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Das Saarländische Staatstheater aus seltener Perspektive!

Das Saarländische Staatstheater aus seltener Perspektive!

Das Saarländische Staatstheater bietet Studierenden immer wieder Praktika an, um die in der Regel sechs- bis achtwöchige Arbeit an einer Inszenierung von der ersten (Lese-)Probe bis zur Premiere kennen zu lernen.

Diesmal haben drei Schüler*innen die Möglichkeit bekommen ein Praktikum am Saarländischen Staatstheater zu machen. In diesem Artikel berichten sie von ihren Erfahrungen.

Das Saarländische Staatstheater bietet Studierenden immer wieder Praktika an, um die in der Regel sechs- bis achtwöchige Arbeit an einer Inszenierung von der ersten (Lese-)Probe bis zur Premiere kennen zu lernen.

Diesmal haben drei Schüler*innen die Möglichkeit bekommen ein Praktikum am Saarländischen Staatstheater zu machen. In diesem Artikel berichten sie von ihren Erfahrungen.

Franz – Praktikum im Orchesterbüro

Ich heiße Franz Schug, 14 Jahre alt, und bin in der neunten Klasse der Marienschule. Ich habe im Januar 2023 mein Praktikum im Saarländischen Staatstheater gemacht. Ich war in der Abteilung Orchesterbüro und Notenbibliothek eingeteilt und habe bei der Orchestertechnik geholfen.

Was mich beim Theater besonders begeistert hat, ist, wie viel Technik und wie viele Leute benötigt werden, um einen geschmeidigen Theaterbetrieb zu gewährleisten. Das ganze Theater besteht aus einem Netz von verschiedenen Tätigkeiten, die am Ende zu einem Mosaik zusammengesetzt werden, und bei dem kein Steinchen fehlen darf. Das merkt man als Zuschauer einer Vorstellung überhaupt nicht, und genau das ist ja auch gewollt.

Wenn man dann aber hinter die Bühne geht, wuseln überall Leute herum, und jeder sitzt an seiner individuellen Aufgabe. Da sieht man wieder, wie viel Arbeit und Mühe hinter einer Vorstellung stecken. Was mich erstaunt hat, ist, wie groß der ganze Bühnenbereich ist. Wenn man von der Bühne in den Zuschauerraum schaut, sieht der plötzlich so klein aus. Generell ist das ganze Theater ein Irrgarten aus vielen Gängen, Türen und Treppenhäusern. An meinem vorletzten Tag hat der Orchestertechniker Klaus Schaan mich noch einmal durch das gesamte Theater geführt. Ich hatte vorher schon ein paar Führungen und dachte, ich hätte alles gesehen. Doch dann öffnete Klaus eine Tür, und dahinter kam ein Gang mit mindestens 30 weiteren Türen, einem Treppenhaus und gefühlt einem zweiten Theater zum Vorschein.

Alles in allem war mein Praktikum eine echt tolle Erfahrung und hat mir Einblick in eine ganz andere Welt verschafft. Besser gesagt zwei Welten: Eine künstlerische Welt und eine organisatorische Welt, die im ersten Moment gar nicht zusammenzupassen scheinen, sich aber wie Zahnräder verzahnen und damit ein einmaliges (Besucher-)Erlebnis ermöglichen. Vielen Dank für diese schönen und unvergesslichen Wochen!

Alva und Pauline – Praktikum in der Theaterpädagogik

Hallo, wir sind Pauline (15) und Alva (15) und haben unser Praktikum im Januar 2023 am Saarländischen Staatstheater gemacht. Wir waren sehr zufrieden und möchten davon erzählen.

Um genau zu sein haben wir unser Praktikum in der Theaterpädagogik gemacht. In dieser Zeit durften wir verschiedene Aufgaben erledigen: Beispielsweise durften wir in verschiedensten Proben dabeisitzen, soufflieren, aber auch bei wichtigen Versammlungen oder Betriebsratssitzungen zuhören, Blumen für die Produktion „Oh, Mama!“ in der sparte4 gießen, bei theaterpädagogischen Nachbereitungen von Stücken helfen. Außerdem wir haben eine ausführliche Führung durch das Haus bekommen.

