hat die Alte Feuerwache auch einen geselligen Treffpunkt nicht nur vor und nach den Vorstellungen bekommen. Siehe auch www.hauck-weinbistro.de

Am 6. Februar starten wir dann mit einer Diskussionsreihe zu unserem aktuellen Spielzeitmotto IN GESELLSCHAFT! Unter dem Motto IN ZUKUNFT KUNST! sprechen wir mit der neuen Kulturdezernentin der Stadt Saarbrücken Dr. Sabine Dengel und der Leiterin der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz Dr. Andrea Jahn über Kunst und Kultur in der Stadtgesellschaft. Wie sieht heute – nach fast zwei Jahren Corona-Pandemie – gesellschaftliches Leben in Saarbrücken und Deutschland aus? Wo findet es (noch) statt? Wer bestimmt den Diskurs und welche Bedeutung können dabei Kunst und Kultur spielen?

Aber was wäre ein Jubiläum ohne Fest? Und so laden wir Sie zum Abschluss der Spielzeit zu einem geselligen Brunch mit künstlerischen Beiträgen auf dem Landwehrplatz vor der Alten Feuerwache im Rahmen des Kulturmeilenfestes 2022 ein.

SAVE THE DATE: Sonntag, 17. Juli, ab 11 Uhr!

Horst Busch,
Chefdramaturg
Künstlerischer Leiter Schauspiel

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Botschaften, die auf der Straße liegen IV.

Es gab sie, die Zeiten, in denen das Schöne als Kategorie neben dem Realistischen vorkomme durfte. Die Leichtigkeit, die Zuversicht, Kreativität… Und nun? Erst mal eine Reminiszenz aus anderen Tagen mit einer Botschaft, gesehen und gelesen von Schauspieldramaturgin Bettina Schuster-Gäb:

Schönheit auf Velours

Wenn man sie nicht erwartet (aber braucht), steht sie da. Vor dem sinnlichen Bäcker. Äh, Bäckerei. Leidenschaft. Gedankenstrich.
Auch auf der Bühne ist das oft so, dass man aufgeladen von Emotion und Eindrücken hinausrollt in die Nacht.
Aufbrücke beginnen gerne stillt.

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Schreibt, schreibt sonst sind wir verloren…

Eine Schreibwerkstatt für Wortakrobat*innen und Freizeitautor*innen.

Am Dienstag den 14.09 geht die altersübergreifende Schreibwerkstatt Ensemble der Wortakrobaten wieder los. Letzte Spielzeit wurde viel online geschrieben, nun probieren wir es live!

Du bist Freizeitautor*in und möchtest in Co-Working-Atmosphäre im Theater, im Freien, in einem Park oder neben Kunstbildern, bei einem Kaffee, guter Musik oder einfach in Stille Wörter auf Papier bringen? Dann komm und jongliere Wörter mit uns!

Was wir genau da machen?

Mit Hilfe von Spielen und Übungen rund um Schreiben und Schreibstil entstehen neuartige Geschichten. Tipps von Autoren und Linguisten werden »einfach erklärt« und sofort angewendet.

Die Texte werden geschrieben, aber auch geändert, umgewandelt, gelesen, gehört, gesprochen und geschmeckt. Wir helfen uns gegenseitig neue Ideen zu finden, und treffen uns an Orten, die uns mit neuer Inspiration erfüllen (Probebühne, Zuschauerraum, Kunstgalerie, Natur…)

Dabei probieren wir lustvoll und auf eine nicht elitäre Weise die Frage zu beantworten: Ab wann wird mein Text, den ich zum Beispiel in meinem Zimmer alleine gekritzelt habe, ein kraftvoller Theatertext?

