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Auf ein Wort Theaterblog

Onomatopoesie – Die Proben haben angefangen!

Mittwoch, 7. Dezember 2022

8:30 – *Luca (Theaterpädagogin) , Anna (Theaterpädagogin) und Sonja (Dolmetscherin und Sprachanimationsleiterin) erwarten die 42 Jugendlichen an der Jugendherberge, um sie Willkommen zu heißen!

9 Uhr – *Ankommen an der Jugendherberge: Der Bus aus Freyming-Merlebach kommt an, die Jugendlichen aus Saarbrücken tröpfeln langsam ein

10 Uhr – *Erster Workshop und Kennenlernen:

Die französische Gruppe lernt Anna kennen. Sie spielen mit Stimme, Wörtern, veranstalten Slowmotion-Wettbewerbe und bilden einen Chor aus Fantasiesprache…

Die deutsche Gruppe arbeitet mit Luca und stellt einen Weltrekord im Klatschkreis-Klatschen auf. Sie unterhalten sich über ihre Stärken, erfinden Silbenwörter und bekommen Einblicke in den Verlauf des Projekts.

12 Uhr – *Erstes Essen zusammen in der Jugendherberge

13 Uhr – Mit Musikbox in der Hand und Lieblingsliedern der Jugendlichen spazieren wir Richtung Theater und zeigen dabei den französischen Jugendlichen Saarbrücken. Jeder Platz und jeder Park diente auf dem Weg für Übungen und Theaterspiele.

*Ankommen am Theater und kurz Zeit für ein Foto.

14 Uhr  – *Workshop auf der Probebühne mit Luca und Übersetzung und Sprachanimation mit Sonja.

*Wir experimentieren mit Bildern aus Romeo und Julia.

17 Uhr – *Müde laufen wir zurück in die Jugendherberge

*Nun ist Zeit für ein gemeinsames Abendbrot

20 Uhr – *abends frei Workshoparbeit: Die Teilnehmer*innen wählen einen Workshop, der sie interessiert: Schreibworkshop, Sprachanimation und Inspirationsbilder

22 Uhr – Ab ins Bett, gute Nacht! Allez vous coucher! Bonne nuit!

Donnerstag, 8. Dezember 2022

8:30 – *Frühstück/Petit déjeuner in der Jugendherberge

9 Uhr – *kurzes Warm Up draußen in der Dezember Kälte

9:30 – *frei Workshoparbeit: Schreibworkshop, Sprachanimation und Inspirationsbilder

12 Uhr – *Nochmal ein gemeinsames Essen

13 Uhr – *Tanzworkshop im großen Ballettsaal des Theaters mit Luca und Anna

14 Uhr – * Anna erarbeitet Heldenbilder mit den Teilnehmer*innen: Heldentanz  im Ballettsaal

 *Führung durch das Theater mit Luca, Sonja und Marc

*Hier die Gruppe auf der Bühne im Bühnenbild von Fledermaus:

19:30 Uhr – * kurze Pause auf dem Weihnachtsmarkt

*Alle laufen Richtung Alte Feuerwache. Dort besuchen sie die Tanzvorstellung AUFBRÜCHE/DEPART: Choreographien von Moritz Ostruschnjak und Marioenrico D’Angelo

22:00 Uhr – Im Anschluss an die Vorstellung  lernen die Jugendlichen die Tänzer*innen des Saarländischen Staatsballetts kennen. Sechs Tänzer*innen sind sogar für einen Nachgespräch da und beantworten die Fragen der Jugendlichen.

*Und wir machen natürlich noch Fotos mit den Tänzern.

Freitag, 9. Dezember 2022

8:30 Uhr – *ein letztes gemeinsames Frühstück in der Jugendherberge und Koffer packen

9:00 Uhr – *wir gehen wieder los Richtung Staatstheater

In einem Workshop werden alle Ergebnisse der letzten beiden Tage gesammelt und in Standbildern kreativ in Szene gesetzt.