Was uns sehr gefallen hat war, dass wir jeden Tag verschiedenste Aufgaben und Tätigkeiten wählen konnten, sodass es uns möglich war in jeder Abteilung (Musiktheater, Ballett, Schauspiel, Technik, usw.) einen kleinen Einblick zu erhalten und auch viel über das Haus und die Mitarbeiter*innen zu lernen. Schön war, dass wir uns immer äußern konnten, was wir gerne noch machen würden und was uns interessiert. Man lernt unglaublich viel dazu und es herrscht ein sehr angenehmes Klima: Nie hatten wir das Gefühl irgendwo unerwünscht zu sein, z.B. in einer Probe. Eher im Gegenteil, wir wurden direkt begrüßt und unterstützt. Jeder ist hilfsbereit und aufgeschlossen. Deshalb sind wir auch sehr dankbar, dass wir diese Zeit dort verbringen durften, da wir so viel lernen konnten über die Vorgänge und Abläufe die man als Zuschauer so gar nicht mitbekommt.

Wir haben die Zeit hier sehr genossen, weil das Staatstheater kreativ, offen, bunt und vielseitig ist.

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Was machen die da?

Die Theaterpädagogik goes Instagram

In den letzten Wochen bot sich allen Mitarbeitenden im Theater ein komisches Bild: Die Theaterpädagoginnen liefen mit ihren Smartphones durch das Gebäude und filmten, was das Zeug hielt. Grund hierfür war ein Format, das den Auftakt zu einem neuen Vermittlungskanal begründen soll.

Längst ist klar, dass die vielfältigen Social Media Plattformen wie Facebook, Instagram, TikTok und Co. nicht mehr wegzudenken sind. Sie bieten neben dem Verbreiten von Informationen eine wunderbare Gelegenheit, in Dialog zu treten, direkten Kontakt herzustellen und ein interaktives Netzwerk aufzubauen.

Diese Möglichkeiten scheinen wie gemacht für die Theaterpädagogik. Denn diese versteht sich weniger als Vermittlerin von Wissen, sondern eher als Erfahrungsvermittlung (siehe auch Warum zur Hölle Theaterpädagogik?). Im Dienste des „Live-Events“ und mit der Absicht die Theaterkunst greifbar zu machen, wagen sie sich ins Social Web.

Erklärtes Ziel ist es durch die Arbeit auf Instagram noch mehr Menschen darauf aufmerksam zu machen, was es alles hinter der Bühne zu entdecken gibt und welch wertvolle Bildungsarbeit die Theaterpädagogik leistet.

Gesagt – getan. Der neue Instagram-Kanal @jungesstaatstheater feierte am 30. November 2022 große Eröffnung. Und das war nicht alles, denn die Gründerinnen sind direkt am nächsten Tag mit der Tür ins Haus gefallen. Im wahrsten Sinne des Wortes: Denn ab dem 1. Dezember konnte man jeden Tag ein Türchen im Adventskalender öffnen. Genauer gesagt eine Tür im Theater.

Und da gab es wahnsinnig viel zu öffnen, zu sehen, zu hören und kennenzulernen: In den Werkstätten, bei Probenbesuchen oder einfach mal über die Schulter der Akteur*innen geschaut.

An dieser Stelle soll nicht zu viel verraten sein, denn alle Türchen gibt es auch immer noch auf dem Instagram-Kanal @jungesstaatstheater zu sehen.

Aber wie geht es nun nach Weihnachten und Beendigung des Adventskalenders auf unserem Kanal weiter?

Auf jeden Fall dreht sich weiterhin alles darum,dem Publikum Türen zu öffnen, die normalerweise vielleicht verschlossen bleiben würden. Die Gründerinnen möchten ihre Arbeit zeigen, Menschen vorstellen und in Workshops eure Neugier für das Theater schüren oder gar wecken.

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DIE MACHT DES ZUFALLS

Hiroshi Matsui (Padre Guardiano) | Foto: Martin Kaufhold

Benjamin Wäntig Verdis »La forza del destino« stand lange im Schatten der Nachbaropern, etwa »Un ballo in maschera« oder »Don Carlo«. Ist diese Zurückhaltung heute noch nachvollziehbar?

