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Hinter dem Vorhang Theaterblog

Wer kontrolliert wen? Jedermann das Geld oder das Geld Jedermann?

Im Wintersemester 2021/22 erarbeiteten fünf Studierende aus den Bereichen Kommunikationsdesign und freie Kunst der HBKsaar originalgrafischen Plakate zum Stück »Jedermann. Bliesgau/Monsieur Tout Le Monde«, das vom 4. – 19. Juni im Europäischen Kulturpark Bliesbruck-Reinheim gezeigt wird. Das Seminar fand unter Leitung von Dirk Rausch und Eva Walker statt. In loser Reihenfolge stellen die jungen Plakatkünstler sich und ihre Entwürfe an Hand eines Fragebogens, den Produktions- Dramaturgin Simone Kranz entwarf, vor. Hier die Antworten von Maurice Brossette. Alle Entwürfe kann man bis zum Spielzeitende im Mittelfoyer des Staatstheaters sehen. Außerdem gibt es am 4. Juni um 19 Uhr eine Vernissage der Ausstellung im Raum auf der Grenze im Europäischen Kulturpark.

Stellen Sie sich kurz vor.

Ich bin Maurice Brossette, im Saarland geboren und studiere Kommunikationsdesign an der HBKsaar. Besonders interessieren mich Grafikdesign und die Anwendung verschiedener analoger Drucktechniken.

Wie sind Sie auf die Idee zu ihrem Entwurf gekommen?

Wer kontrolliert wen? Jedermann das Geld oder das Geld Jedermann? Die Idee für den ersten Entwurf war Schnüre aus Gold abzubilden, als Symbol für das Vermögen an dem Jedermann hängt … wie eine Marionette.

Für den zweiten Entwurf wollte ich eine Verbindung zur Klimakrise und deren Kipppunkte schaf­fen. Für diese Darstellung hatte ich die Idee einer Sanduhr. Gleichzeitig stellt die Sanduhr die ver­rinnende Zeit in Jedermanns Leben dar.

Was war für Sie die besondere Herausforderung bei der Aufgabenstellung?

Für mich war die Herausforderung Plakate zu gestalten, die durch ihr reduziertes Design anspre­chend sind und gleichzeitig das Thema des Stückes passend aufgreifen. Eine weitere Herausfor­derung beim Entwerfen war auf die jeweiligen Einschränkungen, die die verwendeten Drucktech­niken mit sich bringen, zu achten.

Möchten Sie ihren Entwurf kurz erläutern?

Das Schnüre-Plakat entstand in insgesamt vier Druckdurchgängen. Zuerst wurde der Titel im Hochdruckverfahren mit Holzlettern gedruckt. Danach wurden die Schnüre im Siebdruckverfahren in drei Durchgängen gedruckt. Die Schnüre wurden digital aufgerastert, um einen dreidimensiona­len Effekt zu erzeugen. Die fette Typografie spannt den Bogen zu dem ausladenden Lebensstil des Jedermann.

Das Sanduhr-Plakat wurde in zwei Durchgängen gedruckt. Die grüne Fläche, bei der die Typo­grafie ausgespart wurde, entstand im Siebdruckverfahren. Die Sanduhr selbst ist ein Linolschnitt. Der umlaufende Text erinnert an den Sand, der durch die Sanduhr fließt. Jedermann fällt durch die Sanduhr in eine Leere. Er ist als gesichtslose Spielfigur abgebildet.

Beide Plakate zeigen simple, aber ausdrucksstarke Elemente, wodurch Wiedererkennbarkeit er­zeugt wird. Sie haben einen gewollten Interpretationsspielraum und transportieren eine bestimmte Stimmung.

Wollen Sie sonst noch etwas zum Projekt anmerken?

Toll, dass eine Kooperation zwischen der HBKsaar und dem saarländischen Staatstheater möglich war.

Ein Projekt in Unterstützung des:

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Der Dramaturgieschreibtisch

WARTEN AUF DAS PUBLIKUM

Gedanken am häuslichen Schreibtisch

Zu unserem Spielzeitmotto MACHT–OHNMACHT–EMPOWERMENT gibt es im Mittelfoyer des Staatstheaters seit dem 13. Februar 2020 eine Ausstellung mit sechs großformatigen Gemälden des Künstlers Albert Herbig. Doch seit Freitag, dem 13. März 2020, bleibt dieser Ort, wie alle Spielstätten des Saarländischen Staatstheaters, der Öffentlichkeit aus Vorsichtsmaßnahme gegen die Ausbreitung des Coronavirus` (Covid-19) verschlossen. Seitdem sind die Mächtigen, die man auf diesen Werken entdecken kann, allein. Die englische Königin auf ihrem Thron, der Richter in seiner Robe, der Kardinal in seinem scharlachroten Talar, der mit Orden behangene General, der Dirigent mit Taktstock, selbst die Bundeskanzlerin beachtet hier keiner mehr.

macht # 12 (Alles was Recht ist) (2028)

Früh traf der Shutdown die Kunst. Theater, Museen, Konzertsäle geschlossen. Danach vergessen. Doch in der Welt jenseits der Kunst meldeten sich die Vertreter der politischen Macht behände zu Wort. Man hatte den Eindruck, ein Wettrennen der Statements und Verordnungen habe begonnen. Die Zeit der selbsternannten Macher begann. Oder war und ist alles nur (Vor-)Wahlkampf, wie einige keck behaupteten? Eigentlich war und ist die Lage zu ernst. Doch was war mit den anderen sogenannten Mächtigen? Waren sie, wie so viele, geschockt, überrumpelt oder einfach überfordert, wegen der Unüberschaubarkeit der Situation? Doch langsam nahm der öffentliche Diskurs Fahrt auf und ein Kampf um Grundgesetz und Grundrechte begann. Artikel 1. Die Würde des Menschen ist unantastbar!

macht # 8 (2018)

Doch was bedeutet das im Alltag für unser gesellschaftliches Miteinander? Wie kann ein verantwortungsvolles und trotzdem selbstbestimmtes Leben aussehen? Fragen, die auch am Anfang dieser Spielzeit standen und zu unserem Spielzeitmotto und schließlich zu der Ausstellung führten. Doch der Dialog zwischen Kunstwerk und Publikum ist wie der Dialog zwischen Künstlern und Publikum unterbrochen. Ein Kunstwerk braucht aber wie der Künstler sein Publikum. Erst in der direkten Begegnung kann Kunst zu einem Erlebnis werden und seine beglückende, irritierende, befragende, identitätsstiftende, selbstvergewissernde, tröstende, stärkende und somit auch seine gesellschaftliche Kraft entfalten. Kunst ist relevant!

Die Bilder von Albert Herbig und die Künstler des Saarländischen Staatstheater warten seit dem 13. März auf ihr Publikum!

Horst Busch,
Chefdramaturg