12:00 Uhr – Picknick im Theater

12:30 Uhr – Austausch zwischen den Sprachen in der Gruppe

13 Uhr – Verbeugung und Applaus mit und für jeden

14 Uhr –  Abschluss und kollektive Umarmung – Calin collectif auf der Probebühne, Tschüss, Salut!

Bis Bald! On se revoit bientot !

Dieses Projekt wird gefördert vom Deutsch-Französischen Jugendwerk

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Der Dramaturgieschreibtisch

Warum zur Hölle Theaterpädagogik?

Eine Annäherung an die Theatervermittlung

Warum brauchen wir Vermittlung von Theater? Wie kümmert sich die Theaterpädagogik darum?  Sollte sich das Theaterstück nicht selbst erklären? Was läuft mit Zuschauer*innen falsch, wenn sie »nichts verstehen«? Was läuft mit Theaterschaffenden falsch, wenn sie Kunst produzieren, die »keiner versteht«?

Und was ist Theaterpädagogik eigentlich?

Ganz kurz vorab: Es gibt insgesamt drei Theaterpädagoginnen am Saarländischen Staatstheater. Sie vermitteln Theater jeden Tag auf unterschiedlichste Weise. Sie geben Einblicke in den Theateralltag und die Institution. Sie leiten Theaterübungen an, um Theaterabende in ihrer Entstehung verständlich zu machen. Sie machen Stücke mit nichtprofessionellen Spieler*innen. Sie vermitteln Treffen und Erlebnisse mit den Künstler*innen des Staatstheaters, mit Musiker*innen, Schauspieler*innen, Sänger*innen, Tänzer*innen und Regisseur*innen.

Warum eigentlich?

Drei Punkte könnten hierbei eine Rolle spielen:

  1. Theaterpädagogik, weil Bildungsauftrag
  2. Theaterpädagogik, weil ohne Publikum ist alles nichts
  3. Theaterpädagogik, weil Erfahrung mehr wiegt als theoretisches Wissen

Die Bundesrepublik Deutschland versteht sich selbst als »Kulturstaat«. Dies hat zwar bis jetzt keinen ausdrücklichen Eingang in das Grundgesetz gefunden, es definieren aber mehrere Rechtsprechungen des Bundesverfassungsgerichts Deutschland explizit als »Kulturstaat«. Auch aus dem Artikel 35 des Einigungsvertrages leitet sich der kulturelle Bildungsauftrag ab. Darin wird ebenso der Begriff »Kulturstaat« verwendet.
Der Spielplan eines Theaters, die Formate oder interaktiven Workshops sind reiches Material für die Bildung der Menschheit. Der Fähigkeit des Umgangs mit sich selbst im Spiegel der Gesellschaft ist ein demokratisches Ideal, das das Theater in seinem reflektierten Angebot perfekt bedient.

Das ist auch der Grund, weshalb die öffentliche Hand (in diesem Fall zu gewissen Teilen der Bund, die einzelnen Bundesländer und Kommunen) in Deutschland Kunst und Kultur jedes Jahr mit rund acht Milliarden Euro subventioniert. Daraus resultiert eine reiche Theaterlandschaft in Deutschland, die ihresgleichen sucht und einer breiten Masse an Menschen zur Verfügung steht.

Der kulturelle Bildungsauftrag, der mit diesen Subventionen verbunden ist, kann allerdings nur dann konsequent erfüllt werden, wenn der jeweilige Kulturbetrieb möglichst viele Besucher*innen erreicht. Die Theater müssen selbst Besucher*innen bzw. Nutzer*innen finden, die ihre Leistungen und Angebote in Anspruch nehmen, weil ansonsten der kulturpolitische Auftrag abstrakt bleibt. Für Besucher*innen können dabei folgende Fragen zur Hürde werden: Wie sind die Preise für Theaterkarten und kann ich mir das überhaupt leisten? Wie sieht das Angebot des Theaters aus und wie kann ich davon erfahren? Aber vor allem auch: Kann ich Theater verstehen? Habe ich etwas davon? Und genau bei dieser Nutzenfrage kommt die Theaterpädagogik ins Spiel.

Ohne Publikum ist alles nichts: Wollen Alle an Kultur teilhaben?