Lorenzo Fioroni Zeit seines Lebens war Verdi enorm experimentierfreudig, was die formale Anlage seiner Werke betrifft. Bei »La forza del destino« sucht er schroffe Brüche in der Erzählstruktur, abrupte Ortswechsel, verbindet und vermengt in der musikalischen Ausgestaltung unterschiedliche Stilhöhen. Ein an lineare, klassische Formen gewöhntes Publikum mag das in vergangenen Zeiten verwirrt haben. Ich denke jedoch, dass Verdi hier dramaturgisch seiner Zeit voraus war. Fragmentierte Erzählweisen sind wir heute weit mehr gewohnt, sie begegnen uns nicht nur in der Literatur oder im Kino, sondern sind allgegenwärtig. Multiperspektivität und eine Dramaturgie, die den Haupterzählstrang immer wieder verlässt, so wie sie Verdi hier verwendet, decken sich für mich mit der Wahrnehmung der Welt, wie sie wirklich ist: eben nicht linear und folgerichtig, sondern voller Widersprüche und unvermittelter Wendungen. Man kann dies als absurd und unlogisch abtun – so die häufig geäußerten Vorwürfe – oder aber eben gerade deswegen als wahrhaftig.

BW Wie seid ihr mit dieser Disparatheit der Oper umgegangen?

Ralf Käselau Die großen und unvermittelten Sprünge in Zeit und Raum, diese wilde Jagd quer durch Europa wollten wir gerade betonen, und darüber hinaus auch in unterschiedlicher Bildästhetik und Spielweise das Fragmentarische und Zersplitterte dieser Welt zeigen, was mit unserer Wahrnehmung der Wirklichkeit heute viel zu tun hat.

LF Nicht nur geografisch spannt Verdi einen großen Bogen, sondern auch inhaltlich wählt er große gesellschaftliche Themen wie Standesdünkel, strukturellen Rassismus, koloniales Erbe, Kriegslust oder auch Macht und Ohnmacht der Kirche oder des Patriarchats, welche alle die Geschichte unseres Kontinentes tief geprägt haben. In unserer Art und Weise, wie wir das Stück erzählen wollen, sehen wir Europa wie ein aus historischen und zeitgenössischen Puzzleteilen zusammengesetztes Mosaik, durch welches sich die Protagonisten wie in einer Art Roadmovie quer durch die Zeiten gegenseitig verfolgen.

Angelos Samartzis (Don Alvaro); Pauliina Linnosaari (Donna Leonora); Amadea Lässig (Curra) | Foto: Martin Kaufhold

BW In den unterschiedlichen Akten der Oper spielt ihr also mit ebenso verschiedenen ästhetischen Welten, aber auch unterschiedlichen Ebenen von Realität und (Alb-)Traum …

RK Die Räume sind konkret gedacht, wenn auch nicht realistisch. Mich interessieren grundsätzlich Orte des Transits und Übergangs, die brüchig, kaputt und durchlässig sind, und so sind der zweite und dritte Akt angelegt. Hier finden die Orientierungslosigkeit und die inneren Zustände der Figuren eine räumliche Entsprechung, die wiederum vom Zuschauer assoziativ ergänzt werden kann. Im vierten Akt war ein Gedanke, dass sich die vorherigen, diversen Bildebenen zu einem neuen Raum zusammensetzen, eine Art »Haus Europa«, in dem sich die Spuren der Geschichte angesammelt haben. Hier überkreuzen sich auch die Lebensgeschichten der Hauptfiguren wieder.

BW Was hat dich, Katharina, für das Kostümbild inspiriert?