Hast du Lust mitzumachen? 13, 25, 60 oder 100 Jahre alt, egal! Es ist nicht wichtig, wie alt du bist oder woher du kommst. Melde dich per E-Mail unter a.arnould@staatstheater.saarland an und wir schreiben dienstags zwischen 18:00 und 19:30 Uhr um unser Leben. Denn es ist noch nichts verloren…

Anna Arnould-Chilloux,
Theaterpädagogin für Schauspiel und Tanz

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IN GESELLSCHAFT: LESEN

»Die Bücher sind nicht dazu da, lebensunfähigen Menschen ein wohlfeiles Trug- und Ersatzleben zu liefern. Im Gegenteil, Bücher haben nur einen Wert, wenn sie zum Leben führen und dem Leben dienen und nützen, und jede Lesestunde ist vergeudet, aus der nicht ein Funke von Kraft, eine Ahnung von Verjüngung, ein Hauch neuer Frische sich für den Leser ergibt.« Hermann Hesse

Ich bin Geisteswissenschaftlerin. Bücher, Essays, (Fach-)Zeitschriften, Aufsätze, Hausarbeiten, in meinem Falle auch Klavierauszüge oder Partituren. Schrift und das Lesen selbiger bestimmten meinen (Studien-)Alltag.

Doch irgendwann gingen mir die Lust und die Leichtigkeit des Lesens verloren. Lesen war (wissenschaftliches) Mittel zum Zweck, diente der Beschaffung von Wissen. Die Texte, die ich las, wurden immer komplexer und komplizierter, eine gleichermaßen durchaus spannende wie zermürbende Zeit.

Irgendwann scheute ich das Lesen zur (vermeintlich) reinen Zerstreuung. Standen nicht Brahms, Beethoven oder Bach auf dem Titel, erschien es mir wie ein Verrat an der Zeit, die ich zum Studieren nutzen sollte.

Irgendwann erzählte ich davon einem mir sehr geschätzten Dozenten aus meiner Bayreuther Studienzeit, der einigermaßen erstaunt, wenn nicht gar empört reagierte. Und er sagte etwas, was mir eigentlich hätte klar sein sollen. Dass jedes Buch, möge es auch noch so trivial erscheinen, unseren Horizont erweitere. Ja, so einfach kann es manchmal sein.

Jeder Krimi, jede Biografie, jeder Liebesroman, jede Fantasiegeschichte oder jeder Reisebericht erweitere meinen Blickwinkel. Natürlich, die eine Geschichte vielleicht mehr als die andere, aber selbst wenn ich erkenne, dass ich in einem Buch nichts erkenne, so bin ich damit schon weiter als ohne es gelesen zu haben. Und so läge es an mir, das Buch in meinen Bezugsrahmen zu setzen, Neues zu erkennen, Altes zu bestätigen oder zu widerlegen. Und außerdem, ergänzte er, täte es dem Hirn auch einfach mal gut, keinen Berg zu erklimmen, sondern nur geradeaus zu laufen.

Dieses Gespräch gab mir die Freude am Lesen zurück. Und das (Selbst-)Bewusstsein, dass alles, was ich lese, ob Adorno oder Agathe (Christie) auf dem Umschlag steht, mir eine Welt offenbart, die mir ohne das Lesen verborgen bliebe.

Noch heute bildet das Lesen eine Grundlage meines Berufes, und meines privaten Seins. Und tatsächlich erkenne ich, mit kleinen Abstrichen hie und da, in jeder Lektüre etwas, das sich auf die vielseitigen Aspekte des Theaterschaffens übertragen lassen. Sei es politisch, soziologisch, historisch oder manchmal auch humoristisch.

Lesen verbindet, es verbindet uns als Gesellschaft, es gibt Anlass zum Diskurs, zur Diskussion, zum gemeinsamen Reden, Streiten, Lachen oder vielleicht auch Weinen. Und so habe ich meine Kolleginnen und Kollegen gefragt, was sich so auf ihrem Bücherstapel sammelt.