Das große Ziel: Die intrinsische Motivation ein Theater zu besuchen. Aus sich selbst heraus die Motivation spüren Kunst zu konsumieren. Wer den Genuss oder den persönlichen Nutzen eines Theaterbesuchs für sich nicht erkennt, der hat keinen Grund ins Theater zu gehen.

Gute Gründe beruhen oft auf positiven Erfahrungen. Hier sollen nun einige Gründe genannt werden, die für einen Theaterbesuch sprechen. Es besteht keine Garantie auf Vollständigkeit (Die Autorin freut sich über Ergänzungen).

Da wäre zum einen der soziale Faktor. Freunde finden, Unterhaltungen führen, Sehen und Gesehen werden, ein romantischer Abend zu zweit. Das Theater als Ort der Begegnung.

Dann wäre da natürlich der künstlerische Genuss, den die Darbietung auf der Bühne mit sich bringt. Das wohlige Kribbeln, das sich einstellt, wenn man ein schönes Bild oder eine weite Landschaft sieht, eine wundervolle Melodie hört oder sich Puzzleteile in einem spannenden Buch zusammenfügen, euphorisiert und beglückt.

Den dritten Faktor könnte man als »Anregung« oder »Aufregung« bezeichnen. Ein Thema, eine Geschichte, ein Bild oder eine Darstellung, die aufwühlen, berühren oder tief ins Herz treffen. Das kann starke Rührung sein, wenn man sich an persönliche Situationen erinnert fühlt oder aber auch Wut und Ärger über das Gezeigte. In diesem Moment spürt man Widerstand und ist nicht einverstanden mit dem Gesagten, fühlt sich vielleicht sogar provoziert. Positiv wäre daran die eigene starke Meinung zu einem Thema zu erkennen und danach in Diskussion mit anderen zu kommen. Solche Diskurse und bereichern den kritischen Austausch über Werte und gesellschaftliche Themen und das Zusammenleben.

Als letzten Punkt nenne ich hier den Zauber der Präsenz aller Künstler*innen und Zuschauer*innen und das Wissen, dass man jederzeit Zeuge eines unvorhergesehenem Ereignisses werden könnte. Man könnte es auch als »Live-Erlebnis« bezeichnen. Der berühmte Kitzel dabei ist nicht nur die Einzigartigkeit des Moments, sondern auch die Möglichkeit das Geschehen auf der Bühne zu beeinflussen (durch Gelächter, Rufe oder Türenschlagen). Es ist spürbar, dass auch die Darsteller*innen vom Publikum beeinflusst werden. Daraus resultiert ein einzigartiger Moment, eine gemeinsame Zeit die man teilt.

Es braucht für Theatergenuss möglicherweise doch noch eine Voraussetzung. Man könnte annehmen, dass ein gutes Theatererlebnis aus 50% bekannten und 50% unbekannten Zeichen besteht. Damit herrscht eine perfekte Harmonie zwischen Wissen und Lernen. Ein Ungleichgewicht würde einerseits zu Langeweile, weile man alles kennt, und andererseits zu Überforderung führen, weil alles verschlüsselt bleibt. Beides ist weniger unterhaltsam und ein Folgebesuch wird unwahrscheinlicher.

Die Aufgabe der Theaterpädagogik besteht darin, das Gleichgewicht herzustellen zwischen unlesbaren und bekannten „Zeichen“ auf der Bühne. Hier kommt auch wieder der kulturelle Bildungsauftrag des Theaters ins Spiel. Theater sind nicht nur für die künstlerischen Inhalte auf der Bühne verantwortlich, sondern auch für deren Vermittlung und „Publikumsverträglichkeit“. In gewisser Form müssen also genügend Impulse und Neuheiten vorhanden sein, dass man das Publikum fordert und bildet, man muss es aber auch abholen und an vorhandene Sehgewohnheiten anknüpfen.

Kulturelle Bildung und somit die Theaterpädagogik mit ihren Mitteln ist Voraussetzung für kulturelle Teilhabe. Sie ist Allgemeinbildung, weil sie Menschen dazu befähigt, sich mit Kunst und Kultur zu sich selbst und zur Welt zu verhalten. Sie ist Persönlichkeitsbildung mit kulturellen Ausdrucksformen, mit Künsten und im Spiel.