Katharina Gault Zwei der Akte der Oper spielen in Andalusien. Wenn man etwa die Alhambra in Granada betritt, kann man den Ursprung der Großmacht Spanien deutlich spüren. Ich war dort fasziniert von den monumentalen spanischen Keramikwänden, die mir verglichen mit den sehr feinen arabischen geometrischen Mustern und Wandgestaltungen sehr grob und fast protzig erschienen. Die Formen erschienen mir wie ein Ausdruck der wachsenden Macht. Dort wollten wir mit dem Stück beginnen: an dem Ort, wo die »neue Welt« entstand, am Anfang der Conquista, wo Kolonialismus systemisch wurde. Die Figuren sind zunächst märchen- und puppenhaft, wie Modelle ihrer selbst – sie ahnen nichts von dem Schicksalsschlag, der sie erwartet. Die erwähnten großen spanischen Muster sind auf ihren Kleidern zu sehen und erzeugen dabei auch einen Marionetten-Maßstab. Don Alvaro, der Fremde aus Peru, trägt für seine Geliebte feinste Federn und Gold und wirkt so wie eine exotische Puppe. Das Gold, das er trägt, ist gleichzeitig das Objekt der Begierde in der neuen Welt für die Spanier.

Die weiteren Akte bewegen sich in andere Zeiten und andere Räume, als wenn man ein paar Seiten der Menschheitsgeschichte weiterblättern würde und die Figuren sich darin verlaufen würden. Bei allem Chaos gibt es aber auch Konstanten: Durch alle Bilder streift zum Beispiel eine Pilgergruppe in den traditionellen andalusischen Bußgewändern mit Spitzhüten. Ihre Auftritte sowie die Musik an diesen Stellen sind Momente des Innehaltens.

RK Die Ästhetik des Puppen- und Kulissentheaters macht es möglich, überhöht und wie unter einem Brennglas aus dem Familiendrama um die heimlichen Liebenden eine politische Parabel über die Machtverhältnisse von Alter und Neuer Welt zu entwickeln. Hier geht es auch um tief verwurzelten Rassismus und Verwerfungen aus der kolonialen Geschichte Europas. Das ist ein Ballast, den Leonora und Alvaro, aber auch die weiteren Figuren mitschleppen.

BW Die drei Hauptrollen Leonora, Alvaro und Carlo sind permanent voreinander auf der Flucht, scheinen aber auch gleichermaßen traumatisiert. Schon am Anfang reden Leonora und Alvaro aneinander vorbei. Warum sind sie so unfähig, sich aufeinander einzulassen, sich gegenseitig zuzuhören?

KG Der Mangel an Kommunikation nach dem fatalen Schuss ist ein zentraler Punkt, den Verdi unter die Lupe genommen hat. Das Schicksal erscheint zunächst ein reiner Unfall, nimmt aber schnell scheinbar prädestinierte Züge an, weil die Figuren auf ihren festgefahrenen Positionen verharren. Es gibt keinen Versuch, die Situation, wie sie tatsächlich war, zu verstehen. Hätte man es versucht, wäre die »Macht des Schicksals« gebrochen worden.

Hansung Yoo (Don Carlo di Vargas) und Angelos Samartzis (Don Alvaro) | Foto: Martin Kaufhold

LF Genau, der bereits erwähnte Standesdünkel und Carlos Vorstellung einer altmodischen wie fragwürdigen Vendetta-Ehre ersticken eine Kommunikation zwischen ihnen im Keim. Interessant finde ich dabei die Entwicklung Leonoras. Oberflächlich betrachtet könnte sie als ein statischer Charakter gesehen werden, der bei jeder auftauchenden Schwierigkeit bloß nach dem Herrgott ruft. Für mich ist sie vielmehr eine zentrale Figur des Stückes auf der Suche nach sich selbst: Nachdem ihre Vorstellung einer unschuldigen, romantischen Liebe wie aus dem Bilderbuch ihrer Kindheit durch den Tod ihres zutiefst patriarchal auftretenden Vaters in Trümmer gegangen ist, rennt sie aus diesem Utopia hinaus in die Welt. Vor ihrem Trauma, dem Glauben an ihre Schuld am Tod des Vaters, flieht sie in eine Welt, die sich disparat anfühlt, die Durchgangsstation ist von allerlei – ebenso wie sie selbst – entwurzelten Existenzen. Weiterziehend sucht Leonora Halt im Wunsch, sich bei einem Kloster komplett aus der Welt zurückzuziehen und trifft dort auf Pater Guardian, dem sie sich wie einem Vaterersatz – das ist tiefenpsychologisch sehr interessant – bereitwillig und fast in vorauseilendem Gehorsam komplett unterwirft, obwohl dieser das gar nicht einfordert. Dann erlebt sie in der Gemeinschaft des Ordens einen kurzen Moment einer utopischen Freiheit: Sie ahnt, wie die Welt sein könnte, wenn diese nicht bestimmt wäre vom dauernden Urteilen und Beurteilen der Mitmenschen, sondern man einfach man selbst sein kann.