Den Anfang macht Chefdramaturg Horst Busch:

Zum Ende der Spielzeit werden die Bücherstapel auf meinem Schreibtisch, im Wohnzimmer und neben dem Bett immer höher. Ferienzeit heißt für mich auch Lesezeit und so freue ich mich u.a. auf die Lektüre ABENDFLÜGE der englischen Autorin Helen Macdonald. Schon die erste Erzählung „Nester“sensibilisiert für die gleichermaßen bedrohte wie rettende Verbindung von Mensch und Natur. »Sich an der Komplexität der Dinge zu erfreuen.« – Was für eine wunderbare Einladung!

Aber auch auf das neuste Buch Bernd Stegemanns ..DIE ÖFFENTLICHKEIT UND IHRE FEINDE wurde von mir ganz nach oben auf den Lektürestapel gelegt. Von seinen Reflexionen über Kommunikation, Gesellschaft und Öffentlichkeit verspreche ich mir interessante Anregungen für die kommende Theatersaison mit unserem Spielzeitmotto IN GESELLSCHAFT!

Und natürlich stehen diverse Werke des Autors Friedrich Dürrenmatt auf meiner Leseliste. Als Vertiefung unserer Auseinandersetzung mit seiner tragischen Komödie DER BESUCH DER ALTEN DAME kann ich seine Erzählung MONDFINSTERNIS nur empfehlen.

Für unsere neue Kollegin in der Musikdramaturgie Anna Maria Jurisch geht es im Sommer vom fernen Linz nach Saarbrücken. Zeit zum Abschiednehmen:

Da ich nach 10 Jahren in Österreich nach Deutschland zurückkehre, ist Daniel Wissers Roman »Wir bleiben noch« mein persönlicher Abschied von einem wunderbaren, komplexen Land: Eine Familienerzählung, die auch die Erzählung der Sozialdemokratie in Österreich ist, die auch die Erzählung von der Macht der Boulevardpresse und vom politischen Rechtsruck Österreichs ist. Bei Daniel Wisser dürfte das aber keine trockene Lektüre werden, sondern sehr komisch, einfühlsam und berührend. Sein letzter Roman »Königin der Berge« war eine Achterbahn der Gefühle für mich und ist eines meiner liebsten Bücher.

Der Sommer ist durchaus auch die Zeit des Zugfahrens:

Lorraine Daston ist Direktorin des Max Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte in Berlin und eine wahnsinnig spannende Denkerin. »Against Nature« stellt die Frage, warum wir als Menschen mit solcher Hingabe nach (moralischen) Vorbildern für unser Denken und Handeln in der Natur suchen, warum wir unsere Vorstellungen von Gesellschaft, Anstand und Rationalität einordnen in eine Form der »natürlichen Ordnung«, also zwischen natürlich und unnatürlich entscheiden. Es ist ein kleines, schmales Buch, das wahrscheinlich auf einer langen Zugfahrt seine Chance findet, vermutlich keine ganz leichte Lektüre, aber ein vielleicht toller Denkanstoß.

… und des Reisens:

Für mich ist der Sommer die Zeit für Reiseliteratur, am besten natürlich auch etwas über die Gegend, in die man selbst reist. Nun ist Graham Greene in den 1930er Jahren zu Fuß durch Liberia gereist – das werde ich nicht so schnell nachmachen, aber das Gefühl von Aufbruch und Entdecken eines fremden Landes, das Sich-dem-Unbekannten-Aussetzen ist für unsere Zeit sicher wichtig und inspiriert mich im Moment.

(Graham Greene hat die Reise mit seiner Cousine unternommen, die ihren eigenen Reisebericht darüber veröffentlich hat, aber das Buch ist überall vergriffen, vielleicht finde ich es ja bis zum nächsten Sommer!)