Die Institution Theater ist Schnittstelle zwischen Kunst und Gesellschaft. Die Produktionen des Saarländischen Staatstheaters werden durch moderierten Kontakt mit den Künstlern, methodisch-didaktische Aufbereitungen in Form von Workshops der Theaterpädagogik und angeleiteten Theatergruppen zugänglich und diskutierbar gemacht.

Erfahrung wiegt mehr als theoretisches Wissen: Sollten Alle an Kultur teilhaben?

Ja! Jeder wirklich jeder sollte teilhaben können. Die Theaterpädagogik versteht sich dabei weniger als Vermittlerin von Wissen, sondern als Erfahrungsvermittlung. Das macht es möglich auf alle Bedürfnisse einzugehen. Das „Einfach-Tun“ steht vor dem intellektuellen Hinterfragen und „Zerdenken“. Wir geben praktische Einblicke in den Theateralltag, vermitteln Gespräche mit Künstler*innen, Dramaturg*innen und Bühnenhandwerker*innen. Kunst und Kultur werden auf einer Ebene zugänglich gemacht, die jede und jeden gleichermaßen fordert wie fördert.

Dabei wird sowohl Kritikfähigkeit vermittelt, als auch Demokratisierung ermöglicht. Die Theaterpädagogik bietet Vokabeln an, um über das Gesehene ins Gespräch zu kommen und persönliche Eindrücke in Worte fassen zu können.

Wir sind direkte Ansprechpartner*innen für Lehrer*innen und Multiplikator*innen und nehmen die Angst vor einem „komplizierten“ Theaterbesuch. Dazu stellen wir Material zur Verfügung, dass wir gegebenenfalls an Bedürfnisse und Wünsche anpassen und bieten Workshops an.

Diese Workshops sind dabei das wichtigste Werkzeug: In praktischen Unterrichtseinheiten findet das Kerngeschäft der Theaterpädagogik statt. Hier werden persönliche Erfahrung produziert und neue Sichtweisen durch Ungewohntes präsentiert. Ziel ist es, einen bestimmten Fokus auf einen Theaterabend zu lenken, um der Überforderung entgegen zu wirken, aber auch neue Details zu entdecken und eine größere Spannung zu erzeugen. Durch verschiedene Themen, wie Bühnenkomposition, Körperhaltung, Körperlichkeit, Figuren, klare Sprache, Chöre oder musikalische und literarische Motive wird ein Wiedererkennen generiert, Verknüpfungen zwischen künstlerischem Produkt und Alltag werden hergestellt und die Zuschauer*innen fühlen sich mit den Geschehnissen auf Bühne verbunden.

Ein Workshop grenzt sich klar zu theoretischem Unterricht und einer reinen Wissensvermittlung ab. Er beginnt immer mit einem Warm-up, dem sogenannten „Icebreaker“. Hier wird das zentrale Thema erfasst und das Vorwissen der Gruppe einbezogen. Danach werden innerhalb der Gruppe Mittel der Inszenierung oder Material spielerisch, erprobt und kennengelernt. Das können Körperhaltungen, Spielweisen oder bildliche Motive aus dem bevorstehenden Theaterabend sein. Nach diesem Kennenlernen werden die Teilnehmer*innen selbst zu Kunstschaffenden, indem sie das Erprobte selbst umsetzen und kreativ werden können. Die Ergebnisse werden am Ende des Workshops in einer Präsentation vorgestellt und es schließen sich kurze Gespräche darüber an.

Also ganz kurz: Was ist Theaterpädagogik?

Theaterpädagogik vermittelt wie Kritik geäußert werden kann, wie bestimmte Zeichen gelesen werden, begeistert für die Außergewöhnlichkeit von Kunst, vermittelt einen Blick auf Profession und wird so zur Grundlage eines genussvollen Theaterbesuchs.

Luca Pauer,
Leiterin der Theaterpädagogin und künstlerische Leiterin sparte4