Diese Welt, aus der Leonora einen Ausweg sucht, liegt jedoch im dritten Akt in Trümmern und schaufelt sich in andauernden Kriegen selber das Grab, aus welchem die Geister der Vergangenheit, die Dämonen der alten und neuen Konflikte wiederholt auftauchen und dem Kreislauf von andauernder Vergeltung etwa nicht entgegentreten, sondern ihn vielmehr befeuern. Letztlich kann sich Leonora aus der Prädestination, aus den Fängen ihrer Familie und der Ehrbegriffe nicht befreien, und landet wieder im verstaubten Salon ihrer Herkunft, in dem, gleichsam einem schleichenden Totentanz folgend, nicht nur sie, ihr Bruder und ihr Geliebter, sondern auch eine sich der Veränderung verschließende Gesellschaft ihrem Ende entgegendämmert. Ihr verzweifelt vorgetragener, so schlichter wie ergreifender Appell in ihrer »Pace«-Arie verhallt ohne Wirkung. Was für eine Reise!

Pauliina Linnosaari (Donna Leonora) | Foto: Martin Kaufhold

BW Nach dem Fokus auf die Familiengeschichte im ersten Akt weitet der zweite plötzlich den Blick auf die Gesellschaft. Wie seht ihr die Rolle des Chors? Und welche Rolle spielt die rätselhafte Preziosilla, eine Figur ohne richtige eigene Geschichte, von der aber eine große Wirkung ausgeht?

KG Der Chor steht für ein kaltes Erwachen aus den Träumen in einer neuen Welt. Es ist eine leere, entleerte Gesellschaft auf der Flucht, in der aber auch melancholische Züge auftreten, wenn spirituelle Elemente wie der Pilgerzug auftauchen.

LF Interessant und keineswegs banal ist die Tatsache, dass Verdi selbst sein Werk als Ideendrama bezeichnete. Die erwähnte Familiengeschichte ist in der einen Waagschale der Handlung, in der anderen jedoch die erwähnten Themen wie Standesdünkel, Kriegslust, koloniales Erbe usw. Und diese werden zentral vom Chor und in den von ihm gestalteten Szenen verhandelt. Preziosilla fungiert dabei häufig als eine Art Katalysator von Gefühlen, die schon in der Luft liegen und denen sie dann eine Stimme gibt und sie somit verstärkt und antreibt. Auf der anderen Seite nimmt sie wiederholt die Position einer wissenden, auch vorausahnenden Betrachterin ein, die die Verrohung der sie umgebenden Welt mal ironisch, mal tief melancholisch oder fatalistisch betrachtet, ähnlich wie die Hexen in Shakespeares »Macbeth«.

vorn: Judith Braun (Preziosilla); Opernchor | Foto: Martin Kaufhold

BW Leonora und Alvaro glauben einerseits an ihr vorherbestimmtes Schicksal, versuchen aber andererseits, durch Flucht in die Religion darauf einzuwirken. Welche Rolle spielt die Schicksalskonzeption für euer Konzept? Kann man heute noch an ein unbeugsames Schicksal glauben?

RK Das Ende des zweiten Aktes im Kloster ist der einzige Augenblick von Utopie in dem Stück, das ist ein letztes Stück Himmel am Rand der Welt. Somit ist die Religion hier nicht Flucht vor der Realität, sondern eher eine Zuflucht.

KG Die Flucht in die Religion erfolgt bei beiden aus unterschiedlichen Gründen: Leonora flüchtet in die Einsiedelei, wo sie allein den ganzen Rest des Lebens verbringen will. Alvaro tritt ins Kloster ein, weil er dadurch seine südamerikanische Kultur ablegen will und sich Frieden in einer Gemeinschaft erhofft. Trotzdem bleiben Wut und Rachebedürfnis des Bruders stärker als all diese Bemühungen. Verdi beschreibt in diesem Stück, wie das Schicksal provoziert wird, also menschengemacht ist. Ich würde also die Frage anders stellen, nämlich: Was könnte man unternehmen, den angeblichen Schicksalszusammenhang zu durchbrechen? Bräuchte es mehr Verstand, mehr Stoizismus?