Schauspieldramaturgin Bettina Schuster-Gäb hat empfiehlt:

Iris Wolff, Die Unschärfe der Welt, Klett-Cotta 2020

Diese Sprache bringt eine ungekannte Welt hervor. Wunderlich. Dicht. Eine Autorin mit einem traumsicheren Sprachgefühl, nannte die Kritik Iris Wolff. Eine andere Perspektive auf Gemeinschaft und Welt: Sieben Figuren im Siebenbürgen des vergangenen Jahrhunderts – radikal subjektive Gedankenwelten verweben sich zu einem Sound einer vergangenen deutschen Kultur inmitten des Vielvölkerstaats Rumänien. Nominiert für den Deutschen Buchpreis 2020.

»Es gab Sehnsucht nach etwas, das verloren war, Sehnsucht nach etwas, das sich nicht erfüllt hatte, Sehnsucht danach, etwas zu finden, und manchmal auch danach, etwas zu verlieren.«

Leïla Slimani, Le pays des autres / Das Land der Anderen, Luchterhand Literaturverlag 2021

https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/autoren/leila-slimanis-stellt-ihren-neuen-roman-in-paris-vor-16676479.html

https://www.perlentaucher.de/buch/leila-slimani/das-land-der-anderen.html

Diese Reise geht in die Zeit der marokkanischen Unabhängigkeit nach Marokko – hier ist einmal die Europäerin in der Fremde. Auf diese Perspektive freue ich mich.

Schauspielerin Verena Bukal schließt sich diesem Tipp an, auch auf ihrer Leseliste steht »Das Land der Anderen«:

Dieses Buch nehme ich mit auf Urlaub. Der neue Roman von Leila Slimani – eine französische Frau folgt ihrem marokkanischen Mann nach Marokko und erlebt »Integration von der anderen Seite«. Es ist als Beginn einer Trilogie gedacht.

Benjamin Jupé, Solo-Cellist des Saarländischen Staatsorchesters, hat einen Tipp für Fans der Barockmusik oder alle, die es werden wollen:

Dieses Buch ist eine super Quelle um ein Verständnis zu entwickeln,  wie vielseitig das Vibrato in der Barockmusik eingesetzt wurde. Gründlich widerlegt das Buch die unter Musikern verbreitete  Annahme,  Vibrato sei eine Erfindung der Romantik.  Original Zitate belegen:  zu jeder Zeit wurde vibriert und über den Vibrato Geschmack gestritten. Eine sehr bereichernde Lektüre!

Unser Studienleiter Martin Straubel empfiehlt hingegen…

Mein Lese-Tip für die Ferien: gar nicht lesen, sondern schreiben. Zum Beispiel mit Hilfe des Adorno Textgenerators.

https://homepage.univie.ac.at/christoph.reuter/reuter/adorno.php

Das macht den Kopf schön frei.

Aus Thorsten Köhlers Büchstapel, Leiter der sparte4 und Schauspieler, stechen zwei Bücher besonders hervor:

Kazuo Ishiguro: »Klara und die Sonne«

In Ishiguros Roman denkt eine Künstliche Intelligenz sehr poetisch über das Leben und die Menschen nach. Klara, entwickelt für Jugendliche, ist eine Art beste Freundin auf dem Weg ins Erwachsenenalter, und eben darin problematisch: denn wie soll ein Spielzeug reagieren, welches Freundschaft und Liebe empfinden kann, wenn man es ablegt, weil man ihm entwachsen ist?

und

Charlie Kaufman: »Ameisig«

Kaufmans AMEISIG füllt die Lücke, die Foster-Wallace hinterlassen hat. Ein epischer Roman für Cineasten, und Filmliebhaber wie -hasser gleichermaßen – abgehoben, unanständig, ätzend und lustig zugleich – wer Kaufmans Filme wie ADAPTION, BEING JOHN MALKOVICH oder ETERNAL SUNSHINE OF THE SPOTLESS MIND liebt, wird seinen Debütroman verschlingen. Deutschlandfunk Kultur: »…von einer kosmischen Chuzpe.«

Auch aus dem Vorzimmer des Generalintendanten kommen Literaturtipps. Sekretärin Christine ter Braak und Ehemann Gerd ter Braak empfehlen Katzen, Geheimnisse und 1 Minute für sich:

»Gespräche mit meiner Katze« von Eduardo Jáuregui

Wer mich kennt, weiß, dass ich ein absolutes Fable für Katzen habe, was natürlich bedeutet, dass ich Euch eine entsprechende Lektüre empfehle. Mir wurde das Buch von einem Menschen geschenkt, der Katzen überhaupt nicht mag. Aber er hat sich überwunden und ein Katzenbuch gekauft, weil er e mir eine Freude machen wollte. Sehr nett. Nicht wundern, die Katze im Buch – SIBILA genannt – kann reden. Aber ehrlich gesagt, habe ich oft das Gefühl, dass meine beiden Katzen auch mit mir reden. Im Buch heißt es, »Es gibt viele Wege zum Glück, aber Katzen kennen die besten Abkürzungen.« Viel Spaß beim Lesen. Christine ter Braak

»Das Erbe« von Ellen Sandberg empfiehlt Gerd ter Braak:

Eine lesenswerte Sommerlektüre: Eine junge Frau aus Berlin erbt überraschend ein Haus in München – ein Vermögen. Aber das Haus birgt ein dunkles Geheimnis: ein spannender Roman um Vertrauen, Gier, Moral und um den eigenen inneren Kompass.

Der Urlaub kann außerdem für bewusste Zeit mit sich selbst verbracht werden, Selbstfürsorge lautet ein Wort der Stunde (oder Minute):

»Eine Minute für mich« von Spencer Johnson

Ein kleines Buch – keine schwere Kost, leicht zu lesen – über den Umgang mit sich selbst und auch mit anderen Menschen. Das Buch hilft, einmal deinen Blickwinkel auf das, was dich ärgert, zu ändern, wodurch vieles leichter wird. Man kommt zu einem Bewusstsein wie, »ich trage die Antwort in mir« oder »der Frieden beginnt bei mir«. Was will man mehr! Christine ter Braak

Schauspielerin Christiane Motter verschlägt es mit Michail Bulgakows »Der Meister und Margarita« literarisch nach Moskau:

Ein aberwitziger Roman, der mich mit seinen drei Strängen über einen Schriftsteller und seine Geliebte, Pontius Pilatus und über das Leben in Moskau in der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts in seinen Bann zog.
Verwirrend, satirisch, berührend, zauberhaft, perfekt fürs Abtauchen aus der (Corona-) Realität in eine andere Welt.
Viel Freude beim Wegdriften.

Für Sopranistin Valda Wilson hält die kommende Spielzeit wieder spannende, aber durchaus streitbare (Frauen-)Figuren bereit. Zeit, sich mit dem Frauenbild in Opern auseinanderzusetzen:

https://www.theguardian.com/music/2016/feb/26/is-opera-the-most-misogynistic-art-form

Schauspielerin Emilie Haus bereichert ab der nächsten Spielzeit unser Schauspielensemble und empfiehlt folgende Werke:

Tieftraurig und amüsant über die Gesundheit und Ängste eines Schauspielers.

oder auch

Ein humorvoller Roman über linksliberale Hausprojekte, Kommunikation und das Ziel einer gerechteren Welt. Beides für mich bewegende Themen.

Betriebsdirektor Alexander Reschke ist Spezialist für CD-Aufnahmen und Opernstimmen. In Vorbereitung für unsere erste Premiere in der Sparte Musiktheater »Ariadne auf Naxos« haben ihn folgende Sängerinnen besonders geprägt:

Die beste Zerbinetta des 20. Jahrhunderts ist für mich Edita Gruberova. 100 Mal hat sie diese Partie gesungen.