Markus Jaursch (Il Marchese di Calatrava); Pauliina Linnosaari (Donna Leonora) | Foto: Martin Kaufhold

LF Wir fragten uns wiederholt, ob das Stück in seiner Ausgestaltung nicht genauso gut »Macht des Zufalls« heißen könnte. Die Akzentverschiebung Verdis ist nämlich auffällig: Sie konterkariert die in der Entstehungszeit der theatralen Vorlage in der spanischen Literatur vorherrschende Theodizee. Die Vorherbestimmung des Endlichen unterliegt nicht mehr Gott als Inkarnation von Weltvernunft, sondern das Weltgeschehen wird vielmehr gestaltet durch eine quasi blindwütige Abfolge von Zufällen mit weitreichender Wirkung. Die menschliche Existenz ist absurd und vom Zufall bestimmt – eine Erkenntnis, die man vielmehr mit Sartre oder Camus als mit Schicksalsglauben verbinden würde.

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Onomatopoesie – Besuch in Frankreich

Die Theaterpädagoginnen Luca und Anna laden den braunen Koffer voller Materialen ins Auto und machen sich auf den Weg nach Frankreich ins Collège Claudie Haigneré in Freyming-Merlebach.

Montag, der 9.1.2023

7:20 Uhr Abfahrt vom Theater:

Die Theaterpädagoginnen Luca und Anna laden den braunen Koffer voller Materialen ins Auto und machen sich auf den Weg nach Frankreich ins Collège Claudie Haigneré in Freyming-Merlebach.

8:00 Uhr Workshop zwischen den Sprachen mit den 15 französischen Jugendlichen: Anna leitet den Workshop auf Französisch, Luca auf Deutsch.

Sie spielen Ha-Zu-Ka, machen Yoga und wärmen sich mit dem Spiel One-two-three Ninja Destruction auf.

Danach folgen Wahrnehmungsübungen mit der Frage: Wie verändert sich der Körper wenn er sich schwer, leicht, eckig, fließend, zackig bewegt?




Nach der Pause folgt eine Einheit zur Sprachanimation: Die Schüler*innen lernen die deutschen Namen der Körperteile mit Hilfe eines Memoriesspiels und Tanzbewegungen.
Die verschiedenen Körperteile ziehen die Schüler durch den Raum. Wie fühlt sich Spannung im Körper an? Inwiefern ändert sich die Bewegungsqualität und die Wirkung dadurch?
Sie experimentieren mit neuen Bewegungen, die durch die Vorstellung eines leuchtenden Körperteils entstehen.

12:00 bis 13:30 Uhr Mittagspause in Freyming

13:30 Uhr Nach der Mittagspause üben die Schüler*innen das Nichtstun mit einer Clownsnase und welche Beobachtungen sie dennoch machen können. Nach einer Übung namens Übertreibungskreis singen sie mutig Playback zusammen und haben dabei ganz viel Spaß. Das Eis ist gebrochen.

Die Sprache als Musik: Wie kann man aus Lieblingswörtern auf Deutsch eine Melodie erschaffen? Die Gruppe hat dies ausprobiert und ein Mini-Konzert aufgenommen.

16:30 Uhr Feierabend

Dienstag, der 10.01.23
8:00 Uhr
Nach dem Warm-up (Yoga, Ha-zu-ka und Ninja Destruction) spazieren die Schüler*innen durch die verschiedenen Zustände und Emotionen. Die Bühne wird aufgeteilt in Emotionsfelder.

Nach einer Pause erzählt Anna über die Geschichte der Commedia Dell’arte und den Ursprung der Maskenkunst. Mit Papier und Schere bauen die Schüler*innen selbst ihre eigene Maske.