Meine Lieblings Ariadne Tomowa Sintow (für mich auch die mit der größten Leidenschaft und Emphase), auch meine erste Live Ariadne 1983 (insgesamt 4 x Live bis 1991).

https://www.orfeo-international.de/pages/cd_c625042i.html

Mit der folgender Aufnahme bin ich aufgewachsen.
Kempe einer wichtigsten Strauss Dirigenten.
Besetzung durchwegs sehr gut und homogen.
Besonders auch hier Ariadne und Zerbinetta.
Aufnahme von 1968.

https://www.gramophone.co.uk/review/r-strauss-ariadne-auf-naxos-2

Schauspieler Fabian Gröver rechnet ab, zumindest beim Lesen Sibylle Bergs:

Eine pointierte, ehrliche, böse und auch verständnisvolle Abrechnung mit einer Gesellschaft, die wir nicht verhindern konnten oder wollten. Ist für Leser*innen verschiedener Generationen geeignet und bietet ein Erregungspotential von Heiterkeit bis Trübsinn.
Die Sprache ist teilweise komplex bis herausfordernd, aber immer eine Freude!  

Der 1. Konzertmeister des Saarländischen Staatsorchesters, Wolfgang Mertes, begibt sich mit Gustav Mahler auf dessen letzte Reise. Wie treffend, dass wir im 7. Sinfoniekonzert Mahlers 7. Sinfonie spielen.

Über die letzte Schiffsreise Gustav Mahlers als dahinsiechender kranker Mann, der sein Leben Revue passieren lässt. 

Auf der Bestseller-Liste des Schauspielers Jan Hutter findet sich der ein oder andere Klassiker:

»Freiheit« von Jonathan Franzen (der langweiligste Klappentext aber das beste Buch).

»Liebe in Zeiten der Cholera« von Gabriel García Márquez (für alle die, die wie ich davor, nicht an die grosse Liebe glauben, aber gerne eines Besser belehrt werden wollen) .

»IT« von Stephen King (ein unverfilmbares Buch, das neben dem Horror der Kleinstadt & des Erwachsenwerdens, locker lässig und ganz nebenbei, ein Buch über Freundschaft ist. Spoiler: Ein Clown kommt auch vor.)

Schauspieldramaturgin Simone Kranz fesselte zuletzt die Biografie Anne Beaumanoirs:

Was bringt einen dazu, sich politisch zu widersetzen und welchen Preis zahlt man dafür? Fasziniert von der Biographie der 1923 in der Bretagne geborenen Anne Beaumanoir, die sowohl während der deutschen Besatzung in der Résistance gekämpft hat, als auch in den fünfziger Jahren in der algerischen Unabhängigkeitsbewegung, erzählt Anne Weber von ihrer Begegnung mit dieser Frau. Wunderbar an diesem Buch ist auch und besonders die Form: Es ist tatsächlich im epischen Versmaß geschrieben, doch nach 2-3 Seiten hat man die Verwunderung darüber vergessen und genießt nur noch die Schönheit und Leichtigkeit der Sprache.

Schauspieler Bernd Geiling empfiehlt eine mörderisch-gute Trilogie:

Der mörderische Hof Heinrichs des Achten aus der Sicht Thomas Cromwells, eines begnadeten politischen Aufsteigers und Intriganten.

Wie der Engländer sagt: »Unputdownable!«

Auch der Bücherstapel Christine Asts, Souffleuse, ist hoch:

Fabio Andina »Tage mit Felice«

Dieses Buch spielt in einem Bergdorf im Tessin, und alles dreht sich um den 92-jährigen Felice und dessen Anbindung an die Dorfgemeinschaft. Er wandert jeden Morgen zu einer Gumpe und springt ins kalte Wasser. Begleitet wird er eine Woche lang vom Autoren/literarischen Ich, der als Kind, in der Stadt aufgewachsen, die Ferien mit seinen Eltern in Felices Dorf zugebracht hatte. Als Schriftsteller zieht er sich nun in diese dörfliche Gemeinschaft zurück, ins ehemalige Ferienhaus seiner Eltern, und wird so zum Nachbarn von Felice.

Nachdem ich »Bouches les Rouges« gesehen habe, griff ich ein zweites Mal zu »Fräulein Nettes kurzer Sommer« von Karen Duv.

Ein entscheidender Sommer im Leben der Anette von Droste-Hülsoff –  Autoren der Romantik (Brüder Grimm, Heinrich Heine) und literarisch- patriotische Studentenkreise bilden den Hintergrund zu einer Emanzipationsgeschichte, die in einen Skandal mündet. 

»Das Leben der Elena Silber« von Alexander Osang

Ein Drei- Generationen-Roman: ich habe mich sehr vertraut gefühlt mit den lakonischen und schmerzhaften Auseinandersetzungen des literarischen Ichs mit seiner Mutter, seinem demenzkranken Vater. Und dann rollt er die Geschichte seiner Großmutter, seiner Mutter und seiner vier Tanten für ein Filmprojekt auf. Der Roman pendelt zunehmend zwischen der Gegenwart und der Vergangenheit. Toll!

Gertrud Leutenegger, »Pomona« und »Späte Gäste«

Diese beiden Romane gehören zusammen, der erste 2004 erschienen, der zweite, die Fortsetzung, wurde 2020 herausgegeben.

Wir befinden uns im südöstlichsten Zipfel des Tessins, schon fast in Italien. Die Autorin erzählt ihrer Tochter das Leben ihrer Mutter (Großmutter), der eigenen Kindheit und schiefgelaufenen Ehe. Also quasi als Erklärung dafür, warum ihr Mann (Vater) im Dorf geblieben ist und sie mit ihrer Tochter in die Großstadt (Zürich?) gezogen/ geflohen ist. Im zweiten Band kommt sie zurück ins Dorf, da ihr Exmann gestorben ist. Es ist die poetische Schreibweise der Autorin, ihre Assoziationsketten, ihre fast haptische Beschreibung zweier Dörfer – ich konnte die Naturphänomene riechen, schmecken, spüren.

Sänger Algirdas Drevinskas verbindet mit einem Buch eine ganz besondere Zeit seines Lebens:

Das Buch von Alexandra Wild »Zu Mittag um zwölf war alles erledigt« (edition keiper, Graz 2020) habe von meinen damaligen Unterstützern während meiner Studien an der Kunst Universität Graz bekommen: noch eine traurige österreichisch-slovenische Familiengeschichte die bestätigt, dass die Menschen KEINE Kriege brauchen.

Es geht um die Jahrzehnte lange Suche des (Grabes) vermissten (ermordeten) Vaters am Ende des 2  Weltkrieges.

Schauspielerin Laura Trapp empfiehlt 105 intensive Seiten von Carolin Emcke:

»Was wäre, wenn?«, das frage ich mich oft. Und der Gedanke, im Jenseits gäbe es eine Bibliothek mit all den Leben, die ich hätte führen können, Buch für Buch, ist beängstigend und faszinierend zugleich. Matt Haig schickt seine Protagonistin Nora Seed auf eben genau diese Reise in seinem Roman »Die Mitternachtsbibliothek«.

In den Spielzeitferien geht es für viele von uns nach Hause. Aber was bedeutet das eigentlich, »Zuhause«? Ein Ort? Ein Mensch? Ein Hund? Was macht uns aus, wo gehören wir hin? »Über eine Sehnsucht und die vielleicht wichtigste Suche unseres Lebens« schreibt Daniel Schreiber in seinem essayistischen Roman:

Wir wünschen Ihnen einen schönen Lese-Sommer, viel Freude beim Entdecken neuer (literarischer) Welten. Vielleicht finden Sie ja in der einen oder anderen ein neues Zuhause.

Frederike Krüger,
Dramaturgin für Musiktheater und Konzert