Aufführung einer Szene in Gruppen. Die Gruppen inszenieren sich selbst mit folgenden Regeln:

  • Sie tragen eine Maske
  • Sie suchen sich eine bestimmte Musik aus
  • Es kommen 2 Standbilder vor (Am Anfang und am Schluss)
  • Sie bewegen sich nur auf den Linien am Boden

12 Uhr Mittagspause: Caroline Franke und Marc Fresslé (Deutsch Lehrer*innen des Collège)

zeigen Luca, Anna das Künstlerrestaurant von Freyming.13:30 Uhr Die Sonne scheint ins Klassenzimmer. Auf Wunsch der Schüler*innen spielen sie nochmal Ha-Zu-Ka und Playbackkonzerte: Wir üben den Spagat zwischen „All I want for Christmas….“ und Diams. Ein dramatischer Bühnentod rundet das Warm-up ab.

Um die deutsche Partnergruppe zu grüßen drehen die Schülerinnen eine Videonachricht. Die Geschichte Romeo und Julia: Anna liest die Geschichte, Luca spielt die Musik von Prokofjew vor. Anhand einer Videoaufnahme des Orchesterwerks lernen die Schülerinnen die unterschiedlichen Instrumente und Motive kennen. In kurzen Pausen notierten sie Assoziationen zur Musik und zu den Bildern. Auch diese Wörter ergaben am Schluss eine Tonaufnahme. Diese werden in die Aufführung im Juli mit einbezogen.
Am Schluss wird eine Galette als Dankeschön serviert.

16:30 Uhr Rückfahrt nach Saarbrücken, On revient le mois prochain.

Dieses Projekt ist gefördert vom Deutsch-Französischen Jugendwerk

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Der Dramaturgieschreibtisch Theaterblog

Terror: Meinungen von Schüler*innen aus der Marienschule

Schüler*innen der Kursstufe 12 der Marienschule Saarbrücken waren am 30. November 2022 in der Vorstellung »Terror« in der Alten Feuerwache. An diesem Abend ist die Abstimmung 125 zu 29 für einen Freispruch von Lars Koch ausgefallen. Dieses eindeutige Ergebnis hat die Schüler*innen erstaunt. Hier einige Einblicke in den Gedanken und Argumentationen der Klasse

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Geschenketipps!

Brauchen Sie von jetzt auf gleich noch eine Geschenkidee? Gemeinsame Zeit im Theater ist natürlich ein Dauerbrenner, den wir Ihnen wärmstens empfehlen, aber falls Sie noch eine andere Kleinigkeit für Ihre Liebsten suchen, hat das Blog-Team des Saarländischen Staatstheaters eine kleine Sammlung von Ideen vorbereitet

Schauspieldramaturgin Bettina Schuster-Gäb hat einen meditativen und kreativen Vorschlag:
»ICH FRÖBEL, DU FRÖBELST, WIR FRÖBELN!
Mal was, was nichts mit „Kopf“ zu tun hat, sondern mit Fingern, Friemeln und mit Loslassen: Macht (und verschenkt) Fröbelsterne. Sie stammen aus dem skandinavischen Raum und werden seit 400 Jahren dort traditionell Weihnachten und zu allen möglichen anderen festlichen Anlässen – gerne auch zu runden Geburtstagen – gefaltet. Zugegeben, es geht feinmotorisch komplexer zu, aber ich garantiere aus eigener frisch erlernter Praxis, dass es nach dem 10. Stern fluppt! Ohne nachzudenken! (Ich sage nur: 40 Minuten für den ersten Stern versus 7 Minuten pro jetzigem Stern.) Die Streifen müssen ganz symmetrisch sein, weswegen man sie kaufen sollte. Es gibt viele Marken, die tolle Papiere hierfür anbieten Paper Poetry oder die Sosteren Grene (https://sostrenegrene.com/de) z.B. und Anleitungen auf Youtube machen es einem sehr leicht die Falttechnik zu erlernen .Ich schrieb eben, dass es ohne Kopf zugehen kann – das Schönste am Fröbeln ist, dass andere Gedanken kommen, dass das große Ganze dem Kleinen, dem Moment, dem warmen Tee, dem Geplapper weichen kann. Zu jeder Tages- und Nachtzeit. Und es unheimlich licht und leicht macht, innerlich. Frohe Weihnacht!

Geschenk-Tipp von Musiktheater- und Konzert-Dramaturg Benjamin Waentig

Benjamin Wäntig, Dramaturg für Musiktheater und Konzert und seit dieser Spielzeit neu am Haus empfiehlt einen echten Klassiker:
»Angesichts der wenig besinnlichen Weltlage hier die Empfehlung eines trotzdem vergnüglichen Klassikers der Satire, der trotz seines Alters nichts an Aktualität eingebüßt hat: Karel Čapeks »Der Krieg mit den Molchen« (im tschechischen Original »Válka s molky«) von 1936. Es dreht sich um lernfähige Kreaturen, die sich beim Menschen nicht nur Gutes abschauen, um Unterwerfung, um menschliche Hybris im Allgemeinen sowie um die Schwierigkeiten der Politik, auf neue alltägliche Herausforderungen (wie etwa rasante Vermehrung von Salamandern) zu reagieren. All das ist köstlich absurd und rasend komisch geschildert. Tipp für Hörbuch-Fans: Gerade ist der Roman als Hörbuch erschienen, gelesen von Ilja Richter und abrufbar in der ARD-Audiothek.«

Geschenke-Tipp von Ballettmanager und -Dramaturg Klaus Kieser

Ballettmanager und -Dramaturg Klaus Kieser hat einen Vorschlag, der die Weihnachtsstimmung garantiert:
Der Nussknacker» ist das Weihnachtsballett schlechthin. 2013 brachte das Staatsballett Berlin den »Nussknacker« in einer Choreographie heraus, die sich in liebevoller Detailarbeit als Rekonstruktion des originalen Werks aus dem Jahr 1892 verstand – dafür werteten die Spezialisten Wassili Medwedjew und Juri Burlaka alle verfügbaren choreographischen und inszenatorischen Quellen aus. Ergebnis: ein opulentes, faszinierendes Spektakel. glücklicherweise gibt es dieses historische Juwel auf DVD.

Geschenke-Tipp von Theaterpädagogin Johanna-Knauf

Theaterpädagogin Johanna Knauf hat einen musikalischen Tipp, der den Horizont über die ganz klassischen Weihnachtslieder hinaus erweitert:
»Das Album „Music for Christmas Nights“ des Weltmusik und Jazz Quartetts QUADRO NUEVO & Münchner Symphoniker. Eine einzigartige, tief berührende und Hoffnung schenkende Weihnachts-CD. Man findet darauf bekannte und unbekanntere Weihnachtslieder in ganz neuem Gewand. Die weihnachtliche – also jauchzende, jubilierende aber auch demütige und nachdenkliche Stimmung geht damit nicht verloren. Im Gegenteil: Man hört den Arrangements an, dass sich die Musiker*innen bei jedem einzelnen Lied auf die Suche nach der eigentlichen Botschaft begeben haben. Der Einsatz des Orchesters ist sehr bedacht gesetzt. Im Mittelpunkt steht der Urgedanke des Weihnachtsfestes: Die Ankunft einer neuen Zeit, die Licht und Wärme ins Dunkel bringt.

Geschenktipp vom Musikthetaer- und Konzertdramaturgin Anna-Maria-Jurisch.

Für Literaturfans empfiehlt Musiktheater- und Konzertdramaturgin Anna Maria Jurisch eine Neuerscheinung:
Die Beziehung zwischen Ingeborg Bachmann und Max Frisch muss endlos kompliziert gewesen sein, aber es trafen sich natürlich zwei Giganten der deutschen Nachkriegsliteratur auf sehr persönlichem Terrain. Diese Beziehung, die weit über bloße Romantik hinausging, lässt sich nun im erstmals publizierten Briefwechsel der beiden nachvollziehen, denn im November erschien »Wir haben es nicht gut gemacht« als faszinierendes und auch sehr berührendes Zeitzeugnis.

Falls es jetzt also noch ganz dringend ein Geschenk braucht, haben Sie hoffentlich noch die eine oder andere Inspiration gefunden! Wir wünschen Ihnen und Ihren Lieben frohe Weihnachten.